Anne Marie Fuchs (Lina Wendel) wird weiterhin für das Bundesamt für Verfassungsschutz tätig sein. Allerdings sieht sich ihre neue Kontaktperson zum Verfassungsschutz, Dr. Clara Chu (Kotbong Yang), nicht mehr an die Verabredung gebunden, auch Youssef El Kilali (Karim Chérif) zu beschäftigen. Dabei kann die ehemalige Stasi-Spionin bei ihrem aktuellen Einsatz auf dessen Connections und Sprachkenntnisse keinesfalls verzichten. Nach dem Mord am Sohn eines saudischen Diplomaten steckt das BfV in der Bredouille: Hat man sich möglicherweise eine rachedurstige Mörderin ins Land geholt? Der Vater des Toten, Hakim Al-Hassani (Samir Fuchs), ein dem saudischen Königshaus ergebener Geheimdienstler, hat den Ehemann und offenbar auch die gemeinsame Tochter von Emira Maliki (Javeh Asefdjah) ermorden lassen. Sie ist die Frau, die man nach Deutschland geschleust hat. Eigentlich wollte sie als Gegenleistung brisante Geheimdienstprotokolle liefern, doch zur Übergabe ist es bislang nicht gekommen. Und so muss Fuchs ihr auf den Zahn fühlen. Die Frau macht einen recht vertrauenswürdigen Eindruck, jedenfalls mehr als Al-Hassanis Männer fürs Grobe, die bald hinter Maliki her sind. Ein Video aus der Nähe des Tatorts scheint sie als Mörderin zu belasten. Und Clara Chu fragt sich, wie eine saudische Lehrerin an Geheimdienstunterlagen kommen kann. Viel Arbeit für Fuchs und Youssef, die sich ausgerechnet Hilfe von Al-Hassanis Ehefrau Zahra (Sarah Sandeh) erhoffen.
Foto: WDR / Martin Rottenkolber
In „Die Füchsin – Rachespiel“ (Degeto / Odeon Fiction), der zweiten Episode nach dem Relaunch, wird Deutschland zum Schauplatz eines innenpolitischen Machtkampfs zwischen Monarchie und oppositionellen Kräften Saudi-Arabiens. Fuchs & Co bekommen es mit einem Diplomaten zu tun, der selbst auf fremdem Territorium nicht vor blutiger Selbstjustiz zurückschrecken würde. Außerdem mit einer Dissidentin, die zwar ihre Ehrlichkeit beteuert, allerdings unter Mordverdacht steht. Oder ist da ein anderer saudischer Racheengel unterwegs? Es dauert, bis die Fronten geklärt sind. Das ist realistisch: andere Kulturen, andere Sitten, andere Umgangsformen – die Kommunikation muss sich erst einspielen. Bei den Al-Hassanis – insbesondere der Darstellung von Sarah Sandeh – liegt allerdings ein bisschen viel Dramatik auf den Gesichtern. Sehr angenehm hingegen das zurückgenommene Spiel von Javeh Asefdjah als Emira Maliki, die ihrer Trauer eine tiefe, menschliche Note verleiht. Die Krimi-Handlung kommt entsprechend etwas schleppend in Gang. Verbale Erklärungen sind aber im Spionage-Genre nun mal vonnöten, wenn man kein Action-Spektakel à la James Bond im Sinn hat. Jedenfalls ist es gut, dass die Anzahl der Beteiligten überschaubar bleibt und dass einer wie der unbedarfte Youssef im Team ist, dem der Profi Fuchs die böse Spionagewelt erklären kann und damit auch ein Stück weit dem Zuschauer.
Apropos Gut und Böse. Während andere Krimis auf eine Schwarzweiß-Zeichnung verzichten, ist sie für „Rachespiel“ anfangs ein moralischer Antrieb für die Handlung. Alles, was man hierzulande über das unmenschliche saudische Regime weiß, wird auf diesen arroganten „Diplomaten“ übertragen. Dramaturgisch ist das nicht die feine Klinge (hier gibt es dann eben doch eine Überschneidung zu „007“), doch gemessen an der Realität ist diese negative Zuschreibung alternativlos. Und doch hat der Drehbuchautor Mike Bäuml eine narrative Variante gefunden, die mehrere emotionale Doppelbindungen an den Tag legt und so die Gut-Böse-Dramaturgie relativiert. Im Schlussdrittel wird es hochdramatisch. Zunächst gibt es eine sehr reizvolle Mehrfachbeschattung, die in einer Szene gipfelt, in der sich Fuchs und Youssef dank eines Minisenders mal wieder zurücklehnen dürfen und die Vorgeschichte auf dem Silbertablett präsentiert bekommen. Eine schöne Alternative zu herkömmlichen Krimi-Geständnissen. Und da der Zuschauer mehr weiß, also nicht nur horcht wie Fuchs & Co, sondern auch etwas sieht, was die beiden nicht sehen, steigt die Sorge um eine der Figuren – und damit die Spannung! Im Showdown, der solch einen Donnerhall-Score nicht gebraucht hätte, geht es schließlich hin und her. Auge um Auge, Zahn um Zahn – da verliert selbst schon mal die toughe Heldin den Überblick – und ihre Waffe. Der Titel „Rachespiel“ kommt jedenfalls nicht von ungefähr. Es fragt sich nur, wer als Letzter den Finger am Abzug hat in dieser Spionage-Tragödie.
Foto: WDR / Martin Rottenkolber
Sehr schade, dass Larissa Hollig offenbar die Karriereleiter hoch gefallen ist, beziehungsweise Kim Riedle möglicherweise keine Lust auf einen regelmäßigen TV-Krimi-Einsatz hatte. Sie spielte diese mit großartigen Texten versehene Chefin der operativen Spionageabwehr einfach göttlich komisch. Das war nicht albern, sondern eine originelle Mentalitätsmetapher für die Arroganz der Macht. Die neue Kollegin, diese Prof. Dr. Dr. Chu, muss diese Arroganz hingegen eins zu eins darstellen – schnippisch, abgebrüht, inhuman. Hauptsache, sie kommt an geheime Informationen, die ihr einen politischen Vorteil im großen Spiel der internationalen Beziehungen verschaffen. Moral oder Gerechtigkeit gehören nicht zum Wertekanon des Verfassungsschutzes. „Wenn es Ihnen um Menschlichkeit geht, sind Sie bei uns falsch“, lässt Chu die neue Mitarbeiterin auflaufen. Schön, dass Autor Bäuml Fuchs Klartext reden lässt. „Wissen Sie, warum die Frau Sie so hasst?“ Al-Hassani: „Hass ist ein Zeichen von Respekt. Aber bei Ihnen hier respektiert man ja nichts und niemanden.“ Darauf Fuchs: „Wir respektieren beispielsweise menschliches Leben. Deswegen schlagen wir niemandem den Kopf ab.“ Hat der Verzicht auf Riedles Hollig möglicherweise mit dem ‚härteren‘ Stoff von Rachespiel“ zu tun? Wäre schade. Etwas Ironie schadet nie. Britische und amerikanische Produktionen machen es vor.

