Sommer 1989, zwei Doppelmorde in der niedersächsischen Provinz – und dann verschwindet auch noch eine Fabrikantengattin spurlos, die Schwester des Hamburger LKA-Chefs. Der würde gern mit ermitteln, doch das verbietet das Gesetz. Es folgen Ermittlungsfehler und falsche Verdächtige – bis über zwei Jahrzehnte später der Ex-Beamte mit über 70 mit einer Privat-Soko den Fall neu aufrollt. „Das Geheimnis im Totenwald“ (Degeto / Bavaria Fiction, Conradfilm) erzählt über eine Zeitspanne von fast 30 Jahren eine schier unglaubliche Kriminalgeschichte, der ein kapitaler Polizei- und Justizskandal zugrunde liegt. Der ARD-Dreiteiler wurde mehr als nur inspiriert von einem realen Fall: Der ehemalige Hamburger LKA-Chef Wolfgang Sielaff hat fast genau das erlebt und erlitten, was in dem Film von Sven Bohse (Regie) und Stefan Kolditz (Buch) der von Matthias Brandt preiswürdig verkörperten Hauptfigur passiert. Der jahrzehntelange Weg ist elementarer Bestandteil der Geschichte. Die dramaturgischen Herausforderungen, die sich daraus ergeben, meistert der Film überragend: Das Mehr an Zeit erhöht die Spannung im Sinne von Neugier, Anteilnahme & Mitgefühl. Die Schauspieler sind durchweg großartig, die Charaktere wirken wie echte Menschen, ohne dass es je menschelt in diesem exzellent inszenierten Film, der bei aller narrativer Emotionalität den Zuschauer filmästhetisch eher auf Distanz hält. Grundlage dieses packenden Dreiteilers ist Kolditz‘ perfekt strukturiertes, psychologisch vorzüglich verdichtetes Drehbuch, das die Chronologie der Ereignisse und die Tiefe der Charaktere gleichermaßen im Blick behält.
Das Loveparade-Drama „Das Leben danach“ erzählt von der Wut einer Überlebenden, die schwer traumatisiert, auch nach Jahren nicht zurück ins Leben findet. Man spürt bei diesem Ausnahme-Fernsehfilm die Verantwortung gegenüber der Wirklichkeit, man erkennt aber auch „eine fiktive Geschichte, die nicht den Anspruch auf Allgemeingültigkeit“ erhebt. Und die Liebe(sgeschichte) ist hier sehr viel mehr als der übliche Versuch, eine gesellschaftliche Tragödie auf ein privates Drama herunterzubrechen. Die Situationen im Film sind oft schwer auszuhalten. Der Film selber ist es nicht. Weil er eine klare (Erzähl-)Haltung besitzt, ein Drehbuch voller Zwischentöne, eine präzise, die Geschichte miterzählende Filmsprache, weil Haase & Ljubek eine vielschichtige Kombi sind oder weil starke Nebenfiguren für Entlastung sorgen. Dass der Film eine Versöhnung in Aussicht stellt, ist nur ein Grund von vielen.
Ein Mädchen ist verschwunden. Es gibt keine Leiche, nur einen vermeintlichen Mörder. Nach einer wahren Begebenheit erzählen Friedrich Ani, Ina Jung und Dominik Graf ihre fiktionalisierte Version jenes Falls aus Oberfranken, hinter dem zumindest ein Polizei- und Justizskandal stecken dürfte. Der Film geht mit seiner Kritik am bayrischen Demokratie-Verständnis noch einen Schritt weiter. Weit geht er auch ästhetisch und dramaturgisch. Noch nie waren deutsche Polizisten so böse, Opfer so unberechenbar und Helden so gewaltbereit. Noch nie wurde das Thema Kindersex so schonungslos und unaufgeregt dargestellt. Ein temporeiches, hoch dynamisches Krimidrama in rauen Bildern und mit einer Montage, die noch wirklich etwas erzählt. Eine Wucht: Ulrich Noethen und Silke Bodenbender.
Die Entführung des Industriellensohnes Richard Oetker von 1976 ist das spektakulärste Verbrechen dieser Art in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte. 21 Millionen Mark wurden gefordert und gezahlt, doch mit der Freilassung des Entführten fing die Geschichte erst richtig an… Ein Stoff, der nach Verfilmung schrie. 180 Minuten Spannung auf den unterschiedlichsten Ebenen. Todesangst, Panik, Verzweiflung beim Opfer dominieren Teil 1; Teil 2 ist ein meisterliches Duell zwischen Täter und Polizist. Ein unwiderstehliches Trio: Sebastian Koch, Tobias Moretti, Christoph Waltz. Filmisch perfekt. Ein Preisabräumer!
Deutsche Bank, Mauerfall, RAF und die Frage, wer die Macht im Kapitalismus hat: „Herrhausen – Der Herr des Geldes“ (ARD Degeto, rbb, HR, SWR / Sperl Film- und Fernsehproduktion) ist ein packendes Biopic im Stile eines historischen Thrillers. Das vielschichtige Drehbuch von Thomas Wendrich schildert die letzten beiden Lebensjahre Alfred Herrhausens, der als Vorstandssprecher der Deutschen Bank und enger Berater von Bundeskanzler Helmut Kohl Ende der 1980er Jahre kräftig in der Politik mitmischt. Zugleich steht der Top-Manager für eine Zeitenwende im Bankenwesen. Oliver Masucci ist der Dreh- und Angelpunkt in einem umfangreichen, internationalen Ensemble und die perfekte Besetzung für den charismatischen Banker. Pia Strietmann inszeniert die vierteilige Mini-Serie, die im Ersten als Zweiteiler ausgestrahlt wird, als temporeichen Machtkampf auf verschiedenen Ebenen, auf der Vorstandsetage der Deutschen Bank, in den politischen Hinterzimmern und Geheimdienst-Zentralen sowie im Lager der Terroristen.
„Mackie Messer“ (SWR / Zeitsprung) ist der ebenso kühne wie fulminante Versuch, Brechts „Dreigroschenoper“ als großen Film im Film zu inszenieren. Joachim A. Langs ehrgeiziges Konzept bettet die Realisierung von Brechts Vision in verschiedene Rahmenhandlungen: Auf der einen Seite beschreibt er die Produktion des Films und liefert auf diese Weise das „Making of“ gleich mit, auf der anderen schildert er die künstlerischen Differenzen zwischen Brecht und dem Produzenten; und schließlich bettet er die Auseinandersetzungen in die Zeitläufte der späten 20er & frühen 30er-Jahre. Zu einem Werk von cineastischer Wucht wird das Projekt jedoch wegen der beeindruckenden optischen Opulenz & der geradezu verschwenderisch namhaften Besetzung, allen voran Lars Eidinger als überlebensgroßer Bertolt Brecht.
Die ARD setzt mit dem Mehrteiler „Mitten in Deutschland“ Maßstäbe. Die drei eigenständigen Filme über den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) nehmen, zeitlich und inhaltlich überlappend, drei unterschiedliche Perspektiven (Täter, Opfer, Ermittler) ein. Zum Auftakt erzählen Thomas Wendrich (Buch) und Christian Schwochow (Regie) vom Werdegang des Jenaer Trios Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zwischen 1989 und 2000, von der Wende bis zum ersten NSU-Mord. „Die Täter: Heute ist nicht alle Tage“ ist ein höchst intensives, beklemmendes Porträt der Wende-Generation. Buch und Inszenierung bleiben – konsequent bis an die Grenze zur Erträglichkeit – dicht bei den Figuren, legen Denkweisen und die sich steigernde Gewaltbereitschaft ebenso offen wie die Ratlosigkeit im Umfeld. Die Täter sind differenzierte Charaktere, doch das Verstehenwollen endet nicht im Verständnishaben. Hervorzuheben bei dem rundum beeindruckenden Gesellschaftsdrama sind die vorzügliche Kamera von Frank Lamm und Zschäpe-Darstellerin Anna Maria Mühe.
„Der Kinderstrich ist unter uns“, heißt es in „Operation Zucker“ – und es sieht nicht danach aus, als ob die engagierte Kommissarin und die wachgerüttelte Staatsanwältin im Film etwas daran ändern könnten. Der Film von Rainer Kaufmann nach dem Drehbuch von Philip Koch ist realistisch bis zur Schmerzgrenze und verzichtet auf glückliche Genre-Lösungen. „Unsere Geschichte entspricht der Realität; wir schildern nur Fakten“, betont Produzentin Gabriela Sperl. Auch Schauspieler & Inszenierung sind herausragend. Eine frostige Aura des Authentischen liegt über den Bildern vom winterlichen Berlin. Mal dominiert dokumentarische Handkamera. Mal setzt der Film auf eindringliche visuelle Metaphern. Ein TV-Ereignis!
“Romeo” (2001) ist einer der besten TV-Dramen der 00er Jahre. In dem großartig gespielten ZDF-Fernsehflm von Hermine Huntgeburth nach dem glänzend recherchierten, dramaturgisch klug und voller Zwischentöne erzählten Drehbuch von Ruth Toma steht eine Sekretärin aus dem Bayerischen Innenministerium im Zentrum, die unerwartet von ihrer Vergangenheit eingeholt wird. Zwei Jahrzehnte hat sie für die DDR spioniert. Jetzt macht man ihr den Prozess. Ein sogenannter Romeo hatte sie zum Staatsverrat animiert – mit Charme & Potenz… Grimme-Preis gekrönt. Ein Film, der in politische Abgründe blicken lässt und der die Absurdität, wie Staatsräson mit der Banalität des Alltags verkuppelt wurde, verdeutlicht.
„Verbrechen“ macht das totgerittene Krimi-Genre wieder aufregend. Ungewöhnliche Geschichten, unkonventionelle Dramaturgie, suggestive Filmsprache. Jeder Film der sechsteiligen ZDF-Serie ist anders, erzählt wird mal über drei Tage, mal über fünf Jahrzehnte, Genres werden kurzgeschlossen, Justiz-Drama, Splatter-Komödie, Psycho-Western, Gerichts-Krimi. Diese Serie erzeugt eine Sogwirkung, ist in der Lage, süchtig zu machen. Hier ist es nicht die Variation des Immergleichen, die das Interesse weckt, sondern die cool stilisierte Klarheit einer vielfältigen Wirklichkeit. Ein Hochgenuss: Josef Bierbichler!
Der Fall der Mauer als historische Groteske: „Bornholmer Straße“ erzählt von dem Oberstleutnant, der am 9. November 1989 letztlich auf eigene Faust die Grenze öffnete. Ein Helden-Stück zum Jahrestag aus ungewöhnlicher Perspektive, komisch und leicht statt pathetisch und schwer. DDR-Grenzer einmal anders, als tragische Figuren in einer Polit-Farce. Herrlich absurde Dialoge, eine packende Inszenierung und ein großartiges Ensemble neben dem wunderbar lakonischen Charly Hübner in der Hauptrolle. Christian Schwochow („Der Turm“) hat das Drehbuch seiner Eltern Heide und Rainer Schwochow inszeniert.
„Harmlos wie Zuckerplätzchen“, warb vor 50 Jahren das Pharmaunternehmen Grünenthal für sein neues Beruhigungsmittel Contergan. Doch die Wirkung war verheerend. Das Mittel hatte zu starken Missbildungen bei Tausenden von Neugeborenen geführt. Dem Pharmaskandal folgte ein Justizskandal. 37 Jahre nach Prozess-Ende zu einem weiteren Rechtsskandal (um den Film) gekommen. Es wäre tragisch gewesen, wenn Adolf Winkelmanns Zweiteiler, dessen David-gegen-Goliath-Geschichte auch ein Sittenbild der 60er Jahre ist, im Giftschrank verschwunden wäre. Selten ist ein historischer Stoff mit so viel publizistischer Akribie, dramaturgischer Feinfühligkeit, Liebe zum zeitgeschichtlichen Detail bearbeitet worden.
Ralf Husmann hat nach „Vorsicht vor Leuten“ mit dem Fernsehfilm „Der König von Köln“ (WDR / Zeitsprung Pictures, Dreamtool Entertainment) mal wieder eine Gesellschaftssatire allererster Güte geschrieben. „Politik heißt, alles so lange im Ungefähren zu halten, bis es nicht mehr zu ändern ist.“ Wie das System aus Gefälligkeiten und gezieltem Wegschauen funktioniert, das führt der Autor an der Geschichte eines an sich moralischen Mannes vor, der etwas blauäugig in den Strudel der Korruption gerissen wird. Auch sein ehemaliger Chef hatte einst Bedenken – „aber gegen den Zweifel hat der liebe Gott das Kölsch erfunden.“ Die Einzeiler sitzen, alle Charaktere dieses durchweg wunderbar besetzten Ensemblefilms haben eine eigene Note und eine spezielle Humor-Tonlage. Husmanns induktive Dramaturgie und seine satirische Handschrift ohne jede Didaktik gehören zum Qualitätskonzept dieses Films, genauso wie der stimmige, mit der Handlung korrespondierende kölsche Soundtrack, Richard Hubers flüssige Inszenierung und seine Schauspielerführung, die trotz der unterschiedlichen Figurenfarben (es gibt schließlich auch zwei ehrenwerte Figuren) diese ARD-Komödie zu einem stimmigen Ganzen macht. Ein seltener Lichtblick in Zeiten des Krimi-Wahnsinns.
„Der Stich des Skorpion“ ist nach der Autobiografie des Lyrikers Wolfgang Welsch, „Ich war Staatsfeind Nr. 1“, entstanden. Mehr als 200 Ostdeutsche schleuste er über Bulgarien und Rumänien in den Westen ein. Deutsch-deutsche Politik als packender Fernsehfilm von Holger Karsten Schmidt (Buch) und Stephan Wagner (Regie).
Zum Glück haben sich die Verantwortlichen von „Faking Hitler“ (RTL / UFA) gar nicht erst an einem Remake von Helmut Dietls Klassiker „Schtonk!“ (1992) versucht. Das hätte nur schief gehen können: Die überdrehte Mediensatire war viel zu sehr ein Produkt ihrer Zeit. Tommy Wosch (Chefautor und Produzent) hat sogar konsequent darauf verzichtet, aus der Fälschung der Hitler-Tagebücher eine Komödie zu machen; die wahre Geschichte ist ohnehin absurd genug. Auf diese Weise kommen auch die aktuellen Bezüge („Fake News“, Wettlauf der Medien um Aufmerksamkeit, Verharmlosung des Nationalsozialismus) viel stärker zum Tragen. Herausragend und unbedingt sehenswert neben Kostüm und Ausstattung ist das Ensemble, allen voran Moritz Bleibtreu als Schlawiner, der Sammler von NS-Devotionalien übers Ohr haut, und Lars Eidinger als Getriebener in eigener Sache. Außerdem hat Wosch das Duo um eine wichtige Frauenfigur ergänzt: Eine junge Journalistin, gespielt von Sinje Irslinger, ist die einzige Figur mit moralischem Kompass. TV-Premiere auf RTL+.
Der Hamburger Kürschner-Meister Raik Doormann gibt den leutseligen, unbescholtenen Familienvater und netten Nachbarn, in Wahrheit aber ist er ein narzistischer Frauenverachter und kaltblütiger Mörder. Der Mann heißt im wahren Leben Lutz Reinstrom und ist als „der Säurefassmörder von Hamburg“ in die Annalen der deutschen Kriminalgeschichte eingegangen. Die Serie „Gefesselt“ (Neue Bioskop Television), die unter dem Label „German True Crime“ bei Amazon Prime zu sehen ist, erzählt davon, weshalb seine Morde zunächst unentdeckt bleiben konnten. Dem empathielosen Menschenfänger wird eine junge Kommissarin gegenübergestellt. Damit erstreckt sich der Geschlechterkampf, der in Doormanns krankhaftem Männer-Frauen-Bild bestialisch gipfelt, auch auf die vermeintlich „normale“ Geschlechter-Kommunikation vor 30, 35 Jahren. Oliver Masucci verkörpert diesen passionierten Manipulator einmal mehr als ein Ereignis. Eine erklärende Psycho-Analyse seines Charakters erfolgt in der Handlung erfreulicherweise kaum. Der Zuschauer darf sich selbst ein Bild machen. Bei allem „Faszinationspotenzial“ einer solchen Figur und eines so grandiosen Schauspielers wird der joviale Geschichtenerzähler Doormann mehr und mehr als Monster entlarvt. Vielleicht hätte Grimme-Preisträger Florian Schwarz auf ein, zwei der schwer zu ertragenden Foltereinstellungen verzichten können, prinzipiell aber sind sie notwendig. Das Grauen und die Ekelbilder muss man sehen – um diesem so harmlos wirkenden Maulhelden die Maske des kleinbürgerlichen Filous herunterzureißen. Auch dramaturgisch und filmästhetisch operiert „Gefesselt“ auf höchstem (True-Crime-)Serien-Niveau und fesselt – obwohl der Ausgang bekannt ist – über die gesamten sechs Folgen.
Das Geiseldrama, das im August 1988 bei einem Banküberfall in Gladbeck seinen Anfang nahm, als atemberaubender Thriller: Das ständige Auf und Ab in jenen 54 Stunden, die Nervosität, Angst und Verunsicherung, die Momente der Hoffnung auf einen guten Ausgang – all das wird in „Gladbeck“ (Degeto, SR / Ziegler Film) ungemein dicht und intensiv erzählt. Im Mittelpunkt der akribisch recherchierten Chronologie stehen das Versagen von Polizei und Medien, die das Verbrechen zu einem zynischen Live-Schauspiel machten. Die Täter Hans-Jürgen Rösner und Dieter Degowski, von Sascha Alexander Geršak und Alexander Scheer verblüffend genau verkörpert, bleiben auf das Notwendige reduziert. Dafür wird das Leid der Angehörigen der erschossenen Silke Bischoff und Emanuele di Giorgi mit in den Blickpunkt gerückt. Herausragend auch das Szenenbild, das die 1980er Jahre wieder aufleben lässt.
Erich Kästner lernt 1929 seinen wohl größten kleinen Fan kennen. Es ist der Beginn einer wunderbaren, aber viel zu kurzen Freundschaft. Mit dieser verbrieften Episode aus dem Leben des Schriftstellers gewinnt „Kästner und der kleine Dienstag“ (Degeto, WDR, ORF / Ester. Reglin.Film, Dor Film) eine besondere Perspektive und umgeht die Fehler, die andere Biopics machen. Autorin Schön sucht stets die Essenz, setzt auf Verdichtung, auf wenige Figuren & ein wesentliches Thema: Wie kann man als kritischer Intellektueller das „Dritte Reich“ physisch und seelisch überleben? Eine Antwort gibt Florian David Fitz, der den verbotenen Autor mit einem (bitter) süffisanten Lächeln spielt und damit vorzüglich das Wesen Kästners trifft. Für ein Biopic ist – auch dank Regisseur Murnberger – dieser Film ungemein flüssig und stimmig erzählt. Nicht die Chronologie, die Psychologie der Ereignisse bestimmt die Geschichte. Und wie souverän & beiläufig Schön Momente & Motive, Verse & Dialoge aus Kästners Werk in den Plot integriert – das verdient einen halben Extra-Stern.
Juliane ist verstört, verzweifelt, gerät leicht in Panik, sie kriegt es nicht in ihren Kopf: Ihr Lebensgefährte hat sich das Leben genommen. Einfach so. Ohne Vorwarnung. Im ersten Jahr nach dem Tod ist bloßes Überleben Julianes Ziel, im zweiten heißt es (wieder) Leben lernen. Eine wichtige Rolle bei diesem Heilungsprozess spielt die Musik – und vor allem das Laufen. „Laufen ist super. So schön stumpf. Man muss nicht mehr denken.“ Dennoch dauert es zwei Jahre, bis die Hauptfigur des ZDF-Fernsehfilms „Laufen“ (Relevant Film) wieder im Leben angekommen scheint. Das TV-Drama von Rainer Kaufmann ist entstanden nach einem als unverfilmbar geltenden, als Innerer Monolog verfassten Roman. Dass der Film für ein interessiertes Publikum dennoch vorzüglich funktioniert, liegt an dem präzise konzipierten Drehbuch, das die Chronologie der Geschichte klug aufbricht, an der konzentrierten und trotz der Brüche flüssigen Inszenierung und vor allem an der wunderbaren Anna Schudt, die den Zuschauer einmal mehr preiswürdig mitnimmt in eine schwierige Rolle, deren Entwicklung sie fein nuanciert darstellt. Ihre Figur ist Cellistin. Dass Schudt das Instrument hier selbst spielt, ist das i-Tüpfelchen auf diesem außergewöhnlichen, zutiefst wahrhaftigen Film.
In der Bevölkerung ist das Bauhaus 1920 verrufen als ein Sammelbecken von Spinnern und Klecksern, von Kommunisten und Nudisten. Auf die Heldin des History-Dramas „Lotte am Bauhaus“ (MDR / Ufa Fiction) aber übt diese Kunstschule & ihr moderner Geist eine große Anziehungskraft aus, und sie wird gegen alle Widerstände ihren Weg machen… Die 14 Jahre deutsche Bauhaus-Geschichte aus dem Blickwinkel einer jungen Frau zu erzählen, ist hier mehr als eine Konvention frauenaffiner TV-Fiction. Der Fokus liegt auf der Aufbruchs-Stimmung der Zeit, aber auch die Benachteiligung der Frauen in der jungen Demokratie ist ein Thema. Die Sprache im Film wirkt modern, verzichtet auf historisierende Rhetorik und barocke Handlungsführung. Damit rekonstruiert Autor Braren ein Stück weit die Klarheit des Bauhaus-Codes und vermittelt damit auch dem Laien etwas vom Wesen dieser innovativen kunsthandwerklichen Formensprache. Den Geist des Bauhauses emotional zu vermitteln, diese Aufgabe kommt der Titelfigur & der einmal mehr hinreißenden Alicia von Rittberg zu.