Mit dem Bus von Berlin ins tiefste Oberbayern ist nicht gerade verlockend. In der ARD-Weihnachtsfilm-Liebeskomödie von Tommy Wosch und Felix Herzogenrath unternimmt das Liebespaar in spe diese Fahrt gleich viermal, alle Jahre wieder, am 23. Dezember. Treue Seele trifft auf flotten Feger, Ordnung auf Spontaneität, Familiensinn auf Unabhängigkeits-Liebe – das erinnert zunächst ein bisschen an die frechere RomCom-Variante: die Screwball Comedy. Die Muster sind bekannt, doch die Erzählstruktur, die frischen, sympathischen Charaktere, die lebendigen Situationen, das großartige Ensemble, ein edler Soundtrack und das Glück mit dem Winterwetter wirken Wunder. „Alle Jahre wieder“ (UFA Fiction) variiert so hinreißend das Bewährte, dass dieser wunderbare Film einfach ein Klassiker des Genres werden muss.
„Auf einmal war es Liebe” (Degeto / Wüste) ist die womöglich schönste romantische Komödie des Jahres. Dabei ist die Geschichte zunächst ganz einfach: Ein schluffiger Spielzeugverkäufer gibt sich als weltläufiger Fotograf aus, um seine Jugendliebe zurückzuerobern; und dann kommt alles ganz anders. Die besondere Qualität des Films liegt in seinem warmherzigen Humor, denn mindestens so gelungen wie die Umsetzung und die herausragende Arbeit mit den vier Hauptdarstellern Kostja Ullmann, Julia Hartmann, Johannes Allmayer und Kim Riedle sind die kleinen Ideen, mit denen Autor-Regisseur André Erkau viele Dialogszenen gewürzt hat. An diesem Film, der zudem eine liebenswerte Hommage an die Freundschaft ist, stimmt einfach alles: Tempo, Witz, die kleinen Slapstickmomente.
„Zeig’ alles, sag’ alles und sei böse“ lautete die Maxime, die sich Timothy Tremper für sein Drehbuch gesetzt hat, und so ist der Film auch geworden: „Matze, Kebab und Sauerkraut“ (ZDF / CCC Cinema und Television) ist eine mitreißende romantische Multikulti-Komödie über einen Juden und einen Moslem aus Berlin, die sich in eine blonde Christin aus Bayern verlieben. Fortan liefern sich Noah und Hakim ein Liebesduell, in dem alle Mittel erlaubt sind und auf Freundschaft keine Rücksicht mehr genommen werden kann. Eine Frau zwischen zwei Männern ist zwar ein beliebtes Romanzen-Muster, aber Tremper erzählt die Geschichte aus Sicht der beiden Freunde; das ist schon mal ungewöhnlich. Der religiöse Hintergrund sorgt für weitere Verwicklungen. Stilmittel des Films ist die konsequente Überhöhung, zumal Tremper geradezu lustvoll alle nur denkbaren Vorurteile und Stereotype bedient. Davon abgesehen hat schon allein der Auftakt genügend Witz und Tempo für zwei Filme; und dieses Niveau hält die Komödie bis zum überraschenden Schluss durch.
„Pizza und Marmelade“ beschreibt die Architektur des sozialen Abstiegs und baut zugleich ein Fundament für das Prinzip Hoffnung. Aber Oliver Dieckmanns Debütfilm erzählt noch so viel mehr, weil er für alles die idealen Bilder findet. Die Geschichte bekommt so etwas Flüchtiges, die Hauptfiguren etwas Flirrendes und der Schauplatz München etwas Exotisches.
Wenn ein Rap ein Gedicht ist, ist ein Gedicht auch ein Rap. Denkt man das zu Ende, ist es nicht mehr weit zu „Cyrano de Bergerac“. Trotzdem ist die Idee recht kühn, ein klassisches Versdrama als modernes Rap-Musical zu erzählen. Die Umsetzung ist gerade auch wegen der um prominente Namen wie Heike Makatsch und Anke Engelke ergänzten famosen jungen Hauptdarstellerriege ein mitreißender Film, in dem sich dank der guten Dialoge – anders als bei der „Fack ju Göhte“-Trilogie – niemand unter seinem Niveau amüsieren muss. Interessante Schauplätze und originelle Bucheinfälle wie etwa eine witzig choreografierte Tanzeinlage im Museum sorgen zudem für Abwechslung. Die schwungvolle Musik ist ohnehin klasse.
Die größte Herausforderung einer Romantic Comedy ist es, die starren dramaturgischen Vorgaben mit einer einfallsreichen Geschichte vergessen zu machen. Autor Bert Koß und Regisseurin Luise Brinkmann gelingt dies bei „Dein perfektes Jahr“ (Bavaria Fiction) im Detail ausgesprochen gut, und die Grundplot-Idee von Charlotte Lucas, nach deren Roman dieses ZDF-„Herzkino“-Einzelstück entstanden ist, ist ohnehin originell. Erzählt werden zwei Geschichten: die von Hannah, die mit einem Kalenderbuch voller Termine ihre Beziehung retten möchte, und die von einem Mann, der noch lebloser ist als Hannahs Freund. Der findet das liegengelassene Geschenk und nutzt es als Anleitung zum eigenen Glück; dabei begegnet er natürlich auch seiner Glücksfee… Wie immer in diesem Genre macht die Besetzung die Musik: Anneke Kim Sarnau ist die halbe Miete, auch Stefan Jürgens macht sich gut und Thomas Niehaus gibt den Freund unbedarft, aber angenehm sympathisch. Inszeniert ist das Ganze luftig und mit einem guten Flow. Eine willkommene Abwechslung am Sonntag.
Nachdem Mads jede Lebensfreude verloren hat, läuft ihm zufällig seine Sandkastenliebe René wieder über den Weg. Typisch romantische Komödie? Mitnichten. Die Dramedy „Die Beste zum Schluss“ (Degeto / Dreamtool Entertainment) nach dem gleichnamigen Roman tritt vielmehr höchst charmant den Beweis an, dass Männer und Frauen doch nur Freunde sein können. Dem Alltag etwas Grundsätzliches abzutrotzen und das Schwere (Tod, Krankheit) mit ernsthafter Leichtigkeit zu erzählen: darin besteht die große Qualität dieses Films, der so angenehm leise und beiläufig daherkommt – obwohl er doch eine (Beziehungs-)Utopie entwirft, eine Liebes-Glücks-Formel jenseits der Norm. Und auch die Details stimmen: Die Sprache ist alltagsnah, lakonisch und pointiert, locker der Umgang miteinander, die Charaktere sind glaubwürdig, die Kids lustig, und Ströbel & Wulf punkten als Sympathieträger auf den ersten Blick.
In der romantischen Netflix-Komödie mit Rosalie Thomass verliebt sich Maria, die Gründerin einer Agentur für Menschen mit gebrochenem Herzen, ausgerechnet in einen notorischen Herzensbrecher. „Die Liebeskümmerer“ (UFA Fiction) basiert lose auf den Ratgeberbüchern von Elena-Katharina Sohn, die 2011 eine gleichnamige Trost-Agentur gegründet hat. In der originell eingefädelten Geschichte schreibt ein zynischer Journalist (Laurence Rupp) einen vernichtenden Artikel und muss zur Strafe bei Maria in Therapie. Die Umsetzung erinnert konzeptionell mitunter ans „Herzkino“ im ZDF, aber die Bildgestaltung ist ungleich hochwertiger; der optische Produktionswert hat Kinoniveau. Reizvoll ist vor allem der Wandel der zentralen Figuren, die einander überraschend ähnlich sind. Viele witzige Nebenebenen runden den Film zu einem sehenswerten Vergnügen ab.
Über „Ein Praktikant fürs Leben“ kann man viele Worte verlieren (siehe Kritik), man sollte den Film von Ingo Rasper („Reine Geschmackssache“) aber vor allem sehen & genießen. Und die, die intelligente Komödien für ein breites Publikum machen wollen, Autoren, Produzenten, Redakteure und Regisseure, die sollten sich diesen unspektakulären Film genau anschauen – weil er im engen Korsett des Genres Romantic-&-Social-Comedy alles richtig macht…
Eine deutsche Krankenschwester bringt Lebensfreude in eine noble französische Familie. Das Drehbuch vom „Tatort“-Münster-erfahrenen Duo Stefan Cantz und Jan Hinter findet eine gute Mischung aus dem Ur-Muster der traditionellen romantischen Komödie, aus Elementen der Screwball Comedy und dem deutschen TV-Rührstück – gutes Timing, Ironie & Gefühl kräftig durchgemischt. Anica Dobra ist endlich mal wieder in ihrem Element und Pasquale Aleardi ist die perfekte Besetzung als Leisetreter auf James Stewarts Spuren. Dieses märchenhafte Feelgood-Movie könnte der neue Prototyp für den ZDF-Sonntag werden!
Zur Hochzeit fehlt vom Brautpaar jede Spur. Hat der unkonventionelle Bräutigam einen Rückzieher gemacht? Oder traut sich die hanseatisch zugeknöpfte Braut nicht, diesen Mann, der immer für eine heikle Überraschung gut ist, zu ehelichen? In „Fast perfekt verliebt“ (ZDF / Cinecentrum Berlin) begegnen sich zwei, die scheinbar gar nichts gemeinsam haben. Er hat Spaß, sie Pflichten. Sie denkt, er macht. Dieser Mentalitäts-Unterschied ist in dieser wunderbaren „Herzkino“-Komödie keine platte, oberflächliche Setzung, denn die Macher verstehen etwas vom Komödien-Handwerk, drehen mal eben den Screwball-Comedy-Spieß um und setzen auf eine Verzögerungsmethode, die Aleksandar Jovanovic und besonders Katharina Schüttler mit ihrem Sinn fürs Timing veredeln. Eine romantische Komödie, die auf fast alle Genre-Klischees verzichtet und dafür lieber mit originellen Subtexten und einigen unvergesslichen Szenen aufwartet. Warum gibt‘s sowas am Sonntag im ZDF nicht öfter?
Einem One-Night-Stand mit einem Reeder auf Royalty-Kurs folgt eine kleine Erpressung und eine große Exklusivstory. „Herztöne“ folgt den Spuren einer klassischen Romantic Comedy – und ist doch viel mehr: Der Film setzt auf ein liebenswertes Paar, hat einen sexy-Rhythmus, einen stimmungsvollen Soundtrack, ist mit Überraschungen und hübschen Details gespickt und Sawatzki darf mal wieder der Hexe Zucker geben. Witzige Dialoge, gutes Timing und die Suche nach ästhetischen Bild-Ideen machen das Sat-1-Movie zum Komödien-Highlight. Nicht nur ein Film für Komödien-Liebhaber, sondern auch eine Komödie für Filmliebhaber.
In der ARD-Freitagskomödie „Liebe auf Persisch“ geht es anfangs um eine unbezahlte deutsche Teppichmaschine, die in den Iran verkauft wurde zu einer Zeit, als das Land noch Persien hieß. Der Verkäufer und sein Sohn reisen nach Teheran, wo vor allem auch noch amouröse Rechnungen offen sind. Die Reise wird im Schlussdrittel zu einem emotionalen Vater-Sohn-Ding, bis dahin aber ist dieser Degeto-Film des Krimi-Experten Florian Baxmeyer nach einem Drehbuch von Sebastian Orlac eine vorzüglich getimte Screwball-Cultureclash-Komödie mit starken Road-Movie-Elementen und einer vorzüglichen Bildgestaltung, in dessen Mittelpunkt das junge Paar steht. Der gewitzte Schlagabtausch hat Tempo, Felix Klare, erstmals in einer reinrassigen Komödie zu sehen, meistert dieses Rollenfach überzeugend, auch die Deutsch-Iranerin Mona Pirzad ist eine ideale Besetzung, und die Unfreiheit iranischer Frauen in Beruf und Liebesdingen, hat die ARD genregemäß in die Handlung eingebaut.
Gegensätze ziehen sich an im Kultur- und Klischee-Clash dieser besten Sat-1-Komödie, die das ZDF je produziert hat. Tim Bergmann als stocksteifer Musikwissenschaftler auf Cary Grants Spuren und Jasmin Gerats Power-volle „Zitronenblüte“ geben das Kontrast-Prinzip vor: pomadiger Seitenscheitel trifft sexy Wuschelmähne. Es ist mächtig was los in diesem deutsch-türkischen Versteckspiel, in dem es um Liebe und sonst nichts weiter geht.
Vom wesentlich jüngeren Lover ausgebootet, landet eine gefeuerte Business-Mittvierzigerin im Bett ihres Jugendschwarms, der – wie sich bald herausstellt – der Vater ihres Ex‘ ist. „Mein Lover, sein Vater und ich“ ist eine hübsch gegen die Erwartbarkeit der Handlung ausgedachte Sat-1-Komödie, die durch die Inszenierung von Holger Haase („Da geht noch was“) fürs Unterhaltungsfernsehen Maßstäbe setzt. Das Zusammenspiel der Gewerke ist vorbildlich und die Hauptdarsteller Katharina Müller-Elmau & Hendrik Duryn sind die ideale Besetzung.
Ein (un)glücklicher Zufall lässt zwei grundverschiedene Menschen einander begegnen: einen Architekten, der unter Zwangsstörungen leidet, und eine alleinerziehende Mutter mit massiven Existenzsorgen. Liebe auf den ersten Blick ist das nicht. Während aber im Leben meist nur der erste Eindruck zählt, bekommen die ungleichen Charaktere in „Pohlmann und die Zeit der Wünsche“ (Degeto / filmpool) mehrere zweite Chancen. Dieser Film braucht nicht die gönnerhafte Nachsicht, mit der man als Kritiker in der Weihnachtszeit gern mal gefühlvollen Fernsehfilmen begegnet. Dafür ist die psychologische Grundierung der Geschichte zu stimmig und die Narration zu geschickt gebaut. Der kitschfreie Film von Matthias Tiefenbacher besitzt einen süffigen Erzählfluss ohne Redundanz, der dem Alltagsrhythmus nachempfunden ist. Damit bekommt die Produktion einen Sonderstatus am ARD-Freitag – was gleichermaßen auch für die vorzügliche Besetzung mit Benjamin Sadler und Marlene Morreis gilt.
Sie kennen sich kaum und wollen schon heiraten – traditionell kroatisch. Für die deutschen Brauteltern ein Schlag ins Gesicht der Emanzipation. Es gibt noch mehr Gründe, die Hochzeit abzublasen. „Rat mal, wer zur Hochzeit kommt“ ist eine Heiratskomödie, in der anfangs ethnische Gegensätze und tief verwurzelte kulturelle Vorurteile den Ton angeben. Später setzt sich die Romantik gegenüber der Ironie durch. Trotz kleiner Tonlagen- und Dramaturgie-Problemen ein gelungener, telegener Spaß – getragen vom großartigen Ensemble.
„Schluss mit lustig“ erzählt die alte und immer wieder schöne Geschichte vom Abschied von der Jugend. Sie funktioniert im Regie-Debüt der Grimme-Preisträgerin Isabel Kleefeld so gut, weil der von Martin Glade gespielte „Hedl“ konsequent als sympathischer Kindskopf angelegt ist. Frisch, reich an Tempo & tollen Figuren, mit einem Top-Nachwuchs-Cast!
Ein junges Paar will sich das Ja-Wort geben, mit großem Fest und dem ganzen romantischen Drum & Dran. Einziger Unsicherheitsfaktor: die äußerst unterschiedlich tickenden Eltern des Paares. Doch dann gibt es ganz andere Probleme… „Schwägereltern“ beginnt, wie Romantic Comedies gern enden. Auch in anderer Hinsicht erfüllt dieses ZDF-“Herzkino“-Stück – überaus erfrischend – nicht die Erwartungen. Am Ende ist der Film nach dem lebensklugen Buch von Sarah Schnier eine ernsthafte Beziehungskomödie mit lebensnahen wie pointierten Dialogen, mit Sinn-Fragen zum (Ehe-)Glück & einem überaus stimmigen Ensemble.
Der Netflix-Film „Spieleabend“ (W&B Television) ist eine romantische Komödie aus der Kategorie „Die schlimmsten Stunden meines Lebens“: Jan und Pia (Dennis Mojen, Janina Uhse) sind frisch verliebt. Als sie ihn zum traditionellen Spieletreffen ihrer Clique mitnimmt, will er natürlich einen guten Eindruck machen. Der Abend entwickelt sich jedoch zum Desaster: Pias Ex-Freund (Stephan Luca) zieht alle Register, um Jan zu provozieren und sie zurückzugewinnen. Neben dem Wortwitz erfreut das Buch von Claudius Pläging durch viele heitere Missgeschicke, die vor allem Jans bestem Freund (Edin Hasanović) widerfahren.