Obwohl Robert Leitner (Felix Klare) schon seit einiger Zeit keinen Kontakt mehr zu seinem Vater Achim (Günther Maria Halmer) hat, muss er für ihn in die Bresche springen. Wegen der Verschuldung des Hofs und seiner Teppichmaschinenmanufaktur ist der Senior in Schwierigkeiten. Da es allerdings noch beträchtliche Außenstände gibt, drängt ihn seine Frau (Johanna Bittenbinder), endlich die rund 150.000 € einzutreiben. Das Problem ist nur: Die Firma, die ihre Teppichwebmaschine vergessen hat zu bezahlen, ist im Iran beheimatet und das Geschäft wurde getätigt in einer Zeit, als der Iran noch Persien hieß. Retter Robert ist bereits in Teheran angekommen, als sich herausstellt, dass sein Vater – anders als vermutet – gar nicht in den Iran gereist ist. Zwar kümmert sich hier die wohlhabende Familie des säumigen Unternehmens rührend um den hilflos wirkenden Leitner-Spross, doch dem kommt das alles verwirrend persisch vor. Und weshalb drängt sich ihm Shirin (Mona Pirzad), die attraktive Nichte der Firmen-Inhaberin Mehrnaz (Roya Teymourian), die ihrem Namen – die Süße – alle Ehre macht, geradezu auf? Ist es nur, weil sie ihm mit ihren Deutschkenntnissen weiteren Ärger ersparen will? Oder hat sie etwa Gefallen gefunden an diesem deutschen Miesepeter? Um an die Kohle zu kommen, muss Robert in den Süden des Irans reisen; damit aber Shirin den persischen Sitten gemäß den fremden deutschen Mann begleiten darf, müssen beide für eine Woche eine „Zeit-Ehe“ eingehen. Robert ist zunächst skeptisch, willigt aber dennoch ein. Nur, was hat er da wohl dem Standesbeamten alles nachgesprochen?!
Foto: Degeto / Olaf Raymond Benold
Der Zuschauer kann früh erahnen, dass in der ARD-Freitagskomödie „Liebe auf Persisch“ nicht die unbezahlte Teppichmaschine der Casus knaxus ist, sondern dass hier noch amouröse Rechnungen offen sind. Auch die Hauptfigur ist gar nicht so ein tölpelhafter deutscher Michel, wie es zunächst den Anschein hat, und dieser Robert Leitner, der anfangs humorlose Recyclingmanager, kann eins und eins zusammenzählen, was die Vergangenheit seines alten Herren angeht. Und so wird die Reise in den Iran im Schlussdrittel unter anderem auch zu einem Vater-Sohn-Ding, bei dem Felix Klares Junior deutlich näher am Wasser gebaut ist als der knorrige Schweiger, den Günther Maria Halmer einmal mehr verkörpert. Bis dahin aber ist dieser Degeto-Film des Krimi-Experten Florian Baxmeyer (Hauptreferenz: sechzehn „Tatort“-Episoden!) nach einem Drehbuch von Sebastian Orlac (sechs Filme der „Lotta“-Reihe mit Josefine Preuß) eine vorzüglich getimte Screwball-Cultureclash-Komödie, bei der Handlung und Charaktere ständig in Bewegung sind. Gelegentlich begibt sich sogar Kameramann Peter Joachim Krause mittenrein in das bunte Treiben Teherans. Das hat Atmosphäre, man spürt den Alltag, und auch später, wenn der Film zum Road-Movie mutiert, erstrahlen die Bilder in warmem (fast Kino-)Licht, ohne dass sie je glatt werden oder aussehen, als wollten sie nur schön sein oder das Gezeigte wie im Touri-Reisevideo ausstellen. Im Mittelpunkt von „Liebe auf Persisch“ stehen allerdings 90 Minuten lang die Hauptfiguren.
Foto: Degeto / Olaf Raymond Benold
In einer reinrassigen Komödie hat man Felix Klare, seit zehn Jahren beim „Tatort“ Stuttgart in der ersten Reihe, bisher noch nicht gesehen; dabei gibt es hierzulande nur wenige Schauspieler seiner Generation, die die für das sogenannte „Wirrkopf“-Genre benötigte Schusseligkeit so gut hinbekommen wie der 1978 geborene Heidelberger. Köstlich, wie er in der Szene, in der sein unbedarfter Deutscher von zwei Polizisten bedrängt wird, und er sich mit einem kaum vernehmbaren sprachlichen Kauderwelsch von „uno momento“ bis „Peace“ aus der Affäre zu ziehen versucht. Auch die anfängliche Steifheit, die deutsche Korrektheit seiner Figur, das Pflichtbewusstsein und die Unbeholfenheit, als ihn unerwartet die ganze bucklige Verwandtschaft von Shirin begrüßt, bringt Klare glaubwürdig rüber. Dazu die große runde Metallbrille (Cary Grant lässt schön grüßen!), die mit dem Fortgang der Handlung und der zunehmenden Lockerheit des Protagonisten durch eine coole Sonnenbrille ersetzt wird. Das Eis scheint erstmals ein wenig zu brechen, als die Iraner zu Tom Schillings „Major Tom“ ausflippen. Das ist die Kultur, die Robert Leitner versteht. Dagegen ist die Sache mit dem Kopftuch problematischer. Obwohl, als Shirin es ablegt und sich am See entblättert und ihn verführerisch zum Baden einlädt, ist es dann auch wieder nicht recht. „Die spinnen, die Perser“, lächelt er und macht sich verunsichert von dannen. Wenig später sagt er, „Ich trau’ dir nicht“. Vielleicht meint er aber auch nur: „Ich traue mich nicht.“ So große Emotionalität und ungezügelte Weiblichkeit ist der Deutsche nicht gewohnt. Dieses Schicksal teilt er mit vielen anderen männlichen Figuren von Screwball-Komödien (von David Huxley in „Leoparden küsst man nicht“ über Charles Pike in „Die Falschspielerin“ bis zu Howard Bannister in „Is‘ was, Doc?“). Doch dann heißt es irgendwann einmal: „Sie hat nur noch ein paar Wochen.“ Und nun ist plötzlich Shirin ernst und kurz angebunden, ohne jede Lust auf Party. Das Sterbemotiv passt nicht wirklich zur Tonlage dieser Komödie. In Wahrheit geht es bei diesem kleinen „Tod“ um eine jener frauenfeindlichen Sitten der iranischen Kultur, die offenbar nicht ausgehebelt werden kann. Und so fließen noch ein weiteres Mal viele Tränen – und es scheint, als ob die Komödie nun doch endgültig ihre Segel streichen würde.
Foto: Degeto / Olaf Raymond Benold
„Liebe auf Persisch“ ist der erste ausländische Film, der seit 1978 im Iran (damals noch Persien) gedreht wurde. Dass das TV-Movie eine Komödie ist, dürfte die Realisierung erleichtert haben. Bei diesem Genre nimmt man nicht unbedingt an, dass unter anderem von einer Iranerin erzählt wird, die darunter leidet, dass sie mit dem, was sie ihm Kopf hat, in diesem Land nicht viel anfangen kann. Und auch in der Liebe gibt es für diese Frau keine Freiheit. Ob die Produktion das Drehbuch bei einer staatlichen Stelle vorlegen musste, dazu sagen Redaktion, Produktion und Regie im ARD-Presseheft nichts. „Ein Anliegen war, die Vorurteile, die wir Deutschen gegenüber dem Iran und den Iranern haben, komödiantisch durch die Augen von Robert zu spiegeln und hoffentlich zu entkräften“, betont Produzent Ivo Beck. Außerdem habe man zeigen wollen, „wie schwer es junge Frauen haben, in dieser Gesellschaft aufzusteigen, ihren eigenen Weg zu finden“. Die Degeto hat die schwierige Situation relativ elegant gemeistert. Indem sie auf einen Unterhaltungsfilm gesetzt hat, waren von vornherein die politischen Ansprüche gedämpft und die Geschlechterfrage wurde nicht überproblematisiert, sondern vielmehr genregemäß vermengt mit den iranisch-deutschen Kulturunterschieden. Man muss in einer Komödie nicht die Welt erklären. In einem Film kann es auch ausreichen, wenn man eine selbstbewusste junge Iranerin mit zwei Vertretern der Staatsmacht heftig streiten sieht oder wenn man Augenzeuge einer Zwangsverkuppelung wird. Dabei spielt auch die Präsenz der weiblichen Hauptdarstellerin Mona Pirzad, gebürtige Iranerin, aber seit ihrem zweiten Lebensjahr nicht mehr in ihrer Heimat gewesen, eine entscheidende Rolle. Sie verkörpert eine neue, selbstbewusstere Generation, sie wirkt lange wie eine jener typischen Screwball-Protagonistinnen – und dann ist sie plötzlich wie ausgetauscht. Die Brechung der Genrekonvention verweist indirekt auf die iranische Unfreiheit in Liebesdingen. Nein, man kann nicht sagen, die ARD hätte nicht versucht, die Missstände genrekompatibel in die romantisch-komödiantische Handlung einzubauen.