Ein ziviles Flugzeug wurde abgeschossen, weil Terroristen es auf das voll besetzte Münchener Fußballstadion abstürzen lassen wollten. Nun wird dem Piloten des Kampfjets, der diese Entscheidung eigenmächtig traf, der Prozess gemacht. „Terror“ ist das zurzeit erfolgreichste zeitgenössische Theater-Drama – auch dank eines besonderen Kniffs: Das Publikum wird mit einbezogen und entscheidet am Ende über das Urteil. Ein spielerisches Stück direkter Demokratie mitten in Zeiten der Demokratie-Müdigkeit. Der glänzend besetzte Fernsehfilm „Terror“ von Lars Kraume nutzt die speziellen Möglichkeiten des Films, ohne die Intentionen des Bühnenstücks zu verraten: Die Nah-Aufnahmen der Gesichter, der Schnitt, die verschiedenen Perspektiven und die meist langsamen Kamerafahrten sorgen für eine konzentrierte, aber viel dynamischere Wahrnehmung, als es im Theater möglich wäre. Zugleich bleibt der Kern in diesem dichten, vielschichtigen Kammerspiel erhalten. Von Schirach hat ein von der ersten Sekunde an ungemein fesselndes Gerichtsdrama geschrieben, das das Publikum mit einer existenziellen Frage konfrontiert: Darf man Leben gegen Leben aufwiegen? Die ARD und ihre Partner, die das Thema auf mehreren Plattformen (im Netz, in Fernsehen, Hörfunk und Kinos) präsentieren, wollen offenbar beweisen, dass sie bei den großen Fragen noch die Gesellschaft am Lagerfeuer zusammentrommeln können.
Mit der fulminanten 24. Folge „Ein Richter“ beweisen Autor Mike Bäuml und Regisseur Martin Weinhart, dass „Unter Verdacht“ um die interne Ermittlerin Dr. Prohacek immer noch zu den besten deutschen Krimi-Reihen zählt. Aus dem ungewöhnlichen Grundthema – Wer kontrolliert den unabhängigen Richter? – wird enormes dramatisches Kapital geschlagen. Etwas konstruiert nur die Geschichte zweier Schwestern, die unter der Gewalt ein und desselben Mannes leiden. Meisterhaft dagegen, wie die Inszenierung langsam ins Kafkaeske, Unwirkliche kippt. Und das Ereignis des Films ist Martin Brambach in der Rolle eines selbstherrlichen Richters, der mit der Macht des Wortes in seinem Gerichtssaal Gewalt ausübt. Ein beklemmender Film über männliche Dominanz und eine überforderte Justiz.
Eine Ehe vor Gericht: Der reale Prozess gegen einen ehemaligen Bürgermeister, der seine Frau ermordet haben soll, wird in dem Fernsehfilm „Der Fall Marianne Voss“ (ZDF, Arte / Senator Film) auf packende Weise „fiktionalisiert“, wie es in einer Einblendung zu Beginn heißt. Im Wechsel aus Szenen im Gerichtssaal und Rückblenden sezieren Karin Kaçi (Buch) und Uljana Havemann (Regie) das tragische Scheitern einer Ehe und transportieren dabei auch ein Gefühl für die Zeit in einer brandenburgischen Kleinstadt in den 1990er Jahren. Jörg Schüttauf und Valerie Koch spielen in dem Drama, das die aktuelle „True-Crime“-Welle reitet und zugleich das Interesse an historischen Wende-Stoffen bedient, groß auf.
Zwischen einem auf den Opferschutz spezialisierten Polizisten und einem elfjährigen Jungen, dessen Mutter vom Vater getötet wurde, entwickelt sich ein Vater-Sohn-Verhältnis. „Der Polizist, der Mord und das Kind“ (ZDF / Hager Moss Film) erzählt die wahre Geschichte von Carlos Benede und dessen Adoptivsohn Alexander präzise und unaufgeregt, mit großem Respekt vor den realen Vorbildern und mit überzeugenden Darstellern. Dank des Drehbuchs von Dorothee Schön und der Inszenierung von Johannes Fabrick wird aus dem Film ein bewegendes Plädoyer für einen liebevollen und geduldigen Umgang mit Kindern und Jugendlichen, ganz ohne Kitsch und Heldenpathos, dafür mit einem ungewöhnlichen Fernseh-Männer-Typ im Mittelpunkt: sanft und doch kein Schluffi. Etwas mehr Ecken und Kanten hätte man dem fiktionalen Wiedergänger Carlos Benedes aber schon gewünscht.
In Stuttgart stehen vier Mitarbeiter einer Rüstungsfirma vor Gericht, weil sie Sturmgewehre illegal nach Mexiko verkauft haben – in ein Land, in dem die Polizei die Waffen gegen protestierende Studenten einsetzt. Daniel Harrich und Co-Autor Gert Heidenreich schreiben die Geschichte um den fiktiven Waffenexporteur HSW viereinhalb Jahre nach der Ausstrahlung ihres Films „Meister des Todes“ fort. Auch Teil 2 (SWR u.a – diwafilm) bezieht sich auf reale Ereignisse und auf die Geschäfte der schwäbischen Waffenschmiede Heckler & Koch. In Kombination mit einer anschließenden Dokumentation sorgen Harrich/Heidenreich dafür, dass das Thema Rüstungsexporte erneut eine breite Öffentlichkeit erreicht – das ist engagiertes, kritisches Fernsehen, wie man es sich häufiger wünschen kann. „Meister des Todes 2“ ist einerseits aufrüttelndes Gerichts- und Wirtschafts-Drama, andererseits die Geschichte einer Befreiung: Mit Veronica Ferres als Witwe eines ehemaligen HSW-Managers, die ihre Alkoholsucht überwindet und die Seiten wechselt. Packend, entlarvend, manchmal etwas plakativ. Schade auch, dass der Film durchgehend synchronisiert wurde.
Weil sie in ein juristisches Dilemma gerät, setzt Cris Blohm (Johanna Wokalek) bei einem Alleingang nach dem Motto „Frechheit siegt“ ihren Job aufs Spiel. Die Münchener Kommissarin beweist in „Jenseits des Rechts“ (BR / Provobis), ihrem dritten Auftritt in der „Polizeiruf 110“-Reihe, Mut zu einem unkonventionellen Vorgehen, um den Mörder eines jungen Porno-Darstellers zu überführen. Dominik Graf (Regie) und Tobias Kniebe (Drehbuch) nehmen eine schwer verständliche Rechtsprechung zu DNA-Reihentests als Ausgangspunkt für einen unterhaltsamen Genre-Mix, eine vielschichtige und von Hendrik A. Kley herausragend fotografierte Krimi-Ballade über Recht und Moral.
Eine glückliche Beziehung wird zum Alptraum. Ein Mann wird zu lebenslänglicher Haft verurteilt. „Zweimal lebenslänglich“ erzählt die Geschichte eines vermeintlichen Mörders ganz aus der Perspektive seiner Lebenspartnerin. Es ist die Geschichte einer Frau, die sich nach Zugehörigkeit sehnt, um ihre Liebe kämpft und die irgendwann zweifelt. War ihr Glück nur eine Illusion? Es ist die Geschichte einer Isolierung, ein Film über Auflösungsprozesse. Julia Koschitz trägt das ZDF-Stück über 90 Minuten. Ein weiteres sensibles Porträt einer „bedürftigen“ Frau, ihr siebter Film mit Johannes Fabrick. Ein reduziertes, optisch starkes Drama, das Dank der stimmigen Psychologie bis zum Schluss die Spannung hält.
Das ARD-Drama „Das Ende der Geduld“, dem der Sachbuchbestseller der Jugendrichtern Kirsten Heisig zugrunde liegt, erinnert an die letzte Lebensphase der Berliner Juristin, von der viele sagen, sie habe für ihren Beruf gebrannt – und zwar an zwei Enden. Erst umstritten, dann geachtet – plötzlich tot. Einsam, aber nicht verloren soll diese Figur in der Inszenierung von Christian Wagner wirken. Reduktion ist das Prinzip der Handlung. Autor Stefan Dähnert setzt auf eine Szene, aus der er den Antrieb, die Wut, die Rastlosigkeit der Heldin herleitet. Das ist filmisch stimmig, aber nicht ganz aufrichtig. Dafür ist Gedecks Spiel großartig!
Jürgen Vogel blüht als Bankräuber mit schwerer Kindheit in einem Dorf in Äthiopien auf, dank der Gastfreundschaft der Einheimischen und der Liebe zu einer schönen Witwe. In „Der weiße Äthiopier“ nach Ferdinand von Schirach ist Afrika weder Elendsort noch bloße Kulisse. Regisseur Tim Trageser inszeniert ein vielfältiges, realistisches Dorfleben, dennoch bleiben Klischees und Romantisierung zwiespältig. Als Gerichtsdrama präsentiert er ganz im Sinne von Schirachs das Ideal einer Justiz, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Insgesamt ist die melodramatische Geschichte in der Vorweihnachtszeit sehr gut aufgehoben.
Rechtsstaat vs. Organisierte Kriminalität: In „Die Jägerin – Nach eigenem Gesetz“ (ZDF / Real Film), dem zweiten Film mit Nadja Uhl als Berliner Staatsanwältin, wird eine junge Frau bei einem Überfall auf einen Geldtransporter als Geisel genommen und später von den Tätern erschossen. Vor Gericht werden der Boss der Rockerbande und seine beiden Komplizen jedoch frei gesprochen. Als einer aus dem Trio getötet wird, verdächtigt die Staatsanwältin zwei Polizisten. Harter, spannender und bewegender Fall mit klasse Hauptdarstellern, aber auch einigen Schwächen wie den dürftig gezeichneten Täter-Figuren. Regisseur Andreas Herzog und Drehbuchautor Robert Hummel rücken wie in „Gegen die Angst“ den mühsamen Kampf von Polizei und Justiz gegen die Organisierte Kriminalität in den Mittelpunkt.
Soll einem Menschen, der nicht todkrank ist, aber unbedingt sterben möchte, das tödliche Medikament verabreicht werden? Nach „Terror“ aus dem Jahre 2016 dreht sich Ferdinand von Schirachs zweites interaktives Drama um das Thema Sterbehilfe. Nur wenige Wochen nach den Theater-Uraufführungen in Berlin und Düsseldorf präsentiert die ARD „GOTT von Ferdinand von Schirach“ (Degeto / Moovie) bereits als Fernsehinszenierung, samt anschließender Abstimmung und „Hart aber fair“-Talk. Was für Dialoge: Das Wort steht über allem und entfaltet eine Spannung aus sich heraus. Die erstklassige Besetzung und das Vergnügen am gelehrten Schlagabtausch kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Film auch einige Schwächen hat. Lars Kraume inszeniert die Sitzung des Deutschen Ethikrats erneut wie eine Gerichtsverhandlung, statt eine neue, angemessenere Form zu finden. Und der konkrete Fall um den 78-jährigen Witwer Richard Gärtner gerät über weite Strecken zur Nebensache. Dennoch bleibt das Verdienst der Fernsehbearbeitung, ein breites Publikum mit grundsätzlichen ethischen Fragen zu konfrontieren. Aus dem Ringen um eine eigene Haltung kann ein tieferes Verständnis für die verschiedenen Dimensionen des Themas wachsen.
Er wollte den Muff aus den Elternschlafzimmern vertreiben, vor allem Frauen wollte er Mut und Lust machen. Doch mit seinen Idealen von der “freien Liebe” geriet Oswalt Kolle in den 60er Jahren zwischen alle Stühle. Die Konservativen drohten mit Zuchthaus, die FSK setzte seine Filme nicht nur einmal auf den Index, und von der studentischen Linken wurde der “Liebeslehrer der Nation” nur verlacht. Stoff genug für ein Biopic. Doch Eva und Volker A. Zahn entschieden sich, das soziale Phänomen “Kolle” vor allem am Privaten festzumachen. Ein bisschen Ironie ist auch dabei, aber noch mehr Flower-Power-Pop-Nostalgie.
Im zweiten „Fall für Conti“ (ZDF, Arte / Letterbox) verteidigt die Anwältin einen Bigamisten, der angeblich aus finanzieller Not ein Bankschließfach geknackt hat. Die Strategie der Juristin, ihren Mandanten eine rührselige Geschichte erzählen zu lassen, geht auf; aber Conti hat nicht mit der Hartnäckigkeit der jungen Staatsanwältin gerechnet. Der erste Film mit Désirée Nosbusch als gestrauchelte Star-Anwältin hatte gewisse Schwächen. Auch der zweite ist nicht rundum gelungen, allerdings deutlich besser. Die Geschichte (Buch: Lukas Thiem) ist ohnehin interessant, aber sehenswert ist „Spieler“ vor allem wegen des Titeldarstellers: Die Rolle gibt Mark Waschke die Gelegenheit, einen Mann mit vielen Gesichtern zu verkörpern.
Der nächste von Schirach ist ein zwiespältiges TV-Experiment zum Thema Menschenwürde, Folter und Rechtsstaat: In „Feinde“ wird die Tochter einer wohlhabenden Familie entführt. Der Kommissar foltert den Verdächtigen, um den Aufenthaltsort des Mädchens zu erfahren, und wird später im Prozess gegen den mutmaßlichen Täter vom Verteidiger ins Kreuzverhör vernommen. Die an den Fall des 2002 getöteten Jakob von Metzler angelehnte Handlung ist in „Ferdinand von Schirach – Feinde“ (Degeto / Moovie) Grundlage für eine ungewöhnliche Programmierung: Das Publikum hat die Wahl aus zwei Filmen („Gegen die Zeit“ und „Das Geständnis“), die in umgekehrter Reihenfolge im Ersten, bei One sowie in allen Dritten parallel ausgestrahlt werden. Der eine nimmt die Perspektive des Kommissars, der andere die des Strafverteidigers ein – ohne allerdings den Kern der Geschichte zu verändern. Spannend ist „Feinde“ vor allem als packendes Gerichtsdrama mit einer bemerkenswerten Besetzung (Klaus Maria Brandauer, Bjarne Mädel). Auch taugt es als filmisches Lehrstück, denn hier lässt sich studieren, wie textgleiche Szenen durch eine unterschiedliche Kameraführung und Bildgestaltung in ihrer Emotionalität und Aussagekraft beeinflusst werden. Dennoch erscheint es nicht angemessen, die sogenannte „Rettungs-Folter“ mit dieser Wucht in nahezu sämtlichen ARD-Programmen zu thematisieren. Und gerade weil „Feinde“ auch in der TV-Fassung ein Plädoyer für den Rechtsstaat und die unveräußerlichen Grundrechte sein will, ist es ein Fehler, der Perspektive des Opfers und seiner Angehörigen so wenig Raum zu geben.
Kreuzberg hat einen neuen Liebling! Und damit die Neuauflage von „Liebling Kreuzberg“ (1986 bis 1998) auch die Fans der Kultserie anspricht, wirkt sogar der Titelheld mit, wenn auch nicht leibhaftig, schließlich ist Manfred Krug 2016 gestorben: Enkelin Lisa Liebling (Luise von Finck) kommt frisch von der Uni, möchte die Kanzlei wieder zu einer Anlaufstelle für sozial Benachteiligte machen und sucht regelmäßig Rat in den Diktatkassetten ihres geliebten Opas. Die Kombination mit Gabriela Maria Schmeide als Seniorpartnerin funktioniert prima, die juristischen Fälle sind gerade wegen ihres doppelten Bodens interessant; die Inszenierung ist allerdings recht konservativ, im Stile des 90er-Jahre-Klassikers.
Wenn ein Film vom Ende her betrachtet plötzlich in einem ganz anderen Licht erscheint, mögen sich Manche betrogen fühlen; man kann aber auch, wie in diesem Fall, die Raffinesse des Autors bewundern. In seinem dritten Drehbuch für die Reihe „Klara Sonntag“ (Degeto / Gaumont) mit Mariele Millowitsch als Bewährungshelferin erzählt Sebastian Orlac von einem Wiedersehen nach 30 Jahren: Ein Anlagebetrüger entpuppt sich als Klaras Jugendliebe „Struppi“. Prompt flammen die alten Gefühle wieder auf; bis sie ahnt, dass der mit Tim Bergmann perfekt besetzte Schwindler ein Geheimnis hütet. Ein zweiter Handlungsstrang gilt Klaras Kollegin (Thelma Buabeng): Ausgerechnet die afrodeutsche Biggy muss sich eines Rassisten (Vörtler) annehmen. Regisseur Josh Broecker hat dafür gesorgt, dass der Tonfall des Films trotz der Themen Spielsucht und Volksverhetzung tendenziell heiter bleibt.
In ihrer Rolle als Bewährungshelferin bedient Mariele Millowitsch einmal mehr das Bild der aufrechten, engagierten Frau im Dienst der Gesellschaft. Schlagfertig, spitzzüngig, patent, pragmatisch, eine Frau mitten im Leben, ebenso streng wie fürsorglich, aber nie penetrant gutmenschelnd und keineswegs immer politisch korrekt. Besonders angenehm an der neuen ARD-Reihe „Klara Sonntag“ (Degeto / Gaumont) ist, dass sie über die persönlichen Selbstfindungsgeschichten hinausgeht und ein Stück weit Moral und soziales Gewissen in den narrativen Fokus rückt. Die Tonlage ist ein Mix aus problemhaltigen Themen & Gute-Laune-Nummern, wie sie für Millowitsch, diese Volksschauspielerin im besten Sinne, typisch sind. Das Ernsthafte und das Komödiantische, das Schwere und das Leichte verbindet „Kleine Fische, große Fische“, so der Titel der Auftakt-Episode, auf launig-frische Weise. Dafür sorgt ein gut strukturiertes Drehbuch und die Regie vom Dramedy-Experten Oliver Schmitz.
Auch wenn die elternlos aufgewachsene Bewährungshelferin nach über fünf Jahrzehnten etwas über ihre Herkunft erfährt, ist sie mit ihrer Vergangenheit längst nicht im Reinen. Zu hören, dass ihre Eltern einen Raubüberfall verübt haben, bei dem die Mutter ums Leben kam und der Vater einen Wachmann erschoss, was für die Heldin Kinderheim bedeutete, das ist keineswegs heilsam. Dagegen scheint die Betreuung einer jungen Mutter, die ihrem Freund zuliebe Drogenkurierdienste übernahm, problemlos zu sein. Das vermeintliche Probewohnen bei ihrer langjährigen, geheimen Affäre nimmt dagegen einen nicht so glücklichen Verlauf. „Klara Sonntag“ (Gaumont) geht in die zweite Runde – etwas weniger komödiantisch, aber dank der lockeren Dialogwechsel und der Schlagfertigkeit der Hauptfigur nicht weniger unterhaltsam als der Einstand. Die etwas andere ARD-Helferinnen-Reihe ist ganz auf Mariele Millowitsch zugeschnitten: Ihre Figur ist eine Frau, auf die man sich verlassen kann, die jedoch Ecken, Kanten und schicksalhafte Lebenserfahrungen mitbringt. Eine sympathische Frau, aber kein moralisierender Gutmensch. Entsprechend spielt die Kölnerin ihre Rolle nicht gefällig, sondern lebensklug – und immer mit einem feinen Gefühl für Distanz.
In „Vergebung oder Rache“, dem dritten Film der ZDF-Reihe „Lena Fauch“ geht es um Trauer, Schuldgefühle und den Wunsch nach Rache. Die Polizei-Seelsorgerin steht einem Ehepaar zur Seite, das ihre 19-jährige Tochter bei einem Tötungsdelikt verlor. Autor und Regisseur Johannes Fabrick erzählt in einer Mischung aus Gerichts- und Psychodrama eindrucksvoll vom Schmerz der Angehörigen und von der schwierigen Suche nach Gerechtigkeit. Starkes Buch, überzeugende Darsteller. Veronica Ferres tritt mit verändertem Aussehen vor die Kamera, doch der Titelfigur mangelt es an Konturen und Tiefe.
Der vielseitige und vielfach ausgezeichnete Regisseur und Autor Andres Veiel („Black Box BRD“, „Wer wenn nicht wir“, „Beuys“) rechnet in einem Gerichtsdrama mit der Klimapolitik der Regierungen Schröder und Merkel ab: In „Ökozid“ wird die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2034 von 31 Staaten vor dem Internationalen Strafgerichtshof auf Schadensersatz verklagt. Das Zukunftsszenario denkt die gegenwärtige Klima-Debatte weiter, bleibt aber als fiktionale Inszenierung hölzern. Viele Zahlen und Zitate, doch nur wenige wirklich packenden Kreuzverhöre und Dialoge. Trotz verschiedener Katastrophen, die am Rande des Tribunals die Folgen des Klimawandels vor Augen führen sollen, und einer erstklassigen Besetzung (Selge, Tukur, Kunzendorf) mangelt es dem Film an einer emotional berührenden Geschichte im Zentrum. Statt dieses etwas sterilen Lehrstücks aus der Zukunft wäre ein Dokumentarfilm zur deutschen Klimapolitik – zumal von Andres Veiel – sicherlich spannender gewesen.