Eine turbulente, schrecklich komische, auf liebenswerte Weise anstrengende Familie, das sind „Die Zweiflers“ (ARD Degeto, HR / Turbokultur) aus Frankfurt am Main. Der Sechsteiler über den „Delikatessen-König“ Zweifler und die großen und kleinen Dramen seiner jüdischen Familie, bestehend aus Holocaust-Überlebenden, ihren Kindern und Enkelkindern, ist erstklassiges Serienfernsehen aus Deutschland – sorgfältig, authentisch und ausgesprochen unterhaltsam. Showrunner David Hadda, Produzent der mit einem Grimme-Preis ausgezeichneten „Freitagnacht Jews“ (WDR), gelingt es, aus der Perspektive mehrerer Generationen humorvoll und schonungslos, differenziert und sinnlich (das Essen!) von kulturellen Identitäten, von Religion und Tradition zu erzählen. Zugleich geht es um Themen, die in allen Familien eine Rolle spielen: um Eheprobleme und eine neue Liebe, um Geburt und Tod, um Konflikte zwischen Eltern und ihren Kindern. Die Regisseurinnen Anja Marquardt und Clara Zoe My-Linh von Arnim sorgen für Tempo, Spannung und die richtige Balance aus pointierter Komödie und emotionalem Drama. Hier stimmt das ganze Paket, die Vielfalt an tollen Figuren, der großartige Cast, Bildgestaltung, Szenenbild, Musik. „Die Zweiflers“ sind angesichts des grassierenden Antisemitismus hoch relevant, aber ganz unabhängig von aktuellen gesellschaftlichen Stimmungen wahrlich eine Fernseh-Delikatesse, die in diesem Jahr beim Festival Canneseries auch als beste Serie ausgezeichnet wurde.
Ein Mitschüler kommt an ein intimes Video von Filmfreak Jakob. Die Hormone laufen Amok. Er weiß, was sich mit dem „Material“ alles machen lässt. Die Kamera, die dem 15-Jährigen die „böse Welt“ auf Distanz hielt, wird Jakobs größter Feind. „Homevideo“ erzählt von medialem Mobbing und einer Form der Mediatisierung von Wirklichkeit, die „wertvolle“ Sozialpraktiken schleichend verändert. Der Film erzählt aus der Opfer-Perspektive. Darüber, was den Jugendlichen im Film fehlt, Empathie, wird der Zuschauer in die Geschichte hineingezogen. Diese Tragödie konsequent subjektiv zu erzählen, nicht vornehmlich einen sozialkritischen Diskurs zu führen und ebenso auf eine genrehafte Zuspitzung zu verzichten – das macht „Homevideo“ eine Spur radikaler als „Wut“ oder „Ihr könnt euch niemals sicher sein“.
Aus der vermeintlichen sozialsatirischen Zeitgeist-Komödie ist über die Jahre ein Lehrstück über menschliche Dekadenz & zynische Medienmacht geworden. „Kir Royal“ schafft Minaturen der Comédie humaine und die Serie ist nicht deshalb ein Klassiker, weil sie 1986 den Grimme-Preis bekam, sondern weil sie jedem Jahrzehnt eine etwas andere Lesart ermöglicht: eine gesellschaftskritische, eine beziehungsorientierte, eine emanzipatorische, eine fernsehästhetische. tittelbach.tv zeigt, was man über „Kir Royal“ wissen & lesen sollte.
Eine Berliner Tanzschule, vier Frauen, eine Bruchstelle gelebter Geschichte: Zwei Lebensentwürfe prallen Mitte der 1950er Jahre aufeinander – das Wirtschaftswunder beschleunigt das Vergessen der Kriegsgeneration, der Rock’n’Roll beflügelt das Freiheitsbedürfnis der Jugend. „Ku’damm 56“ nimmt den Zuschauer in ein prüdes Jahrzehnt der Zwänge und der vorgestrigen Gesetze mit – und treibt die Heldin zu neuen Ufern. Der Backfisch tanzt sich frei, die Schwestern heiraten sich hoch und die verhärmte Mutter tanzt auf den Trümmern der braunen Geschichte. Es ist das Nebeneinander von Großem und Kleinem, dem Horizont der Zeit und dem gelebten Alltag, das den besonderen Reiz des ZDF-Dreiteilers ausmacht. Geschichte wird erlebt. Das ist vorbildliches Fernsehen: klug geschrieben, realistisch, überhöht, sinnlich & stilvoll inszeniert. Ein großes Vergnügen!
Berlin 1959, die Schöllack-Töchter sind erwachsen geworden und immer öfter unzufrieden mit ihrem Leben. Mutter Caterina dagegen geht es gut: zwei Mädels komfortabel unter die Haube gebracht, die dritte steht am vielversprechenden Beginn einer großen Karriere, sie ist deren Managerin und dazu noch in einen Regisseur verliebt. Die Geschichte von „Ku’damm 59“ (ZDF / UFA Fiction) schließt nahtlos an „Ku’damm 56“ an. Die Dramaturgie ist vorzüglich, die filmische Ausführung perfekt, die Wirkung mitreißend: Schweres und Leichtes werden harmonisch miteinander verwoben. Der Dreiteiler von Sven Bohse nach dem lebensklugen Drehbuch von Annette Hess lässt Umgangsstil, Musik, Look & Design jener Jahre wiederauferstehen, schließt das gesellschaftliche Über-Ich mit dem gelebten Alltag kurz, erzählt davon, wie schwer es für Frauen damals war, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, und bringt alles in eine geschmeidige, elegante Form. Fazit: ein sinnliches, nahezu perfekt erzähltes, spannendes, wunderbar gespieltes, thematisch dichtes Best of the late Fifties.
Über 300.000 Menschen sind am 28. August 1988 in die US Air Base ins rheinlandpfälzische Ramstein gekommen. Die Flugschau mit Vorführungen internationaler Militärstaffeln sollte ein großes Volksfest werden. Am Ende starben 70 Menschen und mehr als tausend wurden (schwer) verletzt. In „Ramstein – Das durchstoßene Herz“ (SWR / FFP New Media) geht es weniger um die grauenvollen Ereignisse am Unglückstag als vielmehr um die Aufarbeitung der Umstände, die zur Katastrophe geführt haben, und um die psychologischen Folgen für die Opfer. „Ich hoffe auf eine kritische Analyse dieses Vorfalls, damit man daraus lernen kann.“ Dieser Satz eines Arztes im Film spiegelt die Haltung von Autor Holger Karsten Schmidt und Regisseur Kai Wessel wider. Sprache als Mitteilungsmedium (im Gegensatz zum ästhetischen Medium) wird hier vorzüglich eingesetzt. Die Darsteller beleben das Ganze mit realistischem Spiel, und die Zeitebenen werden ungekünstelt und gut verständlich miteinander verschränkt. „Ramstein – Das durchstoßene Herz“ ist ein Paradebeispiel eines dichten, kompakten, von jeder Zufälligkeit befreiten Einzelstücks. Und so ist dieses zeitgeschichtliche Drama nicht nur der bisher beste 90-Minüter in diesem Jahr, sondern auch eine Produktion, die den etwas ins Hintertreffen geratenen Fernsehfilmmachern aufzeigt, wie es (weiter)gehen kann.
Das Beeindruckendste an diesem „Tatort“ ist die Intelligenz und Sensibilität, mit der sich Dominik Graf dem Thema Kindesmissbrauch nähert. Jenseits eines naturalistischen Ausländer-Dramas kehrt der Krimi mit seinen oft bizarren Dialogen immer wieder zum menschenunwürdigen Thaifrauen-Leasing deutscher Eheinstitute zurück. Graf sucht nicht den Konsens, sondern eine starke Geschichte. „Wenn ich 90 Minuten große Kinderaugen, böse Erwachsene & ratlose Polizisten sehe, dann tue ich dem Thema keinen Gefallen.“
Batic und Leitmayr alias Nemec und Wachtveitl sahen jung und fesch aus vor 15 Jahren in diesem außergewöhnlichen „Tatort“. Weniger die visuellen Gimmicks stechen heute ins Auge. Mehr ist es die Seltsamkeit einiger Szenen: die Verfemdung und Befremdlichkeit. Dominik Grafs Distanzierungsstrategien sind ästhetisch das Auffälligste in „Frau Bu lacht“ – vor allem weil sich in den letzten Jahren ein anderer TV-Movie-Code herausgebildet hat.
Ein Obdachloser ist in der U-Bahn getötet worden. Drei Jugendliche waren an der Tat beteiligt. Die Eltern sind ratlos. Wie sollen sie mit dem Vorfall umgehen? Vertuschen oder zur Polizei gehen? Und was ist überhaupt genau passiert? Der Fernsehfilm „Totgeschwiegen“ (ZDF / Studio.TV.Film) erzählt von fünf Erwachsenen, die hin- und hergerissen sind zwischen der Liebe zum eigenen Kind und ihrem gesellschaftlichen Gewissen. Und die Kids? Empathie Fehlanzeige, aber sind sie deshalb gleich Monster? Der Zuschauer ist gefordert bei dem Film von Franziska Schlotterer & Ko-Autorin Gwendolyn Bellmann. Es ist unmöglich, sich bei dieser Geschichte entrüstet auf eine moralische Position zurückzuziehen und so zu tun, als ginge einen der Konflikt nichts an. Dafür besitzt die Handlung nicht nur für Eltern ein zu hohes Identifikationspotenzial. Dafür wirken die Charaktere zu sehr wie echte Menschen. Dafür agieren die Schauspieler mit ihren alltagsnahen Dialogen viel zu realistisch. Und dafür sind auch Dramaturgie & Filmsprache zu überzeugend. Eines der Highlights des Jahres!
Vierzig Jahre nach der Verfilmung des Christiane-F.-Buchs „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ erzählen Autorin Annette Hess und Regisseur Philipp Kadelbach die Geschichte ein zweites Mal; aber völlig anders. Im Gegensatz zu dem Film, der 1981 fünf Millionen Zuschauer hatte, steht in der Serie (Amazon, Constantin) nicht allein die von Jana McKinnon eindrucksvoll glaubwürdig verkörperte Titelfigur im Mittelpunkt, sondern ihre gesamte Clique. Auf diese Weise entwickelt sich ein soziales Kaleidoskop, denn der Einstieg in die Drogenkarriere hat unterschiedliche Gründe. Die besondere Faszination der acht Folgen liegt in der Zeitlosigkeit der Umsetzung: Auf den ersten Blick wirken die Bilder wie die späten Siebziger, aber Sprache und Musik klingen nach Gegenwart. Außerdem hat Hess die Serie als düsteres Märchen konzipiert. Kadelbach setzt daher mehrfach optische Kontrapunkte, die der Geschichte einen surrealen Anstrich geben. Einige dieser Bilder brennen sich förmlich ins Gedächtnis ein.
Zwei Dinge eint sechs Männer um die 30: sie wissen nicht, was sie wollen und sie sind Anhänger von Eintracht Braunschweig, einem Verein, der schon bessere Zeiten gesehen hat. Sechs tickende Zeitbomben, sechs manische Männer, die nach dem Motto leben: „Ich hau drauf, also bin ich!“ – das sind die „Triebkräfte“ von „66/67 – Fairplay war gestern“ von Carsten Ludwig und Jan Christoph Glaser („1. Mai“). Der Film ist schnell, dynamisch, psychologisch präzise, ein schmutziger, kleiner Film mit Hang zum Exzessiven. Großartig: Hinrichs und Bach. Ein Hauch Scorsese weht durch die Braunschweiger Szene.
Ein junger Flüchtling aus Mali bringt Bewegung in das erstarrte Verhältnis zwischen einem Polizisten und dessen Vater. Feo Aladag erzählt in „Der Andere“ ein bewegendes Familiendrama, geradlinig und realitätsnah, ohne übertriebenes Pathos und ohne falsche Romantik. Der Film mit drei großartigen Darstellern in den Hauptrollen (Milan Peschel, Jesper Christensen und der Laien-Schauspieler Nama Traore) ist ein Glücksfall für das ZDF-„Fernsehspiel der Woche“: Wo sich seit einigen Jahren zunehmend Krimi-Routine ausgebreitet hat, sticht dieser gesellschaftspolitisch ambitionierte Stoff deutlich hervor.
Die 1980er Jahre als das Jahrzehnt von Simulation & Mode: das Leben eine Inszenierung, Kommunikation ein Rollenspiel, ein Tanz der Zeichen – und mittendrin ein Prominenter, der das alles verkörpert. Alexander Adolph liest die Biographie von Rudolph Moshammer gegen den Strich der TV-Konvention, schlachtet weder Tod noch Trieb des exzentrischen Modemachers aus, sondern entwickelt ein Zeitgeist-nahes Psychogramm seines Helden, indem er das Wesen jenes Jahrzehnts, jene Jubeljahre eines obszönen Kapitalismus‘, sich in der Geschichte und dem klug reduzierten Personal spiegeln lässt. Und so ist „Der große Rudolph“ (ARD / Producers at work) eine fein ziselierte, köstlich gespielte, wunderbar wendungsreiche Gesellschafts-Satire geworden in der Tradition von Wedel & Dietl, mit dem Unterschied, dass Adolph, keinen figurenintensiven Zeithorizont entwickelt, sondern lieber im Detail das Wesen jener postmodern-narzisstischen Epoche (die nachwirkt) in seine Tragikomödie einarbeitet. Eine Aschenputtelfigur gibt es auch noch. Das wirkt klein und ist doch großes Fernsehen.
Ralf Husmann hat nach „Vorsicht vor Leuten“ mit dem Fernsehfilm „Der König von Köln“ (WDR / Zeitsprung Pictures, Dreamtool Entertainment) mal wieder eine Gesellschaftssatire allererster Güte geschrieben. „Politik heißt, alles so lange im Ungefähren zu halten, bis es nicht mehr zu ändern ist.“ Wie das System aus Gefälligkeiten und gezieltem Wegschauen funktioniert, das führt der Autor an der Geschichte eines an sich moralischen Mannes vor, der etwas blauäugig in den Strudel der Korruption gerissen wird. Auch sein ehemaliger Chef hatte einst Bedenken – „aber gegen den Zweifel hat der liebe Gott das Kölsch erfunden.“ Die Einzeiler sitzen, alle Charaktere dieses durchweg wunderbar besetzten Ensemblefilms haben eine eigene Note und eine spezielle Humor-Tonlage. Husmanns induktive Dramaturgie und seine satirische Handschrift ohne jede Didaktik gehören zum Qualitätskonzept dieses Films, genauso wie der stimmige, mit der Handlung korrespondierende kölsche Soundtrack, Richard Hubers flüssige Inszenierung und seine Schauspielerführung, die trotz der unterschiedlichen Figurenfarben (es gibt schließlich auch zwei ehrenwerte Figuren) diese ARD-Komödie zu einem stimmigen Ganzen macht. Ein seltener Lichtblick in Zeiten des Krimi-Wahnsinns.
Zum Glück haben sich die Verantwortlichen von „Faking Hitler“ (RTL / UFA) gar nicht erst an einem Remake von Helmut Dietls Klassiker „Schtonk!“ (1992) versucht. Das hätte nur schief gehen können: Die überdrehte Mediensatire war viel zu sehr ein Produkt ihrer Zeit. Tommy Wosch (Chefautor und Produzent) hat sogar konsequent darauf verzichtet, aus der Fälschung der Hitler-Tagebücher eine Komödie zu machen; die wahre Geschichte ist ohnehin absurd genug. Auf diese Weise kommen auch die aktuellen Bezüge („Fake News“, Wettlauf der Medien um Aufmerksamkeit, Verharmlosung des Nationalsozialismus) viel stärker zum Tragen. Herausragend und unbedingt sehenswert neben Kostüm und Ausstattung ist das Ensemble, allen voran Moritz Bleibtreu als Schlawiner, der Sammler von NS-Devotionalien übers Ohr haut, und Lars Eidinger als Getriebener in eigener Sache. Außerdem hat Wosch das Duo um eine wichtige Frauenfigur ergänzt: Eine junge Journalistin, gespielt von Sinje Irslinger, ist die einzige Figur mit moralischem Kompass. TV-Premiere auf RTL+.
Franz, ein 17jähriger Einzelgänger, hat sich schockverliebt. Ausgerechnet in die hübsche, so tough wirkende Zoe. Alle in Franzens Familie sind begeistert von ihr. Doch dann kommt der sensible junge Mann dem Geheimnis seiner Liebsten rausch- und schmerzhaft auf die Spur…. „Flunkyball“ (ARD / Hager Moss Film) ist ein Coming-of-age-Drama, ein Film über Liebesleid, Süchte, Sehnsüchte und die verschiedenen Arten damit umzugehen. Von Autor-Regisseur Alexander Adolph wird dabei der soziale Blick mitgedacht, beiläufig, aber entscheidend für die Qualität dieses Fernsehfilms. Auch dem Publikum hält der zweifache Grimme-Preisträger den Spiegel vor. Was begrüßt die am Tropf des Kommerzes hängende Gesellschaft mit einem Lächeln und was passt nicht in ihr aufgeräumtes Weltbild? Flunkyball, das titelgebende, als cool geltende Gesellschaftstrinkspiel der Generationen Y und Z steht bei Adolph Pate für diese Gedanken. Ein wilder, feinfühliger, energetischer Film.
Eine Ehefrau plant Rache. Sie begeht Selbstmord, rennt ins Auto ihres Mannes. Den möchte sie für die Nachwelt zum Mörder stempeln. Der aber nimmt den besten Anwalt – und so stehen trotz des belastenden Tagebuchs der Toten die Karten nicht schlecht für den Angeklagten… „Freier Fall“ ist ein perfektes Psychokammerspiel: Das Drehbuch nach dem Roman von Bernd Sülzer ist psychologisch präzise, dicht und dramaturgisch intelligent ausbalanciert zwischen kurzen, hingetuschten Szenen und langen, intensiven Zwiegesprächen. Keine beliebigen Motive, keine losen Handlungsfäden – alles fügt sich. Die Sprache, von der der Film weitgehend getragen wird, ist kompakt & stilisiert. Grimme-Preis-gekrönt!
Das Geiseldrama, das im August 1988 bei einem Banküberfall in Gladbeck seinen Anfang nahm, als atemberaubender Thriller: Das ständige Auf und Ab in jenen 54 Stunden, die Nervosität, Angst und Verunsicherung, die Momente der Hoffnung auf einen guten Ausgang – all das wird in „Gladbeck“ (Degeto, SR / Ziegler Film) ungemein dicht und intensiv erzählt. Im Mittelpunkt der akribisch recherchierten Chronologie stehen das Versagen von Polizei und Medien, die das Verbrechen zu einem zynischen Live-Schauspiel machten. Die Täter Hans-Jürgen Rösner und Dieter Degowski, von Sascha Alexander Geršak und Alexander Scheer verblüffend genau verkörpert, bleiben auf das Notwendige reduziert. Dafür wird das Leid der Angehörigen der erschossenen Silke Bischoff und Emanuele di Giorgi mit in den Blickpunkt gerückt. Herausragend auch das Szenenbild, das die 1980er Jahre wieder aufleben lässt.
Die Saga der West-Berliner Tanzschul-Familie Schöllack geht in „Ku’damm 63“ (ZDF / Ufa Fiction) nach bewährtem Muster in die dritte Staffel. Die drei sehr verschiedenen Töchter ringen um ihre Eigenständigkeit und mit ihren Ehemännern. Mutter Caterina (ein Ereignis für sich: Claudia Michelsen als Anti-Heldin) klammert sich an die alten Werte und mischt sich weiter munter ein. Zu Beginn der 1960er Jahre bricht die bürgerliche Enge zwar weiter auf, was sich farbenfroh und unterhaltsam in Ausstattung und Musik niederschlägt. Doch auch Antisemitismus und die Verfolgung Homosexueller sind wichtige Handlungsstränge, Mauerbau und deutsche Teilung dagegen nur Randthemen. Mit bemerkenswerter Leichtigkeit verbindet die Serie emotionales Drama mit gesellschaftskritischen Zwischentönen und emanzipatorischem Anspruch: pralles, gefälliges Unterhaltungsfernsehen mit Niveau.
Unterbezahlte Streifenbullen, Rotlichtmilieu, Transgender-Alltag – auch das ist München. In diesem Milieu muss der blaublütige Preuße Hanns von Meuffels gegen die eigenen Kollegen ermitteln. Auch der fünfte „Polizeiruf 110“ mit Matthias Brandt ist wieder ein ganz besonderer Film. „Der Tod macht Engel aus uns allen“ ist ein diffiziler Ermittlungskrimi, ein rasant-realistisches Drama, ein wuchtiger Polizeifilm und ein Stadtporträt, das sich dem Bodensatz der Münchner Gesellschaft widmet. Die Stadt pulsiert, der Verkehr lärmt, der Alltag nervt, der adlige Held flucht heftiger als Schimanski und doch gibt es für eine Person Hoffnung.