Ein Zufall spielt Schicksal. Nachdem Mads (Sebastian Ströbel) erst seine Lebenspartnerin und dann jede Lebensfreude verloren hat, läuft ihm wie aus heiterem Himmel seine Sandkastenliebe René (Franziska Wulf) wieder über den Weg. Sie waren 25 Jahre beste Freunde. Zwei für die Ewigkeit, dachten alle, nicht nur Renés Vater (Jürgen Heinrich). Doch seine Tochter zog es in die weite Welt. Jetzt haben sie sich wiedergefunden – beide solo, sie, alleinerziehend, selbstständig und knapp bei Kasse, er, ein Architekt in einer doppelten Sinnkrise, der in einer traurigen Traumwohnung vor sich hinvegetiert. Was also liegt näher als zusammenzuziehen? Bald sind Mads, René und deren beiden Kids, Lola (Thurid Charlotte Funck) und Oscar (Thias Josef Dertinger), ein eingespieltes Team. Für den Trauernden ist diese Familie die beste Therapie – und trotz Doppelbelastung scheint auch René absolut glücklich zu sein. Das Einzige, was nach einem Jahr dann doch irgendwie fehlt, ist der Sex. Und so beschließen sie, mehr so im Flachs, den anderen verkuppeln zu wollen. Auf einer Architektenparty soll das Glück geschmiedet werden – und es klappt: bei Mads jedenfalls. Der verliebt sich dank René in Eva (Marie Burchard). Die ist zwar nicht abgeneigt, hat aber andere Pläne. Und dann bedroht ein ärztlicher Befund auch noch das Patchwork-Family-Hochgefühl.
Foto: Degeto / Wolfgang Ennenbach
„Die Beste zum Schluss“ tritt höchst charmant – sprich: ohne ideologisch sein zu wollen – den Beweis an, dass Männer und Frauen eben doch nur Freunde sein können. Der Fernsehfilm von Markus Sehr basiert auf dem gleichnamigen Roman von Michel Birbaek. Der Autor, einst Rockmusiker, Serien-, Comedy- und Gagschreiber, hat selbst das Drehbuch geschrieben. Und dem ist – im besten Sinne – die literarische Vorlage anzumerken: Die Geschichte besitzt sehr viel mehr Tiefe als eine klassische romantische Komödie und ist auch nicht mit den seriell angelegten Dramedys auf dem ARD-Sendeplatz am Freitag zu vergleichen, die in die Breite erzählt werden und es in der Regel mehr mit Themen und vordergründigen Problemen als mit Wahrheit und Lebensphilosophie zu tun haben. Der 90-Minüter hält sich auch nicht sklavisch an die typische Plot-Point-Struktur. Das, was erzählt wird, ist wichtiger als die Dramaturgie. Und wie es im Detail erzählt wird, das macht von Beginn an Laune. Die Sprache ist alltagsnah, zugleich lakonisch und höchst pointiert. Das ist aber nicht nur für den Zuschauer unterhaltsam, das ist auch kein Widerspruch: Ironie und gegenseitiges Necken gehören einfach zu dieser Freundschaft.
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Dem Alltag etwas Grundsätzliches abzutrotzen und das Schwere mit ernsthafter Leichtigkeit zu erzählen – darin besteht die große Qualität dieses so frischen Films, der so angenehm leise und beiläufig daherkommt. Und das, obwohl die Erzähler-Gemeinplätze in der Eingangsszene eher noch skeptisch stimmen („Das Großartige am Leben ist, dass es immer weitergeht. Egal wie schlecht man sich fühlt, morgen ist immer ein neuer Tag“), ähnlich wie der belanglose „Das-Leben-geht-weiter“-Score (auch auf der Party hätte man sich einen cooleren Soundtrack gewünscht). Doch dann kommt der Film schnell zur Sache. Man sieht vier Menschen bei ihrem Leben zu, ihrer unkonventionellen Art der Liebe, ihrem Glück jenseits der Norm. Dieses Patchworkfamilien-Idyll wird zwar gelegentlich mit ikonischen Bildern Marke Rama-Familie (aus der Werbung) vermittelt, doch Illusionen sind die Sache dieses Films nicht. Vielmehr erzählen Birbaek und Sehr von einer Utopie, einer alternativen Möglichkeit des Zusammenlebens. Selten funktioniert ein Was-wäre-wenn-Szenario in einem Fernsehfilm so gut wie in „Die Beste zum Schluss“. Das liegt an der Lockerheit und unprätentiösen Art, in der hier kommuniziert und die Konvention gebrochen wird. Es liegt an den glaubwürdigen Protagonisten, denen man gern durch Höhen und Tiefen folgt und denen man nur das Beste wünscht. Und es liegt ganz besonders an den beiden Hauptdarstellern. Zwei Sympathieträger auf den ersten Blick: Sebastian Ströbel, seit über 25 Jahren viel beschäftigt im Serien- und Unterhaltungsfilmfach (zuletzt: „Herzstolpern“) und als René hinreißend, schlagfertig und spontan Franziska Wulf („Das Leben ist kein Kindergarten“, „Kommissar Dupin“), die es für weitere Hauptrollen zu entdecken gilt.
„Vielleicht verstehe ich nicht genau, wie ihr zueinandersteht“, nähert sich Renés Vater vorsichtig dem idealen Schwiegersohn. „Aber ich sehe euch zusammen. Eigentlich seid ihr eine ganz normale Familie.“ Darauf Mads: „Das wollten wir natürlich nicht. Normale Familien haben eine zu hohe Scheidungsquote.“ Der alte Herr ist nicht der Einzige, der sich wundert. Die Frage „Bist du schwul?“ stellen auch andere. Als erster der kleine Oscar. Überhaupt sind diese Wieso-und-Warum-Ausfragespielchen, in die er und seine Schwester ihren Ersatz-Papa verwickeln, sichere Quellen der Schmunzelfreude. Emotional nachhaltig sind hingegen besonders die Szenen, in denen die vertraute Beziehung, die zwischen Lola und Mads besteht, angedeutet wird. So liegt sie beispielsweise an jenem Morgen nach der schicksalhaften Party im Bett zwischen ihm und Eva. In einem Beziehungsfilm wäre das ein Fingerzeig, der ein „Drama“ nach sich ziehen könnte. In „Die Beste zum Schluss“ aber herrscht erfreulicherweise ein anderer Ton vor: „Du darfst nicht die Luft anhalten, wenn du lauschst, sonst merk’ ich, dass du wach bist“, rät Mads in dieser Szene Lola. Auch der Titel verspricht – trotz eines Schockmoments – für den Schluss nur das Beste.
Foto: Degeto / Wolfgang Ennenbach