Zuerst ein Kuss, dann ein One-Night-Stand, schließlich eine Exklusivstory. Lissie, jahrelang nur die Assistentin der Chefredakteurin, scheint es endlich geschafft zu haben – mit jenem Killerinstinkt, den ihr beim Promi-Klatschmagazin „Gossip“ keiner zugetraut hat. Anfangs war es einfach nur Glück, dass dieser charmante Paul, der ihr bei einer Party über den Weg lief und mit dem sie die Nacht verbrachte, der Verlobte der dänischen Prinzessin und Thronfolgerin Silvia ist. Das öffnet ihr die Tür zum dänischen Königshaus – vielleicht aber auch zum Herzen des Alleinerben einer Hamburger Reederei. Lissie scheint den Mann, der mit dieser Geldheirat das Familienunternehmen retten möchte, zu verachten – nach außen hin jedenfalls. Paul dagegen scheint die Interviewtermine mehr und mehr zu genießen. Als Lissie plötzlich ganz andere Herztöne bei sich vernimmt, wird dieses Gefühlsding immer komplizierter. Und dann soll sie für eine Royalty-Story auch noch nach Kopenhagen reisen…
Der Charme der Sat-1-Komödie „Herztöne“ von Sven Bohse nach dem Buch von Birgit Maiwald lässt sich nicht aus der Story erschließen: Diese folgt den Spuren einer klassischen Romantic Comedy mit den häufig verwendeten Motiven Bewährung, Sex, Untreue, Hochzeit, Schwangerschaft, Liebe. Aber wirft man einem Krimi vor, dass er auf Mord, Betrug oder die immergleichen Ermittlungstechniken setzt? Ähnlich wie die liebenswerte Heldin trotzig sagt, „Ich bin kein One-Night-Stand“, so kann man von „Herztöne“ mit Fug und Recht behaupten: „Dieses TV-Movie ist nicht die übliche Sat-1-RomCom“. Der Film setzt auf ein wunderbares Paar, besitzt eine handvoll sympathischer bis schräger Nebenfiguren, er fließt sexy mit zwar erwartbaren Wendungen dahin, ist aber zugleich mit kleinen Überraschungen und hübschen Details gespickt, die dem Ganzen einen dramaturgisch perfekten Unterboden geben. Da heuert die geerdete Heldin zwischenzeitlich beim Tiermagazin „Hund & Katz“ an, da erscheint der Bräutigam im King-Kong-Kostüm zur Hochzeit und auch das Happy End gibt sich pelzig.
Pasquale Aleardi hat das Zeug zum deutschen TV-Cary-Grant. Jennifer Ulrich ist die Karoline Herfurth der 2010er Jahre und Andrea Sawatzki als schrille Chefredakteurin darf einmal mehr der Hexe Zucker geben. Sie hat witzige Dialoge („Ein nervöser Magen erhält die Figur“) und ihr Mienenspiel ist grell und doch perfekt akzentuiert. Mirjam Weichselbraun, wahrlich keine schauspielerische Leuchte, ist ideal besetzt als dänische Prinzessin und Mira Bartuschek ist eine „beste Freundin“ mit Format. Das Wichtigste aber: „Herztöne“ meistert den Spagat des Genres, das romantische Urgefühl mit dem anarchischen Prinzip der Komödie zu verbinden. So wird am Ende selbst ein an Alzheimer erkrankter Sidekick zu einem Argument für statt gegen diesen Film, ein Film, der weder die (Gefühle der) Figuren verrät, noch alles nur weich spült. Kamera und Regie nehmen die Vorlagen von Drehbuch und Spiel auf und geben sie passgenau an den Zuschauer weiter. „Herztöne“ steckt voller kleiner und doch großartiger Bild-Ideen, ist mit sehr viel Liebe fürs Visuelle, fürs scheinbar Nebensächliche, gemacht. Ebenso sorgfältig ist der Soundtrack mit den Stimmungslagen der Figuren verwoben; das Sounddesign ist (zeitgemäß!) komödiantisch akzentuiert. Nicht nur ein Film für Komödien-Liebhaber, sondern auch eine Komödie für Filmliebhaber. (Text-Stand: 30.1.2013)