Eine deutsche Krankenschwester allein in Paris. Nachdem das mit dem romantischen Heiratsantrag nichts geworden ist, schießt Klara Müller ihren Dauerfreund in den Wind und will sich ein paar abwechslungsreiche Tage in der Stadt der Liebe machen. Ihr läuft ein gut aussehender und – wie sich herausstellen soll – stinkreicher französischer Geschäftsmann über den Weg, der sie von der Stelle weg – nein, nicht heiraten, sondern anstellen möchte für seine Mutter, die nach einer Herz-OP genau so eine wehrhafte deutsche Krankenschwester an ihrer Seite gebrauchen könnte. Paris ist teuer, also schlägt Klara ein. Zur Überraschung aller hat sie den Hausdrachen im Nu gebändigt – mit Sachverstand, guter Laune und ab und an mit einem Cognac oder einem Glas Champagner. Auch die Chemie zwischen dem sanften Chef des Hauses und der selbstbewussten Deutschen stimmt. Aber es dauert – bis die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Klara doch noch ihren Nachnamen loswerden könnte.
„Mutter hatte schon immer ein Faible für Deutschland – Goethe, Schiller, Beethoven“, schmeichelt der Franzose. „Currywurst, Sauerkraut und Sandalen mit Tennissocken“, ergänzt die forsche Deutsche und thematisiert sogleich, dass die Franzosen die Deutschen doch für ordnungsfanatische Banausen halten. Ein kurzer Schlagabtausch mit kleinen komisierten Dissonanzen – solche Situationen gibt es immer wieder in „Ein Sommer in Paris“. Die witzigen Anspielungen auf die „deutsch-französische Freundschaft“ werden zwar nicht vertieft, die ZDF-Komödie bekommt durch solche charakterstarken Szenen aber eine besondere Dichte. Das Drehbuch von Stefan Cantz und Jan Hinter, dem maßgeblich der Thiel-Börne-Witz des Münsteraner „Tatorts“ zu verdanken ist, findet eine gute Mischung aus dem Muster der traditionellen romantischen Komödie, aus Elementen der Screwball Comedy und dem deutschen TV-Rührstück – gutes Timing, Ironie & Gefühl kräftig durchgemischt.
Es ist ein gelungener Versuch, die Lindström-Gemeinde mit den „Pretty-Woman“-Fans zu versöhnen. Anica Dobra endlich mal wieder in dem Genre, in dem sie mit ihren weichen und zugleich markanten Gesichtszügen stets zu überzeugen weiß. Nicole Heesters, die Bild gewordene kluge Strenge, schafft es, die Emotionen und den Sarkasmus, die ihre Rolle nahe legt, gleichsam glaubwürdig ins romantisch-ironische Spiel zu werfen. Und Pasquale Aleardi ist die absolute Idealbesetzung für jenen charmanten Leisetreter, der ganz in der Tradition der schüchternen (Screwball-)Komödienhelden à la Henry Fonda und James Stewart steht. Da werden ganz feine Nuancen im Mienenspiel sichtbar, denn als Mann von Welt, der eigentlich ein passionierter Völkerkundler ist, darf er nie zu viel von seinen Gefühlen zeigen. Und wie Aleardi Clements große Rede hält, in der er sich zwischen Pragmatismus und Idealismus entscheiden muss, das ist Gefühlskino, wie man es selten so gut im Fernsehen sieht.
Kopf oder Herz, Intelligenz oder Klugheit, den verpassten Chancen nachweinen oder es beim zweiten Mal einfach besser machen – um diese Liebes- und Lebensweisheiten aus der Welt des Romantischen dreht sich dieses Märchen der Schönen und Reichen. Wem das nicht zu wenig ist, wer sich gerne vor dem Bildschirm intelligent wohligen Gefühlen hingibt, wer es mag, wenn sich immer wieder eine Hintertür zur Gegentonlage auftut, sich Romantik und Witz als Korrektiv begegnen, wer gerne Standbild ruft, wenn Anica Dobra für vier, fünf Sekunden von einem gelben Traum aus Chanel umflort wird oder wenn sich ihre Klara und Heesters Jeanne in magischen Großeinstellungen nahe kommen, wer also eine vorzügliche von einer durchschnittlichen Regie unterscheiden kann, wer GUTE Unterhaltung mag – der kann eigentlich nur JA sagen zu diesem wundervollen Feelgood-Movie. (Text-Stand: 15.5.2011)