Musikhistoriker Jakob steht vor dem Ruin. Um die Miete bezahlen zu können, verspricht er einem Türkpop-Label einen Sommerhit. Für den nötigen Spirit unternimmt er einen Kurztrip nach Istanbul. Ihm fehlt nur eine Bleibe. Was für ein Glück, dass ihm Didem begegnet. Sie sucht dringend eine Wohnung in Berlin, in der sie ihren türkischen Eltern die Komödie der fleißigen BWL-Studentin vorspielen kann. Sie wissen nicht, dass die Tochter ihr Geld in eine Modedesign-Ausbildung gesteckt hat. Kurzerhand machen die zwei einen Wohnungstausch. Jakob bekommt das Luxus-Domizil der türkischen Familie mit Bosporus-Blick und Didem zieht in seine Künstlerklause, die sie nur etwas türkisch umstylen muss. Alles scheint gut zu werden. Da steht plötzlich Jakob nackt in seiner Wohnung, die im Moment Didems Wohnung ist. Deren Eltern sind außer sich. Ein deutscher Freund? Wann wird geheiratet? Jakob und Didem bleibt nichts anderes übrig, als das Liebespaar zu spielen. Das fällt ihnen nicht schwer.
„Glücklicherweise liefen nahezu immer zwei Kameras gleichzeitig, wodurch wir im Hinblick auf Bewegungen und Positionen der Akteure großzügiger sein und die Szenen relativ frei laufen lassen konnten.“ (Regisseur Berno Kürten)
Soundtrack: Tarkan („Simarik“). Marga Sol („So cruel“), Ivory Joe Hunter („Since I met you baby“), Luis Hermandez („One love“)
„Wahrscheinlichkeit oder Subtilität ist nicht unbedingt das Kriterium, um diese überdrehte Sommerkomödie zu goutieren. Aber aus der Summe der leichtherzig eingesetzten Klischees entsteht doch so etwas wie Authentizität und Lebensgefühl.“ (Christina Tilmann im „Tagesspiegel“)
Gegensätze ziehen sich an im fröhlichen Kultur- und Klischee-Clash dieser wahrscheinlich besten Sat-1-Komödie, die das ZDF je produziert hat. Tim Bergmann als stocksteifer Musikwissenschaftler auf Cary Grants Spuren und Jasmin Gerats „Zitronenblüte“, randvoll mit Power, geben das Kontrast-Prinzip dieser Komödie vor: pomadiger Seitenscheitel trifft sexy Wuschelmähne. Es ist mächtig was los im deutsch-türkischen Versteckspiel, in dem es um Liebe und sonst nichts weiter geht. Aus den multikulturellen Gegensätzlichkeiten wird weniger Witz gezogen als in anderen Culture-Clash-Komödien. Das muss kein Nachteil sein.
Die Typen-Komik dominiert. Das geordnete Chaos bzw. die chaotische Ordnung (passend zum deutsch-türkischen Thema?) ist das Prinzip des Films: die dramaturgischen Bahnen sind bekannt, aber die Art und Weise, wie es zum verdienten Happy End kommt, ist verzwickter als in herkömmlichen Romantic Comedies: die Spiel- und Lügenschraube wird weiter und weiter angezogen. Einige Szenen sind angelegt als Spiel im Spiel im Spiel. Die Montage, die kleinen durchaus passenden filmsprachlichen Mätzchen und die (Türkpop-)Einlagen tragen das Übrige dazu bei, dass „Liebeskuss am Bosporus“ ein großer Spaß für Komödien-Fans ist. Der Film will – trotz seiner lustvoll eingesetzten ethnischen Klischees – nichts und erreicht doch viel: Wann wird man schon mal in bester Stimmung aus einem deutschen Fernsehfilm entlassen? Aus einem Unterhaltungsfilm am allerseltensten. (Text-Stand: 11.4.2011)