Die ernsthaften Bezüge zur DDR-Vergangenheit wurden deutlich zurückgefahren
Nachdem die ersten drei Folgen der Reihe jeweils einzeln und in einem zeitlich großen Abstand ausgestrahlt wurden, gönnen die ARD-Programmplaner der „Füchsin“ nun mal einen Doppelpack. Dennoch ist der horizontal erzählte Handlungsstrang auf ein Minimum reduziert worden, auf wenige Szenen mit Anne Marie Fuchs und ihrem Sohn Florian (Florian Bartholomäi) im Besucherraum des Gefängnisses und im Gerichtssaal. Florian hatte in der dritten Folge seinen Vater erschossen, und auch von seiner Mutter, der der Sohn in der DDR weggenommen worden war, fühlt er sich nach wie vor im Stich gelassen. Das Verhältnis ist angespannt, die „Füchsin“ will Florian, der wegen Mordes angeklagt ist, vor Gericht mit einer Falschaussage helfen. Doch das ist alles ein bisschen dünn, der Sohn erhält keine eigenständige Geschichte. Und die wenigen Rückblenden, zu Beginn der Reihe noch ein eigenes Stilelement, das auch die Traumatisierung der „Füchsin“ veranschaulichte, dienen nur noch der inhaltlichen Auffrischung und Erläuterung. Auch das Thema Überwachung wird ausschließlich komödiantisch genutzt. Fuchs‘ ehemaliger Stasi-Verbindungsoffizier Ruhleben, der als Chef eines modernen Sicherheitsunternehmens Karriere gemacht hatte und von einem imposanten Büro-Gebäude aus die Fäden zog, ist aus der Reihe verschwunden. Für die alten Verbindungen zum Stasi-Netzwerk steht nun allein der (bisher) unscheinbare Beamte Kröger (Ralf Berg), den Anne Marie Fuchs vor dem Ausgang des Düsseldorfer Innenministeriums abfängt. Auch Youssefs Laden, in dem sich immer etwas Nützliches fand, ist als Schauplatz in der Reihe nicht mehr präsent. Sieht ganz so aus, als musste gespart werden.
Foto: WDR / Martin Rottenkolber
Die Krimikomödienrituale sind gelungen – und doch mehr als Wohlfühlfernsehen
Geblieben ist das amüsante Pingpong der beiden Hauptfiguren, eingebettet in ein mittlerweile eingespieltes Ensemble. Erkennbar ist das Bemühen, der Vielfalt der Gesellschaft Rechnung zu tragen – mit einer ungewöhnlichen Frauenfigur in der Titelrolle und ihrem multikulturellen Sidekick. Und dass der Deutsch-Marokkaner Youssef und Simone (Jasmin Schwiers) ein Paar sind und ein gemeinsames Kind erwarten oder Youssefs Nichte Saida (Sara Fazilat) eine einfallsreiche Hackerin ist, wird nicht als etwas Außergewöhnliches hervorgehoben und ständig thematisiert, sondern ist einfach Normalität. Was nicht ausschließt, dass zum Beispiel kulturelle Differenzen oder gegenseitige Klischees Anlass zu humorvollen Dialogen sein können. Darüber hinaus sollte man der (in beiden Filmen hochschwangeren) Simone etwas mehr Profil wünschen, als immer nur der gut gelaunte Rückhalt Youssefs zu sein. Ihr Bistro ist immerhin Zentrum und Anlaufstelle der gemeinsamen Detektei. Zum festen Bestandteil geworden ist außerdem Kommissar Eisner (Robert Dölle), dessen vornehmliche Aufgabe es ist, zu spät zu kommen, mit den beiden vorwitzigen Privat-Ermittlern ein (recht vorhersehbares) Geplänkel auszufechten – und mit ihnen am Ende doch an einem Strang zu ziehen. Ein klassisches Komödien-Spiel, das hier routiniert und unterhaltsam funktioniert. Schön außerdem, dass sich zwischen dem Kommissar und der Füchsin eine besondere Nähe entwickelt, die auch mal eine Umarmung oder eine Ohrfeige verträgt. Reines Wohlfühlfernsehen ist „Die Füchsin“ dennoch nicht, bedenkt man das Gerichtsurteil gegen den Sohn, den die ehemalige Agentin jahrzehntelang vergeblich gesucht hatte. Aber die dunkleren, ernsten Motive wurden reduziert, womit sich „Die Füchsin“ leider von den anderen Reihen auf dem Sendeplatz am Donnerstagabend weniger deutlich abhebt.
Foto: WDR / Martin Rottenkolber
Ausbeutung in Wrap-Fabrik, eine arrangierte Hochzeit, verborgene SED-Millionen
„Im goldenen Käfig“ beginnt mit einem Überfall auf eine deutsch-marokkanische Hochzeit, bei der Bräutigam Tobias (Orestes Fiedler) von maskierten Männern niedergeschlagen und schwer verletzt wird. Jamila (Nagmeh Alaei), die Braut, ist mit Youssef verwandt und eigentlich mit Patrick liiert, dessen Leiche kurz darauf von der Füchsin und Youssef entdeckt wird. Die Hochzeit erweist sich als arrangiert, weil beide Familien geschäftlich miteinander verbunden sind. Tobias‘ Vater gehört eine Firma, die vegetarische Wraps herstellt und von Jamilas Familie mit Gemüse beliefert wird. Patrick war dort Angestellter und wollte wegen der schlechten Arbeitsbedingungen einen Betriebsrat gründen. Es ist eine ziemlich wilde, konstruierte Story um Liebe, Eifersucht, Ausbeutung und schließlich auch noch um die von der SED nach dem Mauerfall beiseite geschafften Millionen. Immerhin ist auch die Einwandererfamilie hier mal wohlhabend und betreibt nicht den typischen Gemüseladen. Und so erweist sich der Fall für die Detektive als ausgesprochen lukrativ, zumal sie nach und nach gleich von mehreren Auftraggebern verpflichtet werden. Das führt zu gewissen Spannungen, denn während Youssef Gewissensbisse hat, der eigenen Familie viel Geld abzuknöpfen, möchte die „Füchsin“, die für ihren Sohn einen guten Anwalt verpflichten will, möglichst viel Geld herausschlagen. Beide arbeiten undercover im Wrap-Betrieb, aber ohne Saida geht wieder einmal nichts. Mit einem zum ferngesteuerten Spion umgewandelten Staubsager-Roboter übertrifft sich die Hackerin selbst. Schön auch die finale Reminiszenz an Agatha Christie: In großer Runde vor allen Verdächtigen löst die Füchsin den etwas wirren Fall auf.
Foto: WDR / Martin Rottenkolber
Ausbeutung in der Modebranche, ein totes Model, der Traum von der großen Karriere
In der zweiten Episode, „Schön und tot“, tauchen die Füchsin und Youssef ins Model-Milieu ein und dürfen sich in zwei Szenen auch mal wieder verkleiden. Karim Cherif hat einen überzeugend komischen Auftritt als Eventmanager mit österreichischem Akzent, während die Figur einer bedeutenden Mode-Unternehmerin, in die sich Lina Wendel verwandelt, eher zu einer steifen Karl-Lagerfeld-Parodie gerät. Bei einer Generalprobe für eine Modenschau ist eines der allesamt aus Russland stammenden Models der Agentur von Heike Polling (Heike Trinker) erstochen worden. Neben dem Opfer waren noch zwei weitere Frauen ausgewählt worden, um am finalen Casting für einen der begehrten Plätze in der Fernsehshow „Jung und schön“ teilzunehmen. Darunter auch die beste Freundin des Opfers, Nastja (Lola Fuchs), die die Tat beobachtet und die Detektive beauftragt hat. Wie alle anderen Frauen träumt sie von einer großen Karriere auf dem Laufsteg, wird nun aber miserabel behandelt und bezahlt. Bizarrer „Höhepunkt“ ist die Show in einem Autohaus. Die Models dienen dort in knappen Bikinis als sexy-schmückendes Beiwerk für ein neues Automodell. Und der als Moderator fungierende Verkäufer bringt es tatsächlich fertig, jeden Satz mit einer anzüglichen Bemerkung zu garnieren. Das ist zwar ausgesprochen plakativ inszeniert, aber die Penetranz des schmierigen Verkäufers und der grinsenden Kunden lässt vielleicht auch den letzten Mann erahnen, wie sich eine solche Herabwürdigung anfühlt. Passend zur #MeToo-Debatte gibt es eine weitere Szene, in der sich Nastja eines sexuellen Übergriffs erwehren muss. Krimis im Mode-Milieu sind nun weder neu noch ist der Fall hier besonders originell, aber man kann der Inszenierung von Sabine Derflinger nicht vorwerfen, voyeuristische Neigungen zu bedienen. Die Füchsin und Youssef sind natürlich der Polizei immer einen Schritt voraus, aber viel Honorar ist diesmal nicht zu holen, was der gutmütige Youssef lieber verschweigt. Die Füchsin wiederum wird mit einem Bestechungsversuch auf die Probe gestellt. „Schön und tot“ bietet leichten Krimispaß mit einem Hauch Gesellschaftskritik. (Text-Stand: 29.9.2019)