Im dritten Teil der „Füchsin“-Reihe wird die wichtigste Frage geklärt, die Ex-Agentin Anne Marie Fuchs (Lina Wendel) bisher umgetrieben hat: Was geschah mit ihrem Kind, das die Stasi 1989 aus dem Westen in die DDR entführt hatte? Angeblich starb ihr Sohn Florian in einem Kinderheim, nähere Informationen erhofft die „Füchsin“ zu von dessen Vater. Doch ihr ehemaliger Ehemann Konrad Gelden (Ulrich Schmissat), den sie zuletzt 2003 gesehen hatte, wird vor ihren Augen in seiner Düsseldorfer Villa erschossen, bevor er etwas zur Aufklärung beitragen kann. Der maskierte Einbrecher zielt auch auf Fuchs, rennt jedoch davon. Geldens Sohn Markus (Martin Geisen) feuert aus seinem Gewehr einen Schuss auf den Flüchtenden ab, verfehlt aber das Ziel. Markus beauftragt die „Füchsin“ und ihren Kompagnon Youssef El Kilali (Karim Cherif), den Mörder seines Vaters zu finden. Für Kommissar Eisner (Robert Dölle) ist freilich die Ex-Agentin und Geldens Ex-Frau die erste Verdächtige.
Rote Haare, roter Mantel und ein ausgestopfter Fuchs
Titelrollen für Frauen jenseits der 50 sind im Fernsehen nicht gerade üblich. Bei den gegenwärtig 16 Donnerstagskrimi-Reihen der ARD gibt es zwei Hauptdarstellerinnen, die für Frauenrollen mit besonderer Vergangenheit stehen: Katrin Saß in den „Usedom-Krimis“ und eben Lina Wendel, die man mit streng frisierten roten Haaren und rotem Mantel als Titelfigur metaphorisch etwas überdeutlich ausgestattet hat. In dieser Folge steht auch noch ein ausgestopfter Fuchs hinter dem Schreibtisch, an dem Gelden erschossen wird. Aber Wendels feines Mienen-Spiel, ihr Gespür für die richtige Mischung aus Härte, Coolness, Melancholie und Humor, gehört definitiv zum Besten, was man am Donnerstag in der ARD zu sehen bekommt. Hier ist sie in dem bisher persönlichsten Fall besonders gefordert; Anne Marie Fuchs kommt schrittweise der Wahrheit über das Schicksal ihres Sohnes näher, die Verschlossenheit der Figur bricht auf. Dank Wendel wird der ernsthafte Gehalt, die Tragik des historischen Familiendramas in der auf leichte, humorvolle Unterhaltung angelegten Krimi-Reihe nicht zur peinlichen Nummer. Abgesehen von einzelnen Momenten, die doch etwas dick aufgetragen wirken, folgt man der emotionalen Reise der „Füchsin“ gerne.
Räuber-und-Gendarm-Spiele in Düsseldorf
Was nicht zuletzt an der unterhaltsamen Kombination mit Karim Cherif als Detektiv-Sidekick liegt. Das Teamwork zwischen der älteren, ernsten Ex-Agentin der DDR und dem jüngeren, munteren Youssef wird enger, warmherziger, reifer und funktioniert längst nicht mehr nur über den (immer noch vorhandenen) Dialogwitz. Auch das Spiel mit dem Klischee des geschäftstüchtigen, schnell beleidigten Arabers bleibt erhalten, rückt aber etwas in den Hintergrund. Youssef entwickelt sich zu einem wahren Freund, der sich sorgt, mitfühlt und der „Füchsin“ mehrfach schlagfertig quasselnd aus der Patsche hilft. Auch sind die beiden mittlerweile besser eingespielt. Während Anne Marie Fuchs ihren Partner in den ersten Folgen mit den Fähigkeiten einer wandelbaren Spionin zu beeindrucken verstand, gehen die beiden nun häufiger gemeinsam vor und können sich dabei aufeinander verlassen. Gleich mehrfach versuchen sie bei Einbrüchen an wichtige Informationen zu kommen, fliegen dabei meistens auf und liefern sich Scharmützel und Wettrennen mit Pförtner (Michael-Che Koch), Polizei oder dem Sicherheitspersonal von Fuchs‘ ehemaligem Führungsoffizier Ruhleben (Torsten Michaelis). Man fiebert in diesem Räuber-und-Gendarm-Spiel mit den beiden Protagonisten mit. In Düsseldorf, das mit vielen üblichen und manchen unüblichen Bildern vom Medienhafen, von Rhein, Landtag und Büro-Türmen meist kalt und modern präsentiert wird, ist das Detektiv-Paar ein sympathisches Underdog-Duo.
Frau Wieland mit spitzen Fingern, Ömer im Unterhemd
Das Drehbuch schrieb erneut Ralf Kinder, die Regie übernahm erstmals die erfahrene Österreicherin Sabine Derflinger („Vorstadtweiber“, „Tatort“). Auf ausgedehnte Rückblenden verzichten sie, obwohl sich im Laufe des Films Florians Werdegang nach der Entführung im Jahr 1989 offenbart. Die Spuren führen zwar in die Vergangenheit, die Inszenierung jedoch bleibt im Hier & Jetzt und behält durch Schauplatzwechsel und einige originelle Nebenfiguren Abwechslung und Leichtigkeit. Frau Wieland (Katja Heinrich) vom Dessauer Jugendamt bearbeitet die Anfrage der „Füchsin“ buchstäblich mit spitzen Fingern. Komisch vor allem Sahin Eryilmaz als Florians Mitbewohner Ömer, ein selbstbewusster Ex-Knacki im Unterhemd, der auf seine im Chaos versinkende Wohnung nichts kommen lässt. Auch Youssefs schrille Nichte Saida (Sara Fazilat) ist wieder dabei und hilft mit ihren Fähigkeiten als Hackerin. Jasmin Schwiers als Youssefs Freundin Simone, deren Café nach wie vor zentraler Treffpunkt ist, bleibt dagegen nur eine wenig ergiebige Rolle als seltene Anlaufstelle.
Die Zuschauer sind den Detektiven meist voraus
Das Publikum erhält gleich zu Beginn einen Wissensvorsprung: Der Mörder zieht noch im Garten die Maske herunter, es zeigt sich das Gesicht des Schauspielers Florian Bartholomäi. Im weiteren Verlauf ist er der Schatten von „Füchsin“ und Youssef, denen er auch bis nach Dessau folgt, wo der Fuchs-Sohn 1989 in einem Kinderheim untergebracht wurde. Das Gebäude steht mittlerweile leer und verfällt – ein herber Kontrast zur Düsseldorfer Moderne. Dass die Suche nach der Wahrheit von 1989 und die Suche nach dem Todesschützen nicht zwei verschiedene Fälle sind, ahnt man allerdings als Zuschauer, lange bevor die beiden Detektive auf den Trichter kommen – spätestens nachdem Anne Marie Fuchs herausgefunden hat, dass Florian lebt und nicht etwa Markus Gelden ihr Sohn ist. Insofern wächst die Spannung nicht gerade in den Himmel, und die Auflösung lässt noch einige Fragen über den Charakter der von Bartholomäi gespielten Figur offen. „Spur in die Vergangenheit“ markiert einen Wendepunkt in der Reihe. (Text-Stand: 25.4.2018)