Zuletzt schickte das österreichische Autorenpaar Maria und Wolfgang Murnberger in den „Steirerkrimis“ seine Ermittler ins Kloster und zu einer Studentenverbindung. „Steirermord“ führt die LKA-Cops nun in die Welt des Adels. Das ist deshalb reizvoll, weil es in Österreich zwar seit dem Ende der Monarchie formell keine Adelstitel mehr gibt, die einstige Aristokratie aber mancherorts auftritt wie zu vergangenen Zeiten. Das führen die Murnbergers, die sich wieder Figuren aus den Alpenkrimis von Claudia Rossbacher bedienen, im zwölften „Steirerkrimi“ an einem besonders prachtvollen Exemplar eines Blaublütlers humorvoll vor Augen.
Foto: Degeto, ORF / Toni Muhr
Eine Frau gerät bei einem fingierten Unfall in eine Falle und wird entführt. Es ist Dan-Lynh (Yvonne Yung Hee Bormann), die junge Verlobte von Graf Otto von Glanzberg (Tobias Moretti), Chef des Hauses Glanzberg. Der resolute Adelige nimmt die Sache selbst in die Hand und fährt mit dem geforderten Lösegeld von einer Million zur Übergabe. Doch die Braut ist tot. Der passionierte Jäger erschießt einen der beiden maskierten Kidnapper, der zweite entkommt mit dem Geld. Chefermittler Bergmann (Hary Prinz) und Kollegin Anni Sulmtaler (Anna Unterberger) treffen am Tatort auf einen unwirschen Grafen und ihre LKA-Vorgesetzte Nicole Sturm (Bettina Mittendorfer), die mit Glanzberg befreundet ist. Während ihrer Ermittlungen auf dem Schloss kommt ihnen bald der Verdacht, dass nicht alles so ist, wie es scheint.
Im Zentrum dieses Austria-Krimis steht Tobias Moretti als allmächtiger Graf. Für den vielbeschäftigten Mimen ist es nach „Alles Fleisch ist Gras“, „Endabrechnung“ und „Achterbahn“ die vierte Rolle in einem ORF-„Landkrimi“. In einer Mischung aus Abgründigkeit und Arroganz spielt er, immer leicht überspitzt, aber nie zu überdreht, den trauernden Verlobten und unantastbaren Patriarchen. All seine Routine legt Moretti dabei in seine Figur. Dass das wenig noble Intrigenspiel auf einem in die Jahre gekommenen Schloss allerdings nicht zu „Schlossfestspielen“ wird, das liegt eher an der flachen und vorhersehbaren Geschichte. Denn sehr schnell wird klar, dass in diesem äußerlich schillernden, aber innerlich maroden Familienclan die Lösung des Falls liegt. Hinzu kommt eine Inszenierung, der man mehr Tempo gewünscht hätte. Regisseur Wolfgang Murnberger kann’s – das hat er oft bewiesen. Hier lässt er sich für das Zerlegen einer aus der Zeit gefallenen Familie häufig zu viel Zeit. Und die Figuren um den Grafen herum – vom Bruder über die Ex-Frau bis zu den Kindern – wirken marionettenhaft, besitzen kaum Möglichkeiten der Entfaltung. Eine herrliche Steilvorlage bietet die Welt der Blaublütigen dem bissigen Ermittler Sascha Bergmann. Der kann im Verbund mit Kollegin Anni wieder schön sticheln („Ich komme mir gerade vor wie in einem Agatha-Christie-Film“). Aus Adel verpflichtet wird so Adel vernichtet. Davon hätte man sich mehr gewünscht. Dies hätte diesem gediegenen Krimi mit Aristokraten-Touch durchaus gutgetan.
Foto: Degeto, ORF / Toni Muhr