Wachwechsel bei den Steirer-Krimis: Miriam Stein ist letztmals als Sandra Mohr zu sehen, sie hatte ihren Ausstieg schon länger angekündigt. Nur, den hatte die Krimi-Autorin Claudia Rossbacher so nicht vorgesehen. So mussten Maria und Wolfgang Murnberger ihr im Drehbuch einen Ausstieg schreiben. Bereits der Titel deutet darauf hin, was passiert: „Steirertod“. Alles beginnt mit dem Mord an einer Sexarbeiterin. Erst ragt ein Arm aus dem Sandbunker auf einem Goldplatz, dann werden im angrenzenden Wald Knochen und eine Handvoll Silikon gefunden. Für Sascha Bergmann (Hary Prinz) ein nerviger Routinefall, Kollegin Mohr aber vermutet einen Zusammenhang mit zwei ähnlichen Verbrechen, die schon länger zurückliegen. Hat man es hier mit einem Serienmörder zu tun? Die Beweise sind Bergmann allerdings noch zu dürftig, zudem gilt sein Fokus eher seiner Karriere respektive der Aussicht auf Beförderung. Als ihm die Landespolizeidirektion jedoch eine Chefin vor die Nase setzt, ist Bergmann perplex. Die selbstbewusste Profilerin Nicole Sturm (Bettina Mittendorfer) ist für ihn keine Unbekannte, sondern seine Ex-Verlobte, die er für eine andere Frau verlassen hatte. Klingt nicht gut für seine künftige Arbeit, zumal ihn Frau Sturm mit den Worten begrüßt: „Man sieht sich im Leben immer zweimal“. Bergmanns hochschwangere Kollegin und Fast-Schwiegertochter Sandra ignoriert derweilen seine Dienstorder, sich auf schonende Büroarbeit zu beschränken. Auf dem nächtlichen Nachhauseweg beobachtet die Kommissarin eine verdächtige Szene mit einer Prostituierten (Lara Mandoki), die sich vor einem Freier (Wolfgang Rauh) zu fürchten scheint und aus dem Wagen aussteigen will. Sandra greift ein, ein Schuss fällt, die Frau ergreift die Flucht und der Mann entkommt …
Foto: Degeto / Stefan Haring
„Steirertod“, der fünfte Krimi der deutsch-österreichischen Reihe, ist keine weitere Buchverfilmung, das Autorenduo Maria und Wolfgang Murnberger (haben zu vier der fünf Krimis gemeinsam das Drehbuch geschrieben) bedient sich allerdings nur Figuren aus den „Steirerkrimis“ von Claudia Rossbacher. Der Fall hat es in sich, ein psychopathischer Serienmörder ist unterwegs, als Zuschauer lernt man ihn deutlich früher kennen als die Kommissare. Er ist unauffällig, brutal, aber auch clever und überlegt. Er spioniert sogar die Polizei aus, indem er sich regelmäßig in einem Lokal, in dem Beamte sich nach der Arbeit treffen und über den Tag sprechen, aufhält, um zu erfahren, was die Ermittler als nächstes vorhaben und wo eine wichtige Zeugin versteckt ist. Wenn die eine geht, kommt eine andere. Auch das lösen die Murnbergers nicht routiniert, sondern sehr einfallsreich. Nachdem Sandra niedergeschossen wurde, erhält Bergmann eine neue Kollegin zugeteilt. Und die ist keine Unbekannte: Anni Sulmtaler (Anna Unterberger) kennt man aus „Steirerkind“, da war sie die Frau eines Dorfpolizisten. Auch nach der Trennung von ihm ist ihre Faszination für die Polizei geblieben, und sie hat eine Ausbildung in Graz gemacht. Dort beginnt nun auch die Partnerschaft mit Sascha Bergmann. Sie hat beste Zeugnisse, kann schießen, kombinieren, ist unerschrocken und plaudert gerne. Nichts für Sascha Bergmann, der schroff reagiert und sich ihr gegenüber erst einmal von der ungehobelten Seite zeigt. Doch Anni gelingt es, die flüchtige Zeugin nach den Schüssen auf Sandra ausfindig zu machen. Die ist verängstigt und zudem in großer Gefahr, denn der raffinierte Mörder ist auch hinter ihr her.
Foto: Degeto / Stefan Haring
Was die Reihe, die bisher komplett von Wolfgang Murnberger inszeniert wurde, auch in diesem Film auszeichnet, sind die sehr gelungene Milieuschilderung und die genaue Figurenzeichnung. Der Täter lebt bei seinem Vater, einem Oberst, der ihn für einen Nichtsnutz hält, ihn das täglich spüren lässt und ihn und seine tote Mutter verhöhnt. Dieses miefig-spießige Haus, in dem die beiden Männer hausen, spiegelt die Lebenswelt in jedem Detail wider. Eine Liebe zu ihren Figuren zeigen die Murnbergers ja stets in ihren Filmen. Erinnert sei hier nur an Wolfgang Murnbergers einfühlsames Drama „Kästner und der kleine Dienstag“. Wie er in „Steirertod“ die neue Ermittlerin einführt, die offen auf Bergmann zugeht, von ihm nur Gegenwind bekommt, sich aber nicht in ihrer Art und Bereitschaft zur Kooperation verbiegen lässt, das ist sehr schön gezeichnet. Und es bietet für Kenner der Reihe eine kleine, feine Parallele zum ersten Krimi, als es zwischen Sandra und Sascha auch ziemlich knirschte. Anna Unterberger wird Miriam Stein sehr bald vergessen lassen, ihre Figur der Anni hat viel Potenzial, um mit Sascha ein erstklassiges Ermittler-Duo à la Austria zu bilden. Und seine neue Vorgesetzte, souverän gespielt von Bettina Mittendorfer (allein der Blick bei ihrer Antrittsrede, als sie ihren Ex entdeckt, ist sehenswert), dürfte für Sascha Bergmann noch reichlich Konfliktpotential zu bieten haben. Fürs Privatleben hat der Ösi-Bulle ja noch seine Gerichtsmedizinerin (Eva Herzig), mit der er nicht nur Tango tanzt, seinen langsam erwachsen werdenden Sohn (Johannes Nussbaum), und Opa wird Sascha auch noch.
Fazit: „Steirertod“ ist ein durchweg spannender, sehr atmosphärischer deutsch-österreichischer Krimi, der weit mehr als nur einen Stabwechsel beim Ermittler-Team zu bieten hat. Hier geht es ans Eingemachte. Wie Wolfgang Murnberger das in packenden und intensiven 90 Minuten erzählt, ist beste Krimiunterhaltung. Zur Info für Fans der Reihe: Film Nr. 6, „Steirerrausch“, folgt bereits im Dezember.