Ein bildstarker Einstieg: Kellnerin Julia (Judith Altenberger) liegt verletzt und bewusstlos auf einer Deponie am Waldrand. Sie erwacht, schleppt sich mit letzter Kraft zu einer Straße, dann stirbt sie. Chefinspektor Bergmann (Hary Prinz) und Kollegin Anni Sulmtaler (Anna Unterberger) erfahren, dass die junge Frau mit K.-o.-Tropfen betäubt und vergewaltigt wurde. Kurz darauf taucht ihre Schwester Vanessa Moser (Julia Koschitz) auf. Die erfolgreiche Journalistin will der Polizei zuvorkommen. Sie sucht die Nähe zu Sascha Bergmann, um jeden Schritt der Ermittlungen mitzukriegen. Denn sie hat einen Plan. Eine Spur führt in eine freischlagende Studentenverbindung zu Julias Ex-Freund Max (Noah L. Perktold). Doch dessen Freunde Leonard (Gustav Schmidt) und Fritz (Julian Waldner) geben dem Verdächtigen ein wasserdichtes Alibi.
Foto: Degeto / Toni Muhr
Der elfte Steierkrimi stammt wieder aus der Feder von Maria und Wolfgang Murnberger. Haben die beiden anfangs Claudia Rossbachers Alpenkrimis verfilmt, so nutzten sie zuletzt nur noch Motive und Figuren aus den Büchern und erzählen ihre eigenen Geschichten. So auch in „Steirergift“, der in die Welt studentischer Verbindungen führt und für den Macho-Ermittler Sascha Bergmann eine besondere Prüfung bereithält. Denn der hat nicht nur Augen für den Fall, sondern auch für die Schwester des Opfers. Jene Vanessa trägt die Geschichte dieses Austria-Krimis. Eine Frau, erfolgreich, selbstbewusst, aber auch verzweifelt und von Schuld geplagt. Sie hat bei ihrer jüngeren Schwester die früh verstorbenen Eltern ersetzt, sie gibt sich die Schuld an dem Unglück ihrer Eltern, bei dem ihre Schwester schwer verletzt überlebt hat. „Du versuchst an etwas festzuhalten, was es nicht mehr gibt“, sagt die lebenslustige Julia in einer Rückblende zu ihrer großen Schwester.
Julia Koschitz, gebürtige Österreicherin, die vor allem in deutschen Filmen wie „Shoppen“, „Der letzte schöne Herbsttag“ oder zuletzt der Serie „Herrhausen“ Akzente setzte, spielt diese Vanessa. Sparsam in Gestik, überzeugend in ausdrucksstarker Mimik verleiht sie der Figur Tiefe. Sie ist eine in sich gekehrt wirkende Frau, in der es brodelt, die nur ein Ziel verfolgt, und dafür zu allem bereit ist. Eine starke Hauptfigur – und für den Film die halbe Miete. Denn so fällt es nicht so sehr ins Gewicht, dass manch andere Figur in diesem Landkrimi eher blass bleibt. Vor allem die Mitglieder der Studentenverbindung – vom Emporkömmling bis zu wohlbehüteten Jungs aus gutem Hause – bleiben in Stereotypen gefangen. Das gilt auch für die Welt dieser Verbindung. Es sind die bekannten Bilder: Mensur, Trinkgelage, Zusammenhalt – all das wirkt gekünstelt und leblos. Nur gut, dass es mit der Kneipe „Absacker“ auch die für die Region typische (Gegen-)Welt gibt. Ob der verschlagene Wirt oder die illegalen Zocker im Hinterzimmer – hier vertraut der Regisseur auf Figuren, denen man gern zusieht, weil sie nah am Leben und der Region sind.
Foto: Degeto / Toni Muhr
„Steirergift“ ist ein solider Krimi, der sich mehr und mehr zu einem Geschwisterdrama entwickelt, mit einer überzeugend aufspielenden Julia Koschitz. Wolfgang Murnberger hält gekonnt den Spannungsbogen, alles läuft auf einen dramatischen Showdown hinaus. Das Opfer spielt visuell den kompletten Krimi über eine kleine Rolle in homogen eingefügten Rückblenden. Das macht Sinn, denn so erfährt man mehr über die Beziehung der beiden Schwestern zueinander. Das bewährte Ermittler-Team, das sich immer gern Wortduelle mit giftig-galligen Frotzeleien liefert, hält sich diesmal des schweren Themas wegen zurück. Es geht ernster zu, auch weil Hary Prinz mit seinem Sascha erfahren muss, dass nicht sein Schmäh und Charme ihm ein amouröses Abenteuer bescheren, sondern die kühle Berechnung einer Frau, die mit ihm spielt und ihn benutzt.