15 Jahre ist Wolfgang Stumphs Stubbe nun schon im Einsatz für Recht und Ordnung, für Zivilcourage und bei aller Schlechtigkeit der Welt für ein bisschen Humor im Leben. Was als heitere Familien-Reihe begann, in der die Hauptfigur nicht nur Kommissar, sondern vor allem auch Vater war, hat sich in den letzten Jahren zunehmend in Richtung Ermittler-Krimi verschoben. „Die Familie ist kleiner geworden, die Geschichten ernster und nachdenklicher“, so der Autor-Regisseur Peter Kahane, der die meisten der mittlerweile 38 abgedrehten Filme der ZDF-Reihe inszeniert und geschrieben hat. „Im Zuge dieser Entwicklung öffnet sich das Format zunehmend gesellschaftlich relevanter Themen.“
„Sonnenwende“ ist nun ein ganz besonderer Fall für den einst nach Hamburg gezogenen „Ostler“. Eine Wasserleiche ist am Elbstrand angespült worden. Der Tote ist ein Vietnamese. Es sieht alles danach aus, als ob er Opfer eines Bandenkrieges geworden sei. Getötet wurde er aber nicht in Hamburg, sondern in einem kleinen Städtchen flussaufwärts der Elbe. Für Stubbe beginnt also eine Reise in seine alte Heimat. Er trifft einen Kollegen und Freund wieder, der vom Dienst suspendiert wurde und seitdem an der Flasche hängt. Dessen Worte „Die Wende ist emotional gescheitert“ hallen bei Stubbe 90 Filmminuten nach, denn was er in diesem ostdeutschen Vorzeige-Ort sieht, erfüllt ihn mit Sorge. Die Gemeinschaft scheint den Mörder des Vietnamesen zu decken. Und die Polizei schaut weg. Nur einige Bürgerrechtler stehen Stubbe zur Seite – und auch Tochter Christiane, deren Stippvisite nach einem Mordanschlag auf eine Neonazi-Gegnerin länger dauert als geplant, zeigt sich couragiert. Nur der alte Freund zerfließt in Selbstmitleid – bis er schließlich zur Waffe greift.
„Wir wollten dem Problem gerecht werden und gleichzeitig die Zuschauer nicht unterfordern“, sagt Peter Kahane. Nur einen „anständigen Film gegen Rechtsradikalismus“ zu machen, „der in guten Absichten stecken bleibt“, wäre ihm zu wenig gewesen. „Sonnenwende“ gelingt es denn auch, den bei Stubbe stets etwas altväterlich wirkenden „Whodunit“-Krimi neu zu definieren. Die Frage, wen man wie zum „aussteigen“ aus der rechten Szene bewegen kann, ist über weite Strecken der Handlung sehr viel spannender zu verfolgen als die Suche nach dem Täter. Die Einblicke ins rechte Milieu, in einen Mikrokosmos, der nicht nur auf den Straßen wütet, sondern die unzufriedene Bevölkerung bei ihren Problemen abholt, sind weitgehend klischeefrei gezeichnet. Dennoch übertrumpft der Regisseur Kahane noch den Drehbuchautor Kahane, indem er wunderbar den Gegensatz inszeniert zwischen visuellem Idyll und latenter Gewaltbereitschaft. Und Wolfgang Stumph sah man selten so ernst als Stubbe. Und dieser Ernst steht ihm gut. (Text-Stand: 21.11.2009)