Im wahren Leben sind sie es, und nun begegneten sich Rosemarie Fendel und Suzanne von Borsody auch im Film als Mutter und Tochter. Keine leichte Aufgabe, denn in der ARD-Tragikomödie “Mensch Mutter” geht es nicht nur um eine Beziehung zwischen einer dominanten Mutter und einer nicht übermäßig selbstbewussten Tochter, sondern es geht vor allem auch um den Umgang der beiden in einer Zeit, in der man sich über die Endlichkeit des Lebens Gedanken machen muss. “Wenn du nicht mehr …”, stottert die Tochter, “lebst”, ergänzt die Mutter mit zärtlichem Blick. Sie ist 75 Jahre. Und wenige Bilder später fällt ihr nach einem Schlaganfall das Glas aus der Hand, sie sackt zusammen und ist tot.
Es ist ein anrührender Film, der nie ins Rührselige abdriftet. Die Grundsituation, eine Tochter nimmt ihre gesundheitlich angeschlagene, geistig noch sehr rege Mutter vorübergehend bei sich auf, wird von dem jungen Autor und Regisseur Florian Gärtner, der eine solche Tochter/Mutter-Konstellation aus eigener Erfahrung kennt, realistisch und bis ins Detail authentisch entwickelt. Aufgelöst in langen, leisen Szenen, „bei denen man fast den Herzschlag der Schauspieler spürt” (von Borsody), kommt der Film ohne dramatisch positionierten Konfliktstoff aus. Die Tochter hat zwar auch ihr Päckchen zu tragen, ihr Mann ließ sie sitzen wegen einer Jüngeren, der geliebte Sohn beginnt, sich von ihr abzunabeln, und auch beruflich bekommt sie den Wind der Konkurrenz zu spüren, aber diese Bausteine einer realen Biografie werden ohne dramaturgischen Taktstock in den Film eingebaut.
Ähnlichkeiten zwischen von Borsody/Fendel und ihrem Rollen-Paar konnten die beiden Schauspielerinnen kaum ausmachen. Die realen Frauen sehen sich beide als sehr dominante Persönlichkeiten, während in “Mensch Mutter” allein die alte Dame die Hosen an hat. Sie mischt sich in alles ein, forciert die Versöhnung mit dem Ex, schwärzt den melancholischen Mann von nebenan als Giftmörder der eigenen Mutter an, weiß alles besser oder hat zumindest eine kritische Anmerkung parat. Und obwohl von Borsody beim ersten Sehen des Films während der Sterbeszene Tränen in die Augen schossen, beim Drehen habe sie in dieser Situation nicht ihre reale Mutter vor sich gesehen. “So nah würde ich eine Rolle nicht an mich heranlassen”, so die 47-jährige Münchnerin. “Wenn ich eine Alkoholikerin spiele, muss ich ja auch nicht gleich zur Alkoholikerin werden.“ (Text-Stand: 20.10.2004)