Nach Hannelore Hoger, Iris Berben und Hannelore Elsner, nach Corinna Harfouch, Aglaia Szyszkowitz, Maria Furtwängler und Senta Berger geht auch Ulrike Kriener unter die Kommissarinnen. Mit hohen Hacken begibt sie sich auf Verbrecherjagd im mittelalterlichen Regensburg. Gerade in der Dom- und Donaustadt mit ihrem Kopfsteinpflaster ist dieses Schuhwerk eine ständige Herausforderung für die sonst so zielstrebige “Kommissarin Lucas”. Und so trippelt sie mit kleinen Schritten durch manch hohle Gasse. Und auch in ihrem ersten Fall, einem Kindsmord, kommt sie nur mit kleinen Schritten voran.
Es scheint, als müsse die Kommissarin ihr Lebenstempo von grundauf verändern. In Regensburg gehen die Uhren anders als in Köln. Die kriminaltechnischen Untersuchungen werden über das LKA abgewickelt. Das dauert. Auch läuft innerhalb der Soko nicht alles reibungslos. Das übliche Kompetenz-Gerangel mit den kollegialen Anfeindungen, wenn einem Team ein neuer Chef vorgesetzt wird. Aber auch im Privatleben muss sich Lucas, die gern alles selbst in die Hand nimmt, in Geduld üben. Ihr Mann liegt nach einem Unfall im Wachkoma. Die Spezialklinik in Regensburg war der Grund für die Versetzung.
Wie zuletzt bei Senta Berger hat das ZDF auch für Ulrike Kriener gute Voraussetzungen für ihre Krimireihe geschaffen. Regisseur Thomas Berger und seine Stammautorin, die Engländerin Barbara Jago, wurden verpflichtet. Und natürlich wurde, wie es so schön heißt, “die Rolle auf die Schauspielerin zugeschrieben”. Lucas sei, so Berger, “eine sympathische Frau von nebenan, mit viel augenzwinkerndem Humor und einem scharfen Blick fürs Wesentliche”. Auch Kriener, geboren im Ruhrgebiet, ist eine Frau, die es gern schnell auf den Punkt bringt. Diese Mentalität besitzt auch ihre Heldin. “Ich empfinde sie als eine entschiedene Frau, die auch recht angriffslustig sein kann. Sie ist emotional beherrscht; private Empfindlichkeiten haben für sie nichts im Dienst zu suchen.”
Ulrike Kriener liebt die Wallander-Krimis des Schweden Henning Mankell. So wünscht sie sich auch ihre Fälle. Eine Kommissarin, die das Verbrechen im gesellschaftlichen Kontext liest. “Krimis, die Menschen in Extremsituationen zeigen, Menschen, die den Anforderungen von Normalität nicht standhalten”, so Kriener. In “Die blaue Blume” wird es Kommissarin Lucas gleich mit mehreren solcher Menschen zu tun bekommen. Der Mord an einer Vierjährigen, wenig später verschwindet ein weiteres Kind – bei solchen Verbrechen tun sich menschliche Abgründe auf, da brechen Familien-Fassaden zusammen. Und mittendrin die Kommissarin, die Fremde, die alles beobachtet. Wie sie da am Tatort steht und das Szenario taxiert – da spürt man etwas von ihrem Blick fürs Wesentliche. (Text-Stand: 1.3.2003)