Kinderspiele

Jonas Kipp, Oliver Bröcker, Wolfgang Becker. Mit den Augen eines Elfjährigen

Foto: ZDF
Foto Rainer Tittelbach

Deutschland in den frühen sechziger Jahren, irgendwo in einer ärmlichen Vorstadt. Hier leben Familien, die den Verheißungen des Konsums nicht erliegen können und in denen gewalttätige Väter das Sagen haben. In diesem sozialen Klima spielt Wolfgang Beckers kleines Meisterwerk „Kinderspiele“, eine TV-Produktion, die nach ihrem großen Erfolg beim Münchner Filmfest 1992 kurz den Weg ins Kino fand. Ein Film für Erwachsene, die ihre Kindheit nicht ad acta gelegt haben, sondern sich jenseits von verklärender Nostalgie noch einmal erinnern wollen an eine erfahrungsreiche Zeit in ihrem Leben. Ein wunderschöner traurigkomischer Film!

Deutschland in den frühen sechziger Jahren, irgendwo in einer ärmlichen Vorstadt. Hier leben Familien, die den Verheißungen des Konsums nicht erliegen können. Hier regiert noch nicht der Quelle-Katalog, hier herrschen noch Väter tyrannisch über ihre Familien, ducken sich Mütter hinter’m Herd, haben Kinder zu parieren. In diesem sozialen Klima spielt Wolfgang Beckers kleines Meisterwerk „Kinderspiele“, eine reine Fernsehproduktion, die nach ihrem großen Erfolg beim Münchner Filmfest 1992 sogar kurzzeitig den Weg ins Kino fand.

„Sensibles, ergreifendes, mit leiser Komik operierendes Alltagsdrama“ (Berliner Zeitung)

Der Film wird erzählt aus der Perspektive des Jungen Micha, der nach den Sommerferien aufs Gymnasium gehen soll. Doch bis dahin, passiert noch so einiges: Sein Vater dreht zunehmend durch, die Oma stirbt, die Mutter sucht das Weite. Aber auch außerhalb der Familie gibt es für Micha, der langsam erwachsen wird, eine Menge, die er verkraften muss. Kalli, sein einziger Freund, bleibt sitzen. Es wird also der letzte Sommer sein, in dem sie gemeinsam Kallis Oma quälen, Nacktfotos gucken oder durch Schlüssellöcher äugen, Scheiben einwerfen oder Wettpinkeln veranstalten. Vielleicht wird er ja demnächst mehr mit Claudia unternehmen, mit der er schon einmal allein beim Schwimmen war.

KinderspieleFoto: ZDF
Scheiben einwerfen, Wettpinkeln, Nacktfotos gucken, durch Schlüssellöcher läugen. Oliver Bröcker

Der Titel täuscht. „Kinderspiele“ ist nichts fürs Kinderprogramm. Eher ein Film für Erwachsene, die ihre Kindheit nicht ad acta gelegt haben, sondern sich jenseits von verklärender Nostalgie noch einmal erinnern wollen an eine erfahrungsreiche Zeit in ihrem Leben. Die vielleicht auch einmal SOS ins All funkten, weil die Eltern sie nicht verstanden oder immer nur die jüngeren Geschwister bevorzugten. Und die die Erziehung ihrer eigenen Kinder heute hoffentlich besser machen. „Eine Geschichte für Erwachsene mit dem Hinweis darauf, was sie bei Kindern anrichten können, wenn sie unreflektiert und unüberlegt handeln“, umschreibt denn auch Wolfgang Becker seinen mehrfach preisgekrönten Film.

„Kinderspiele“ ist ein Autorenfilm im besten Sinne. „Die sechziger Jahre sind die Zeit meiner Kindheit, die kenne ich und brauche ich nicht zu recherchieren“, betont der 40jährige Filmemacher. „Sie sind noch sehr durch den Nachkriegsmuff und die Spießigkeit der fünfziger Jahre bestimmt.“ Schwerer als die Zeitanalyse war für Becker die Recherche kindlichen Empfindens. „Als Erwachsener ist man ja immer abgeschnitten vom eigenen Kind-Sein. Man vergisst schnell, was einmal war. Deshalb ist es auch so schwer für Erwachsene zu verstehen, was Kinder bewegt.“ (Text-Stand: 25.9.1994)

KinderspieleFoto: ZDF
„Ein wunderschöner, traurig komischer Film über das brachiale Ende einer Kindheit in den Sechzigern, über zu schnelles Erwachsenwerden, über die erste zarte Verliebtheit. Über vieles, woran man sich selbst noch gut erinnern kann und was den Film so vertraut macht wie ein Gang durchs Elternhaus.“ (Stern)

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fernsehfilm

ZDF

Mit Jonas Kipp, Oliver Bröcker, Burghart Klaußner, Angelika Bartsch, Matthias Friedrich, Brigitte Janner

Kamera: Martin Kukula

Schnitt: Wolfgang Becker

Musik: Christian Steyer

Produktionsfirma: FFG Film- und Fernseh GmbH

Drehbuch: Wolfgang Becker

Regie: Wolfgang Becker

EA: 25.09.1994 20:00 Uhr | ZDF

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach