Katie Fforde – Familie auf Bewährung

Ann-Kathrin Kramer, Thomas Heinze, Tensing, Thielecke. Urlaub mit Hindernissen

Foto: ZDF / Rick Friedman
Foto Tilmann P. Gangloff

Die Handlung dieser Dramedy mit Ann-Kathrin Kramer, Thomas Heinze und Bernhard Bettermann könnte sich zwar auch im Schwarzwald zutragen, ist aber kurzweilig und amüsant, zumindest zunächst: Verlagslektorin Jane hat einen Starautor beleidigt und soll ihn persönlich um Verzeihung bitten, aber der Mann lebt als Phantom irgendwo in den Wäldern New Englands. Also macht Janes Familie einen Sommerurlaub im Wohnmobil, bricht jedoch im Verlauf der Reise auseinander. Innerhalb des für einen ZDF-Sonntagsfilm ungewöhnlichen Wildnisrahmens bewegt sich „Familie auf Bewährung“ (Network Movie) zwar weitgehend auf ausgetretenen Pfaden, aber das bekannte Darstellertrio macht das wieder wett.

Die „Herzkino“-Filme orientieren sich gern an bewährten Mustern. „Katie Fforde – Familie auf Bewährung“, Episode 34 der ZDF-Reihe, fällt in die Kategorie „Urlaub mit Hindernissen“. Der Ansatz der Geschichte ist halbwegs originell: Weil die Tochter im Herbst aufs College geht, will Clark Grant (Thomas Heinze) seine Familie zu einem letzten gemeinsamen Sommerurlaub überreden; und zwar im Wohnmobil. Angesichts des „rollenden Chemieklos“ hält sich die Begeisterung von Gattin Jane (Ann-Kathrin Kramer) in Grenzen. Das ändert sich, als ihre Chefin (Nina Franoszek) ihr ein Ultimatum stellt: Jane ist Verlagslektorin und hat John Dwyer, dem erfolgreichsten Autor des Unternehmens, derart undiplomatisch mitgeteilt, was ihr an seinem neuen Roman missfällt, dass er den Verlag wechseln will. Wenn es ihr nicht gelingt, sich persönlich bei ihm zu entschuldigen, verliert sie ihren Job. Doch Dwyer hat keine feste Adresse. Der Mann lebt in den Wäldern New Englands an einem entlegenen malerischen See. Das wäre das perfekte Urlaubsziel für die Bostoner Familie, doch Janes einzige Anhaltspunkte sind ein Foto Dwyers und die Beschreibungen der Gegend in seinen Büchern.

Katie Fforde – Familie auf BewährungFoto: ZDF / Rick Friedman
Urlaub in den Wäldern New Englands. Bitte recht freundlich! Pauline Rénevier, Sam Heinze, Ann-Kathrin Kramer, Thomas Heinze, Friederike Linke

Das klingt nach einer fröhlichen Komödie, zumal selbstredend alle möglichen Dinge schiefgehen, was den beiden Stars Heinze und Kramer einige amüsante Slapstick-Einlagen beschert. Für weitere Abwechslung sorgen eine Troll-App des Sohnes (Sam Heinze) und ein Stinktier. Dank gemeinsamer Erinnerungen an ein Nirvana-Konzert in Portland gibt es auch gefühlige Momente, aber trotzdem liegt von Anfang an ein Schatten über der Handlung: Clark hat eine Affäre mit seiner Assistentin Ashley (Friederike Linke), die darauf drängt, dass er sich endlich zu ihr bekennt, und auch Jane ist schon lange nicht mehr glücklich. Der High-School-Abschluss von Tochter Lilly (Pauline Rénevier) wird nicht der einzige familiäre Wendepunkt bleiben: Unterwegs begegnen die Grants einem Eigenbrötler namens Pinch (Bernhard Bettermann), dessen rustikalem Charme Jane schließlich erliegt, und dann taucht auch noch Ashley auf; beide wirken wie ein Katalysator auf die familiären Fliehkräfte.

Soundtrack: The Housemartins („Everyday’s The Same“), Dispatch („Only The Wild Ones”), Nirvana („Comes As You Are”), „The Cranberries Dreams”), Peal Jam („Just Breathe”), Aimee Mann („Wise Up”), The Head and the Heart („All We Ever Knew”)

Autor Jörg Tensing hat – nach zwei herausragenden „Bloch“-Episoden und dem starken „Tatort“-Drama „Dinge, die noch zu tun sind“ – diverse Drehbücher für die Reihe „Katie Fforde“ geschrieben. Dass diese Filme mitunter deutliche Schwächen hatten, lag nicht nur, aber auch an seinen Vorlagen. Bestes Beispiel ist die New-York-Trilogie mit Ursula Karven. Der Auftaktfilm, „Das Weihnachtswunder von New York“ (2015), schwelgte zwar in festlichen Bildern, hatte aber viel zu wenig Tiefe; sehenswert war erst der Abschluss der Minireihe, „Warum hab ich ja gesagt?“ (2016). Ein gewisses Markenzeichen Tensings ist die Kombination unterschiedlicher Vorzeichen; „Martha tanzt“ (2014) mischte Liebesgeschichte und Mobbing-Drama, bediente sich aber auch diverser Klischees. Das ist bei „Familie auf Bewährung“ zwar nicht anders, doch die Schauspieler machen das wieder wett, selbst wenn der attraktiv charmante Clark zunächst eine typische Heinze-Figur ist. Sein sonnengebräunter Teint passt zwar nicht ganz zu der Aussage, dass Clark regelmäßig bis spätabends arbeitet, lässt Heinzes Augen aber noch blauer wirken als sonst; den entsprechenden Wettbewerb mit Kramer gewinnt er klar. All’ das ist jedoch spätestens mit Beginn des dritten Akts nur noch nebensächlich: Als die Familie auseinander bricht, kippt auch die Stimmung des Films.

Katie Fforde – Familie auf BewährungFoto: ZDF / Rick Friedman
Assistentin Ashley (Friederike Linke) will mehr als eine Affäre sein. Thomas Heinze

Heinze und Kramer haben schon vor vielen Jahren in der Sommerkomödie „Therapie und Praxis“ (2002) bewiesen, wie gut sie als Paar in der Trennung zusammenpassen. Den lautstarken Streit, als endlich der ganze Frust über die verkorkste Ehe aus Clark und Jane heraus bricht, spielen sie fast schon unangenehm gut; eigentlich seltsam, dass es so lange gedauert hat, bis sie wieder gemeinsam vor der Kamera standen. Bernhard Bettermann ist als Naturbursche eine überzeugende Ergänzung des Duos. Selbstverständlich ist „Pincher“ niemand anders als John Dwyer, der als Foto das Bild eines viele Jahre älteren Namensvetters verwendet, aber davon hat Jane, aus deren Sicht der Schriftsteller ein weltfremder und sexistischer Autor mit antiquiertem Frauenbild ist, zunächst keine Ahnung; Pinchers entsprechend ironische Dialoge sind von amüsanter Doppeldeutigkeit. Ohnehin sorgt Tensing gerade in den ersten sechzig Minuten für viele heitere Momente, die Regisseurin Frauke Thielecke zwar nicht unbedingt temporeich, aber doch angemessen kurzweilig umgesetzt hat. Dazu passt auch die muntere Musik (Ingo Ludwig Frenzel, Rainer Oleak), die mit viel akustischer Gitarre und zarten Country-Elementen für die richtige Stimmung sorgt.

Innerhalb des für einen Sonntagsfilm zumindest halbwegs ungewöhnlichen Rahmens bewegt sich die Geschichte allerdings weitgehend auf ausgetretenen Pfaden. Die Konflikte sind ebenso vorhersehbar wie die Annäherung zwischen Jane und John. Da sich die Handlung größtenteils im Wald zuträgt, müsste sie nicht zwingend in New England spielen; Tensing hätte „Familie auf Bewährung“ genauso gut im Schwarzwald ansiedeln können. Aber es macht Spaß, den Darstellern zuzuschauen, zumal Thielecke auch den Nachwuchs gut geführt hat: Sam Heinze ist hier in seiner ersten größeren Rolle und erstmals an der Seite seines Vaters zu sehen; und Pauline Rénevier machte bereits unlängst in tragenden Nebenrollen („Nord bei Nordwest – Waidmannsheil“, „Der Zauberlehrling“) auf sich aufmerksam. Ideen wie jene, als Jane an einer einsamen Haltestelle mitten in der Wildnis feststellen muss, dass der nächste Bus erst übermorgen fährt, entschädigen ohnehin für einige Schwächen. (Text-Stand: 13.2.2018)

 

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Reihe

ZDF

Mit Ann-Kathrin Kramer, Thomas Heinze, Bernhard Bettermann, Pauline Rénevier, Sam Heinze, Friederike Linke, Nina Franoszek

Kamera: Thomas Vollmar

Szenenbild: Andreas Rudolph

Schnitt: Geraldine Sulima

Musik: Ingo Ludwig Frenzel, Rainer Oleak

Redaktion: Verena von Heereman

Produktionsfirma: Network Movie

Produktion: Jutta Lieck-Klenke, Sabine Jaspers

Drehbuch: Jörg Tensing

Regie: Frauke Thielecke

Quote: 4,53 Mio. Zuschauer (12,4% MA); Wh. (2021): 4,33 Mio. (15,4% MA)

EA: 11.03.2018 20:15 Uhr | ZDF

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