„Wir hatten eine kleine Krise – aber es ist schon viel besser.“ Von wegen. Katharina Tempel (Franziska Hartmann) macht sich noch immer etwas vor, was ihre Ehe angeht. Ihr Mann Volker (Florian Stetter) hat sich ihr gegenüber zwar besser im Griff, aber der Aufwand, den er dafür betreiben muss, ist groß. Neben der gemeinsamen Paartherapie bei Psychologin Marita Rubesch (Jessica McIntyre) trifft er sich auch in deren Selbsthilfegruppe für Männer, die Probleme haben mit ihrer Impulskontrolle. Diese Treffen, zu denen Volker zunächst ohne das Wissen von Katharina geht, könnte den Pressesprecher der Hamburger Polizei einen hohen Preis kosten. Er ist sich sicher: Wenn einer der Teilnehmer das öffentlich mache, was er in der Therapie gesagt hat, dann könne er seinen Job vergessen. Der Hintergrund dieser Sorge: Eine Frau (Inga Birkenfeld), die Zeugin einer Vergewaltigung geworden ist, wurde ermordet. Sie ist die Schwester der Psychotherapeutin. Das Vergewaltigungsopfer, Miriam Fehrmann (Julischka Eichel), ist die ehemalige Partnerin von Paul Berkens (Shenja Lacher), der einschlägig bekannt ist für seine Aggressionsausbrüche und dem es gerichtlich untersagt wurde, sich seiner Ex zu nähern. Dieser Berkens ist ebenfalls in der Selbsthilfegruppe, und er kennt auch die Ermordete. Das Gleiche gilt auch für Volker. Der hat sich am Tag vor der Todesnacht sogar mit der vergewaltigten Miriam getroffen. Für Katharina ein herber Schlag.
Foto: ZDF / Georges Pauly
„Was wir begehren“ ist nach „Was wir verbergen“ (2022) und „Was wir fürchten“ (2024) die dritte Episode aus der Krimi-Reihe „Katharina Tempel“. Die ZDF/Arte-Koproduktion bleibt sich treu. Zum dritten Mal kombiniert Autorin Elke Rössler („Ella Schön“) Krimi- und Drama-Elemente psychologisch stimmig, konzentriert und stringent zu einer Geschichte, die keinen Zuschauer kaltlassen dürfte. Selbst Neueinsteiger sind bald im Bilde über die Beziehung der Tempels, die von Lügen und Geheimnissen geprägt ist. Die Kommissarin hatte sich eine eigene Wohnung gemietet – für den Fall der Fälle. Der tritt nun ein. Bis dahin hofft die Kommissarin, dass alles gut wird. Sie hält erst einmal ihren Mann aus den Ermittlungen heraus und Informationen für die Kollegen zurück. Später wird sie von ihrem Chef Georg König (Stephan Szász) vom Fall abgezogen, was sie nicht davon abhält, weitere Erkundigungen einzuholen. Katharina gerät ins Zweifeln – und ist verzweifelt. Volker hat ihr offenbar eine Lüge nach der anderen aufgetischt. Führt dieser Mann ein Doppelleben? „Blinde Flecken, die haben wir alle“, so ihr ihre Psychotherapeutin. „Wir neigen dazu, unliebsame Wahrheiten auszublenden.“ Diese Aussage beruhigt die Kommissarin nicht. Im Gegenteil. Für Franziska Hartmann heißt das: Sie bekommt auch diesmal die ganze Bandbreite an Emotionen zu spielen. Die Aussicht auf gute Zeiten, ihr Lächeln, ist bald verflogen, die Gesichtszüge entgleiten ihr zusehends, die Mundwinkel flattern, die Tränen fließen. Das Ende einer Liebe, das Zweifeln an der Wahrhaftigkeit eines Lebensabschnitts, in Körpersprache bewegend ausgedrückt.
Foto: ZDF / Georges Pauly
Dieses Krimi-Drama mit Thriller-Elementen bestätigt auch dramaturgisch die Qualität seiner Vorgängerfilme. „Was wir begehren“ ist kein herkömmlicher Ermittlerkrimi. Man hält sich nicht lange mit der Spurensuche auf: eine Frauenleiche in der Badewanne mit geöffneten Pulsadern, Zweifel am Suizid, und das letzte Handyfoto der Toten führt direkt zu einem Haus, in dem Tempel & Co auf die vergewaltigte Frau treffen. Die Handlung ist nicht fokussiert auf den Prozess des Ermittelns, sondern auf das, was unter der Oberfläche des Krimis gärt: der Beziehungssubtext, das Ehedrama. Statt des obligatorischen Termins in der Gerichtsmedizin wird bei der Schwester der Toten das Einverständnis zur Obduktion eingeholt. Noch bevor die Polizei die erste Leiche findet, steht für den Zuschauer der Ehemann unter Verdacht. Ob das Ganze mehr ist als eine zufällige Koinzidenz zwischen ihm und dem Mörder, um der Spannungsdramaturgie eine hochemotionale Richtung zu geben, oder ob sich die Befürchtungen, die man in den drei Filmen von dem äußerlich so umgänglichen Mann durchaus haben könnte, nun aufs Schlimmste bewahrheiten … nichts ist sicher. Dies spiegelt sich auch immer wieder in einem dichten, atmosphärischen Score, bei dem häufig nur einzelne Töne angeschlagen werden – suchend, tastend, fragend. Diese Ungewissheit bleibt vor allem nach dem, was die Psychologin über das Abspaltungsphänomen zu sagen weiß. Im Bett mit Norman Bates?
Der starke Thriller-Beigeschmack zieht sich durch den gesamten Film – anfangs als Irritationsmoment für die Beziehung, später als ein tragisches Ermitteln in eigener Sache und auf der Zielgeraden als ein Hochspannungsspiel auf Leben und Tod, das in einer grimmigen Der-Psycho-in-meinem-Bett-Pointe kulminiert. „Was wir begehren“ von Jens Wischnewski, der bereits die zweite Episode dieser aktuell besten ZDF-Krimi-Reihe inszeniert hat, gelingt das Kunststück, Krimi- und Thriller-Fans sowie Freunde komplexer Beziehungsgeschichten gleichermaßen zu fesseln. So ist denn auch das erzählte Familien-Drama mehr als eine psychologische Grundierung für den Mordfall und die Vergewaltigung. Neben den Eltern gehören noch der gemeinsame Sohn Linus (Michel Hoppe) und Volkers Mutter Teresa (Petra Zieser) zur Familie Tempel: Der Junge ist einer der Gründe, weshalb diese kluge, toughe Kommissarin ihren Mann nicht schon längst verlassen hat – und er ist in einer spontanen Nacht-und-Nebel-Aktion seiner Mutter mit dabei, was die Emotionalität dieser Situation deutlich steigert. Auch Katharinas Schwiegermutter ist kein narrativer Appendix: Sie verweist auf eine verhängnisvolle Familientradition. „Wie kannst du deiner Frau das antun, was mir dein Vater angetan hat?“, fragt sie – und schlägt ihren Sohn als Stellvertreter für ihre Demütigungen mitten ins Gesicht. Es ist nicht das letzte Mal in dieser „Katharina Tempel“-Episode, dass aus einer scheinbar netten Person die Gewalt herausbricht.
2 Antworten
Der vielleicht BESTE Film der Reihe, dieser 3. Film, aber leider wegen der prominenten Besetzung durchschaubar. Wenn merkwürdig ist, dass ein prominenter Darsteller am Anfang und bis zur Mitte nur relativ wenig Screentime hat…dann leuchten bei mir alle Alarmglocken…:-))
Lustig, wie man durch den veränderten Haarschnitt versucht hat, sein bekanntes Aussehen zu retuschieren…leider (bei mir) misslungen… :-)).
Trotzdem: Film war von Darstellung und Story her gut bis sehr gut…5 bis 6 Sterne.
Na, die beste ZDF-Reihe ist es bestimmt nicht. Ehrlich gesagt, verstehe ich den übertriebenen Lob der Serie und der Schauspielerin nicht. Ihr habt in Deutschland so viele Krimis mit den weiblichen Kommissarinen, die viel besser sind: Jana Winter, Helen Dorn, Karin Lossow, die Chefin, alle charismatisch und fesselnd. Die Tempel ist eher langweilig, schwach und ihre Ehe – krank. Der Serie würde ich so 4/10 geben, Tendenz leider abwärts. Die Titelheldin wird auch nicht besonders gut gespielt.