Im Gegensatz zum Freitagsfilm im „Ersten“, der dank einer neuen Ausrichtung mittlerweile fast immer sehenswert ist, bleibt das sonntägige „Herzkino“ im ZDF eine Wundertüte. Immerhin verbirgt sich zwischen den Schmonzetten immer wieder mal echte Kleinodien wie zum Beispiel „In deinem Leben“. Vielschreiberin Christiane Sadlo hat unter ihrem Künstlernamen Inga Lindström schon einige schwedische Liebesgeschichten erzählt, deren filmische Umsetzungen allenfalls dem Zeitvertreib dienten, oft aber auch dem Gegenteil von Anspruch entsprachen; bei diesem romantischen Drama stimmt jedoch fast alles.
Auf der Suche nach personellen Unterschieden zu früheren Sadlo-Sonntagsfilmen wird man rasch fündig: Die Autorin hat diesmal nur eine Erzählung als Vorlage geliefert, das Drehbuch stammt von Sathyan Ramesh, der an der vielfach ausgezeichneten ARD-Serie „Türkisch für Anfänger“ beteiligt war und unter anderem auch die wunderbare „Casablanca“-Hommage „Eine Nacht im Grandhotel“ geschrieben hat. Eine weitere wichtige Personalie betrifft die Regie. Thomas Nennstiel ist zwar auch nicht unbedingt ein Autorenfilmer, aber seine Komödien (zuletzt unter anderem „Idiotentest“ oder „Im Alleingang der Krähen“) stehen im Gegensatz etwa zu den Arbeiten von „Herzkino“-Stammregisseur John Delbridge in der Regel für einen gewissen Anspruch. Das zeigt sich bei „In deinem Leben“ nicht zuletzt an der ausnahmslos ausgezeichneten Führung der Darsteller und der dichten Inszenierung, die zwar nicht auf die obligaten Küstenbilder verzichtet (die Bildgestaltung oblag dem „Lindström“-geschulten James Jacobs), aber dank großer Dichte keinerlei Leerlauf aufweist.
Wie groß der Anteil von Buch und Regie an der Qualität des Films sind, offenbart nicht zuletzt der keineswegs aus dem üblichen Sonntagsrahmen fallende Handlungskern: Eine Frau erwischt ihren Mann nicht zum ersten Mal beim Seitensprung, setzt ihn vor die Tür, ändert ihr Leben und findet eine neue Liebe. Auch die einzelnen Zutaten sind nur bedingt originell; so erinnert zum Beispiel der Haustausch, der die Romanze überhaupt erst einleitet, an „Liebe braucht keine Ferien“. Dafür ist die Geschichte hübsch eingefädelt: Elisa (Suzan Anbeh), Bibliothekarin in der malerischen Provinz, hat einst mit ihrem schwulen Freund in Stockholm ein Restaurant geführt. Als dieser schwer erkrankt und sie bittet, für ihn einzuspringen, kommt ihr die Abwechslung gerade Recht. Zur gleichen Zeit rät in Stockholm eine Frau (Maresa Hörbiger) ihrem Schwiegersohn zu einem Tapetenwechsel: Witwer Markus (Hendrik Duryn) ist drei Jahre nach dem Tod seiner Frau immer noch untröstlich. Via Internet tauschen Elisa und Markus ihre Häuser; im Verlauf diverser Telefongespräche kommen sie sich näher.
Dass der Film fast auf Anhieb verzückt, liegt neben den vorzüglichen und treffend besetzten Schauspielern nicht zuletzt an Rameshs Spiel mit den Erwartungen. Schon die Szene mit dem Seitensprung verläuft anders als vermutet. Originell ist auch die Umsetzung der vorzugsweise abends geführten Telefonate, für die das Paar auf die jeweilige Terrasse geht und dann nebeneinander steht, was an den Klassiker „Bettgeflüster“ erinnert. Gelungen sind auch die verschiedenen Parallelmontagen der Hauptfiguren. Weil Elisa und Markus nicht auf ihre Etiketten reduziert werden, vermitteln sie eine Tiefe, die die Romanze deutlich von anderen Sonntagsfilmen unterscheidet. Nicht zu verachten ist auch die Suzan Anbeh zu verdankende erotische Komponente; für gewöhnlich ist „Herzkino“ in dieser Hinsicht ja geradezu keimfrei.
Zum gelungenen Gesamtbild tragen neben der sparsam instrumentalisierten, aber stimmungsvollen Musik von Karim Sebastian Elias auch die Nebendarsteller bei; selbst wenn Florian Fitz als untreuer Gatte alles andere als eine überraschende Besetzung ist und der zarte Wiener Akzent von Maresa Hörbiger nicht recht nach Stockholm passt. Erneut bemerkenswert ist dagegen die junge Tara Fischer (als Elisas aufmüpfige Tochter), die schon in dem Katie-Fforde-Film „Vergissmeinnicht“ auffiel und ihre schnippischen Dialoge hier wunderbar kratzbürstig wiedergibt. Unterm Strich hat „In deinem Leben“ nur ein Manko: Die Szenen im heruntergewirtschafteten Lokal wirken wie eine verunglückte Version jener Reality-Shows, in denen prominente Köche Restaurants testen. Aber das lässt sich verschmerzen.