„Die Welt wird wie Phoenix aus der Asche neu erstehen“, schwärmt ein alter NS-Ideologe, der mit falscher Identität überlebt hat. Die alten Nazis formieren sich neu und wollen noch einmal dem Recht des Stärkeren zum Sieg verhelfen – so zeigt es das Pro-Sieben-Movie „Götterdämmerung – Morgen stirbt Berlin“. Vergangenheitsbewältigung im Action-Thriller-Gewand – Autor Rochus Hahn indes hatte ein Suspense-Drama mit Anspruch im Sinn.
Bei Unterwasserarbeiten am Potsdamer Platz kommt es zu einer Explosion. Wenig später wird ein altes Zählwerk aus Nazi-Tagen entdeckt. Die Bombe tickt. 80 Kilo TNT sind miteinander verkabelt. 48 Stunden, dann erlebt Berlin Mitte sein Inferno. Wenn nicht das Team um Kommissar Lobenstein (Rüdiger Vogler), die engagierte Historikerin Sandra (Juliane Paul) und ihren Partner, den Bombentaucher Paul (Tim Bergmann), den Countdown aufhalten kann. Des Bomben-Rätsels Lösung könnte das geheime Nazi-Kommando „Götterdämmerung“ sein. Informationen darüber erhofft sich Sandra von ihrem Großvater, einem überzeugten Nazi.
„Ich wollte nicht dieses klassische Nazi-Dumpfgehabe à la Indiana Jones, sondern wollte einen Menschen zeigen, der für eine Ideologie lebt“, sagt Drehbuchautor Hahn, der hier seinen ersten dramatischen Stoff umgesetzt hat. „Das ewige Bild vom Schlächter und Hollywood-Bösewicht ist eher kontraproduktiv zur Aufarbeitung der Dritte-Reich-Problematik“, glaubt er. Die Zeitbombe, Kernstück des Action-Thrillers, ist für den 40jährigen Münchner nichts anderes als eine Metapher. „Das heißt letztendlich: es kann jederzeit wieder passieren.“
Foto: Pro Sieben
Das sprichwörtliche Graben in der Geschichte war für den Autor mehr als nur eine Funktion, mehr als der Hitchcocksche McGuffin. Interessiert hat ihn der Vater/Tochter-Konflikt. „Um Informationen zum Ausforschen der Zeitbomben-Mechanismen zu bekommen, muss sie den Weg zurück gehen zu einem Mann, den sie völlig ablehnt & der ihr völkisches Gedankengut eingetrichtert hat.“ Für Pro Sieben kam es indes mehr auf den Action-Thrill an. Die größte Baugrube Deutschlands sollte zum Hauptdarsteller werden. Außerdem wurde aus dem Vater ein Großvater – was dem Generationen-Konflikt einen Teil seiner archetypischen Kraft nahm.
„Götterdämmerung“ setzt fort, was mit Serien wie „HeliCops“ oder den „Straßen von Berlin“ begonnen hat. Berlin, die Alptraum-Stadt, deren Monumente telegen „abgefackelt“ werden. Joe Coppolettas Thriller begnügt sich mit Unterwasser-Action. Dennoch vermutet Hahn: „Es ist ein Nachteil für uns, dass zur Zeit die Sprengung von Berlin im deutschen Fernsehen inflationär vorgenommen wird. Dieses Alptraum-Szenario ist fast schon Alltag geworden.“