Freigesprochen

Frank Giering, Lavinia Wilson, Corinna Harfouch. Schuld und Sühne – Arthaus-like

Foto: ORF / Lotus Film / Muller
Foto Rainer Tittelbach

Ein Kuss, ein überhörtes Signal – und zwei Leben sind völlig aus den Angeln gehoben. 22 Tote. Ein Bahnwärter hat nicht richtig reagiert und wird dennoch freigesprochen. Dafür wird die Lüge ihn und das Objekt seines Begehrens auffressen. Glück wird größer, wenn man es teilt. Schuld auch. Eine preisgekrönte österreichische Kino-Koproduktion nach Ödon von Horvath. Sperrig und intensiv zugleich, gute Schauspieler und vorzüglicher Soundtrack.

Thomas Hudetz ist seit 12 Jahren Bahnhofsvorsteher. Bisher hat er sich nichts zuschulden kommen lassen. Das soll sich ändern. Eine Umarmung. Ein Kuss. Ein schriller Warn-Ton. Zehn Sekunden. Dann ist die Katastrophe da. 22 Tote. Hudetz hat nicht reagiert. Anna, die gerade vom Sex mit ihrem Freund Ferdinand kommt, weiß mal wieder nicht wohin mit ihrer Sinnlichkeit. Ein Kuss, ein überhörtes Signal – und zwei Leben sind völlig aus den Angeln gehoben. Auch sein bester Freund ist unter den Toten. Der Bahnwärter muss in U-Haft. Anna sagt für ihn aus, seine Frau gegen ihn. Zufällig wurde sie Zeugin des verhängnisvollen Kusses. Dennoch endet das Verfahren mit einem Freispruch: „Verkettung unglücklicher Umstände“, heißt es in der Urteilsverkündung. Und diese Verkettung geht weiter: seine Frau verlässt ihn, dafür wird Hudetz vom toten Freund heimgesucht. Die Lüge und das schlechte Gewissen belasten die Seele des Mannes, der sich zunehmend zu Anna hingezogen fühlt. Sie scheint ihm geradezu verfallen zu sein. Immer wieder besuchen sie gemeinsam den Ort des Zugunglücks, gedenken der Toten – verzweifelt verknäulen sich ihre Körper zu einem Häuflein Schuld.

„Freigesprochen“ ist eine österreichische Kino-Koproduktion, basierend auf Ödön von Horvaths Theaterstück „Der jüngste Tag“ (1937). Das schwerblütige Schuld-und-Sühne-Drama von Peter Payer wurde beim Filmfestival in Locarno 2007 mit dem Goldenen Leoparden ausgezeichnet. Das Motto des Films könnte lauten: Glück wird größer, wenn man es teilt. Schuld auch. Der spannende Stoff wird nicht dem TV-typischen Spannungsdramatisierungsprozess unterzogen, sondern ist im Stile eines Arthaus-Films in Szene gesetzt. Das ist mitunter sperrig in Handlung und Spiel – nichts für Zuschauer, die sich identifizieren wollen. Zum Schauen aber hält „Freigesprochen“ eine Menge parat. Da gibt es Einstellungen, die nach Standbild rufen. Da gibt es Gesichter, in denen man vergeblich eindeutige Gefühle sucht. Da gibt es Schauspieler, die ihre eigenen Geschichten erzählen: die eines tragischen Lebens (Frank Giering), die einer aufregenden Karriere (Corinna Harfouch), die eines Objekt des Begehrens (Lavinia Wilson). Wunderbares gibt es zwischendurch auch zu hören (siehe Soundtrack). Ein Film, zu dem man sich verführen lassen wollen muss.

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Kinofilm

ORF

Mit Frank Giering, Lavinia Wilson, Corinna Harfouch, Robert Stadlober, Alfred Dorfer, Thierry van Werveke

Kamera: Andreas Berger

Schnitt: Cordula Werner

Soundtrack: u.a. The Staggers („Be my queen“), A Life A Song A Cigarette („Boy interrupted“), The Legendary Pink Dots („Bella Donna“), Clara Luzia („How I learned to disappear“), KMET („Order Rain“)

Produktionsfirma: Lotus Film

Drehbuch: Peter Payer

Regie: Peter Payer

EA: 30.08.2011 20:15 Uhr | 3sat

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