Familienkreise

Götz George, Daniel Nocke, Stefan Krohmer. Wenn Lebenslügen Sinn ergeben

Foto: BR / Stefan Krohmer
Foto Rainer Tittelbach

„Familienkreise“ macht da weiter, wo Nocke und Krohmer mit „Ende der Saison“ begonnen haben. Sie erzählen von der ewigen Macht der Ursprungsfamilie, von Anspruch und Versagen unter Menschen, die sich lieben und doch Probleme haben, miteinander offen zu reden. Sie zeigen sensibel, klug und sehr präzise die Auswirkungen kleinster Veränderungen im Beziehungsgeflecht. Alle Schauspieler agieren beiläufig und mit sparsamen Mitteln. Die Dialoge sind realistisch, knapp und undramatisch. Dafür gab’s den Grimme-Preis.

Jahrelang war der Auslandskorrespondent Raimund Parz in der Welt unterwegs. Die Familie blieb in der Heimat. Jetzt ist er zurück und will mitreden bei Angelegenheiten, um die er sich nie gekümmert hat. Den ältesten Sohn, den er für einen Versager hält und der – statt Karriere zu machen – in Bonn bei seiner Mutter geblieben ist, schmeißt er von heute auf morgen aus dem Haus. Da schaltet sich der jüngere Bruder ein. Der will vermitteln. Doch gegen den übermächtigen “Vati” hat auch er schlechte Karten. Als er sich dann auch noch in die Freundin seines Bruders verliebt, scheint die Katastrophe unausweichlich.

“Familienkreise” ist der neue Film von Regisseur Stefan Krohmer und seinem Autor Daniel Nocke. Beide waren mit ihrem Grimme-Preis-gekrönten “Ende der Saison” die große Fernsehentdeckung vor zwei Jahren. Mit dem wiederum vom Bayerischen Rundfunk produzierten Film setzen sie fort, was sie mit der undramatischen Geschichte um Krebs, Liebe und Familienbande begonnen haben. Sie erzählen von der ewigen Macht der Ursprungsfamilie, von Anspruch und Versagen unter Menschen, die sich lieben und doch Probleme haben, miteinander offen zu reden. Sie zeigen sensibel, klug und sehr präzise die Auswirkungen kleinster Veränderungen im Beziehungsgeflecht. Dabei ergehen sich die Macher nie in der Psychologisierung ihrer Figuren. Sie interessiert, welche Kreise das Handeln zieht. Alles ist, wie es ist. Selbst Lebenslügen können ihren Sinn haben. Nur ein Erzähler sorgt mitunter für einen ironischen Unterton und ein paar moralische Fingerzeige.

FamilienkreiseFoto: BR / Stefan Krohmer
Sich in die Freundin des Brüders zu verlieben, ist nicht die feine Art. Was wird wohl „Vati“ sagen? Entdeckungen von „Familienkreise“: Hans-Jochen Wagner und Katja Gaub.

“Die kriegen das nicht hin, Anspruch und Wirklichkeit zur Deckung zu bringen, und geraten einfach in etwas hinein”, beschreibt der Hauptdarsteller Hans-Jochen Wagner, der den konsensbereiten jüngeren Bruder Christopher spielt, die Verhältnisse jener bildungsbürgerlich-aufgeklärten Mittelklasse-Familie mit sozialliberalem Hintergrund. “Eine einfache Zuteilung von Gut und Böse ist unmöglich in dieser Geschichte”, betont auch er. In seiner ersten Hauptrolle in einem Film kann der Bühnenschauspieler, der drei Jahre lang am Wiener Burgtheater gastierte, ohne Anstrengung auch in Sachen physische Präsenz mit Götz George, Jutta Lampe oder Sophie von Kessel mithalten. Alle Schauspieler, auch die andere Neuentdeckung, die großartig verhuschte Katja Gaub, agieren beiläufig und mit sparsamen Mitteln. Und die Dialoge sind realistisch, knapp und undramatisch. Ein großes Verdienst des Autors, so Wagner. “Nockes Bücher haben eine Qualität fast wie Theaterstücke.“ So bekommt der eher distanziert inszenierte Film eine Nähe zu seinen Protagonisten und entfalten die Phänomene des Alltags eine Wahrheit, wie man es selten im Fernsehen sieht. (Text-Stand: 20.8.2003)

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Fernsehfilm

BR

Mit Götz George, Hans-Jochen Wagner, Jutta Lampe, Sophie von Kessel, Katja Gaub, Tobias Oertel, Marc Zwinz

Kamera: Gunnar Fuß

Szenenbild: Silke Fischer, Stephanie Wirth

Schnitt: Stephan Krumbiegel

Produktionsfirma: TeamWorx

Drehbuch: Daniel Nocke

Regie: Stefan Krohmer

EA: 20.08.2003 20:15 Uhr | ARD

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