Hanni Winter ist Hausfrau, brav bekocht und umsorgt sie ihren Ehemann, wenn sie sich nicht gerade um ihr Enkelkind kümmert. So gewissenhaft sie der häuslichen Arbeit nachgeht, so ernst nimmt sie auch ihre Aufgabe als Geschworene in einem Mordprozess. Alle Indizien sprechen gegen den stadtbekannten „Strizzi“, der eine seiner Prostituierten getötet haben soll. Der Mann wird zu „lebenslang“ verurteilt. Auch sie hat auf schuldig plädiert. Doch bald kommen ihr Zweifel. Sie entdeckt Schlampereien, Ungereimtheiten, Manipulationen. „Ich kann und will mit einem Fehlurteil nicht leben“, sagt sie allen, die es hören wollen und holt aus zum Gegenschlag: da hält sich der Richter die Backe – und zuhause bleibt die Küche kalt.
David-gegen-Goliath-Geschichten haben ihren Reiz. Wenn der David Hanni heißt und von Christiane Hörbiger gespielt wird, dann schwingt man förmlich selbst die Pritsche, mit der die Großmutter, unterstützt vom Kasperl in Gestalt des Geschworenen-Obmanns, dem bösen Krokodil Rechtssystem Saures gibt. „Die Geschworene“ ist ein schnörkelloses, ganz auf seine Hauptfigur zugeschnittenes Justizdrama, das in vorgespurten dramaturgischen Bahnen abläuft. Trotz der Vorhersehbarkeit kommt kein Verdruss auf, zu perfekt sitzt die Rolle auf der Hörbiger-Haut. „Für eine biedere, sehr autoritätsgläubige Frau ist sie sehr mutig“, betont Regisseur Leytner. Das über sich Hinauswachsen der kleinen Frau, auch ein gängiges Handlungsklischee, spielt die Grande Dame ganz aus dem kleinbürgerlichen Milieu heraus. Keine großen Gesten, eher mal ein Zögern, ein Stocken im Bewegungsablauf. Selbst der Gang ins Rotlichtmilieu verkommt nicht zum Kintopp. „Übereinstimmungen mit lebenden Personen und tatsächlichen Ereignissen sind zwar nicht zufällig, aber dennoch fiktiv“, heißt es im Vorspann des deutsch-österreichischen TV-Films. Solch ein Prolog Justitia zuliebe gab es zuletzt bei „Contergan“. Auch das Justizdrama mit Christiane Hörbiger entfachte Diskussionen und einen Rechtsstreit. Bei uns ist der Fall um den ehemaligen Motorradsportler Tibor Foco kaum bekannt, in Österreich beschäftigte er jahrzehntelang die Öffentlichkeit.
Foco wurde 1987 zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Verfahren wurde in den 90er Jahren wieder aufgenommen. Doch da war er längst aus dem Gefängnis ausgebrochen und untergetaucht. Aus Tibor Foco wurde im Film Laszlo Varga. Die Vita ist weitgehend identisch: Der des Mordes an einer Prostituierten Angeklagte und Verurteilte ist Ex-Rennfahrer und Puffbetreiber. In den Augen der Öffentlichkeit war „so einer“ in den 80er Jahren von vornherein schuldig. Im Falle von Tibor Foco änderte sich allerdings die öffentliche Meinung, als die Geschworenen Jahre später am Urteil zweifelten. (Text-Stand: 8.7.2009)