Frau, zwei Kinder, Bausparvertrag – das kann doch nicht alles sein, was man vom Leben erwarten sollte. Ein Streifenpolizist in der Krise. Als er es zufällig im Dienst mit dem Eiskunststar Katarina Witt zu tun bekommt, fühlt sich für ihn plötzlich alles ganz anders an. Martin Breiler vergisst den Familientraum vom eigenen Häuschen, kauft sich lieber ein Cabrio, nimmt im Job eine Auszeit und widmet sich ganz seiner neuen Obsession. „Ab jetzt bin ich für Sie da! Ich lass’ Sie nicht mehr aus den Augen“, verspricht er der ehemaligen Olympia-Gewinnerin, nachdem er Ängste vor abermaligen Stalking bei ihr geweckt hat. Noch ahnt sie nicht, dass dieser hilfsbereite, freundliche, kleine Mann ein großes Problem hat.
Soundtrack: u.a. Kid Rock („All summer long“), Joe Cocker, AC/DC („Rock’n Roll Train“), Silbermond („Himmel auf“)
„Die Geschichte aus der Perspektive des potenziellen ‚Täters’ zu erzählen, empfand ich als sehr interessant.“ (Matthias Koeberlin)
Eine einzige Begegnung – und die ganze Existenz eines Menschen droht zu kippen. „Der Feind in meinem Leben“ erzählt vom Ausbruch aus dem Alltag, von einem zutiefst unzufriedenen Menschen. Was gerade noch Sinn des Lebens war, hat plötzlich keinerlei Bedeutung mehr. Eine interessante Buch-Idee, eine starke Ausgangssituation – doch für was? Für ein Beziehungsdrama? Für ein Psychogramm des schleichenden Wahnsinns? Für einen Thriller? Bernd Böhlich, Sat 1 und die Produzenten waren von der „coolen“ Idee und der Vorstellung, ein TV-Movie mit einer realen Ikone drehen zu können, vielleicht geblendet. So gut jedenfalls die Idee, so wenig dramaturgisch durchdacht scheint die Genre- und Psychologik der Story.
„Da mich die Menschen über 25 Jahre als Eiskunstläuferin kennen und die Geschichte in dem Milieu spielt, hätte es keinen Sinn gemacht, mich zum Beispiel Ulrike Schmidt zu nennen.“ (Katarina Witt)
Der Wut-Bulle ist die Identifikationsfigur. Dadurch, dass Matthias Koeberlin jenen Martin Breiler spielt und er dies überzeugend macht, ist ein Bedrohungsthriller so gut wie ausgeschlossen. Dafür wäre Bernd Böhlich auch nicht der richtige Mann. Durch die Bereitschaft von Katarina Witt, eine Hauptrolle zu spielen, konnte der Grimme-Preisträger das Stalking-Thema von der Opfer-Seite her ausbauen. Eine gute Idee – die eingeschränkten schauspielerischen Möglichkeiten von Witt setzen ihr jedoch Grenzen. Die seelischen Nöte ihrer Figur kann sie nicht emotional glaubhaft machen. Wenn sie davon spricht, wie das war, als sie vor Jahren von einem Stalker verfolgt wurde, hört man eher das Papier rascheln, als dass man Ängste zu spüren bekäme: „Wenn jemand in Ihr Leben tritt, den Sie da nicht haben wollen, dann ist das echt nicht lustig… Wie ekelhaft das ist, wenn jemand Ihr Leben anfasst, Ihre Kleidung…“ Heute ist diese Frau abgeklärt. Das kann Witt zeigen. Nach 60 Minuten ist sie so gut wie im Bilde. Um diese Frau muss man sich keine Sorgen machen. Das ist auch deutlich zu sehen: hier der Hänfling, der sich von Tag zu Tag in einer schlechteren Verfassung befindet; dort die stattliche Heldin, die nicht nur auf dem Eis körperliche Präsenz zeigt.
„Wir haben uns schnell von der Idee verabschiedet, Witts realen Stalking Fall nachzustellen. Trotzdem sind Katarinas Erfahrungen aus dieser Zeit in das Buch eingeflossen, ihre Ängste, ihre Verzweiflung, ihre Worte.“ (Bernd Böhlich)
„Der Feind in meinem Leben“ entwickelt sich also nicht zum Thriller. Die Film spielt aber mit Situationen des Genres – allein die Wirkung ist eine andere: Es gibt eine Szene, in der es sich der Held abends in Witts Villa bequem macht und die Nähe zu „ihren“ Dingen sucht. Als der Star das Haus betritt, entsteht nicht jene Spannung, die mit ihrer Bedrohung zu tun hat, sondern es entsteht beim Zuschauen ein Furcht-vor-dem-Fremdschäm-Effekt, weil man mit dem Stalker mitfiebert. In diesem Polizist mag es noch so sehr brodeln, dass er seiner „Geliebten“ etwas antun könnte, ist eher unwahrscheinlich. Diesen Aspekt des Phänomens Stalking bringt Böhlich sehr anschaulich ins durchaus kurzweilige Spiel. Im Grunde erzählt der Film davon, wovon auch Liebesfilme erzählen: von romantischer Liebe – allerdings in einer pathologischen Variante. Es geht um die krankhafte Idealisierung eines geliebten Gegenübers, um die Aufwertung eines schwachen Egos durch den Glanz des „Partners“, um Vollständigwerden durch einen Anderen, um Errettung aus der Hölle des Alltags. „Der Feind in meinem Leben“ ist also noch am ehesten ein Film über die Verirrung eines Liebenden. Zum Psycho- oder Beziehungsdrama jedenfalls reicht es nicht. Und der Schlusspunkt, ist – selbst wenn man ihn als Metapher versteht – völlig verunglückt. (Text-Stand: 12.12.2012)