„Triest hat etwas Raues, hat einen Charakter, der durch die geografische Lage zu Slowenien und Österreich und durch die fragile politische Vergangenheit geprägt wurde“, sagt Henry Hübchen. Der Hang von Veit Heinichen, aus Kriminalromanen Gesellschaftsromane zu machen, sei ein Grund für ihn gewesen, den Job als Schweriner „Polizeiruf“-Kommissar zu quittieren und für „Commissario Laurenti“ in der Küstenstadt mit den vielen Gesichtern vor Anker zu gehen. Ein weiterer Grund: Laurenti selbst, „er ist ungerecht, schnell genervt und bösartig, dann aber auch wieder das Gegenteil“, sagt Hübchen. In Laurenti erwacht der Widerspruchsgeist, wenn ihm seine Vorgesetzten den Ermittlungsstil vorschreiben wollen.
Glaubt man dem Hauptdarsteller, dann hat man es bei „Commissario Laurenti“ mit einem Ausnahme-Projekt zu tun. Doch die selbstzufriedene PR täuscht. Auch der vierte Fall „Der Tod wirft lange Schatten“ ist ein Krimi aus der unteren Mittel-Klasse. Es beginnt mit einem Schuss Action: Bei einer Schießerei auf offener Straße wird ein Enkel eines skrupellosen, rechts gerichteten Geschäftsmannes getötet. Dieser sieht sein Imperium in Gefahr, weil Dokumente, die die Familie als Nazi-Kollaborateure entlarven, in die falschen Hände geraten sind. Außerdem hat ein brutaler Unterweltboss seine Finger im blutigen Spiel.
Weil offenbar die kostspieligen Krimis aus Triest allen etwas bringen sollen, verzetteln sie sich in ihren trivialen Geschichten. So ist auch der Film von Hannu Salonen in Sachen Spannung eine einzige Enttäuschung. Aber auch im Geplänkel der Ermittler findet man als Zuschauer ebenso wenig ein Zuhause wie am Tisch der vierköpfigen Laurenti-Familie. Da die Krimis von Veit Heinichen durchaus TV-kompatibel sind, ist die mangelnde Qualität wohl eher in der Konzeption der Fernsehmacher zu suchen. Hat man also vielleicht zu schlechte Autoren für die Roman-Adaptionen engagiert? Dagegen spricht, dass selbst der Ausnahmeautor Lothar Kurzawa bei „Der Tod wirft lange Schatten“ nichts retten konnte.
Deutsche Schauspieler als Italiener sehen zu müssen, bleibt gewöhnungsbedürftig, kann aber nicht allein Grund für das Scheitern sein: bei Kollege Brunetti klappt die „Italisierung“ sehr viel besser. Ist vielleicht Triest ein Schwachpunkt? Venedig mit seinen engen Gassen ist sicher ein besserer Ort für Krimis – auch optisch. Dagegen zeigt der Hang zur Totalen bei „Laurenti“ besonders in Action-Szenen die ganze Dürftigkeit der Produktion. Es sieht fast so aus, als seien die Regisseure stets mit zu wenig Material aus Italien ins Schnittstudio nach Deutschland gekommen. Fazit: Bei diesem „Commissario“ bleibt der Wurm drin. Zur Analyse des Scheiterns sollten keine weiteren Folgen nötig sein. (Text-Stand: 10.1.2008). Nachtrag 2011: Die ARD hatte ein Einsehen und ließ nur noch eine Laurenti-Episode folgen.