Chronologisch war das kaum korrekt, wie die ARD 2003 mit ihren beiden Filmen zum 50. Jahrestag des 17. Juni 1953 verfahren ist: Obwohl die Ereignisse in Berlin für die Arbeiter in der restlichen DDR das Signal waren, den Generalstreik auszurufen, zeigte „Das Erste“ mit „Tage des Sturms“ zuerst den Film aus Bitterfeld. Schaut man sich nun, eine Woche später, „Zwei Tage Hoffnung“ an, wird auch klar, warum: Der vom erfolgreichen Duo Nico Hofmann/Peter Keglevic produzierte und inszenierte Film spielt in einer ganz anderen Liga.
Und das ist keineswegs bloß eine Frage des Geldes, selbst wenn „Zwei Tage Hoffnung“ mit 4 Millionen Euro doppelt so teuer war, weshalb sich die Kamera an der detailgetreuen Ausstattung mitunter gar nicht satt sehen kann. Der Qualitätsunterschied liegt vor allem in der Geschichte. Klar, beide Filme erzählen von familiären Vorfällen rund um die Tage des Aufstands. Doch im Unterschied zu Erich Loest und Hans-Werner Honert, den Autoren von „Tage des Sturms“, hat Autor Holger Karsten Schmidt eine Geschichte zu bieten, die den später geborenen und an den historischen Ereignissen womöglich sogar desinteressierten Zuschauer nicht fast zwangsläufig ausschließt. Auch wenn gerade die familiären Parallelen nicht zu übersehen sind: Schmidts Figuren stammen nicht vom Reißbrett der Geschichte, sondern sind lebendig und müssen sich in Konflikten bewähren, die durchaus zeitlos sind.
Im Mittelpunkt steht auch hier ein junger Mann (Sebastian Koch), der eine neue, weniger verbohrte Generation verkörpert. Helmut Kaminski hat sein Glück im Westen gefunden und arbeitet für das „Radio im amerikanischen Sektor“ (Rias). Eines Tages wird er Zeuge, wie die Stasi einen Informanten am Grenzübertritt hindert und verschleppt. Kaminskis Kollege hat Fotos gemacht. Auf einer Vergrößerung erkennt der Journalist, wer die gewaltsame Verhaftung vom Wagen aus überwacht hat: sein Bruder Wolfgang (Hans Werner Meyer). In der Tasche des Verhafteten, die der Mann noch wegwerfen konnte, entdeckt Kaminski eine Liste, die auch die Namen seines Bruders und seines Vaters enthält. Vater Otto (Matthias Habich), Brigadeleiter, der sich vor seine murrenden Arbeiter stellt, gilt als Querulant. Beide, findet Helmut schließlich heraus, gelten als politisch unzuverlässig und sollen im Fall von Unruhen wie all die anderen „üblichen Verdächtigen“ mindestens mundtot gemacht werden. Als die Arbeiter streiken und zu Tausenden auf die Straße gehen, schweben alle drei wie auch Wolfgangs Freundin (als Frau zwischen zwei Männern: Lisa Martinek) in größter Gefahr.
Grimme-Preisträger Keglevic inszeniert die Geschichte angemessen: als richtig großes Fernsehen. Bis in die kleinsten Nebenrollen hinein ist der Film vorzüglich besetzt. Anders als in „Tage des Sturms“ ist hier außerdem keineswegs von vornherein klar, wer die Guten und wer die Bösen sind. Helmut zum Beispiel ist eher aus Bequemlichkeit in den Westen übergesiedelt, während Bruder Wolfgang alles andere als ein Betonkopf ist. Natürlich konnten sich die Ausstatter dank des großzügigen Produktionsetats in den Studios von Potsdam-Babelsberg nach Herzenslust austoben. Doch erst Keglevics temporeiche, manchmal gefühlvolle, immer aber ungemein intensive Inszenierung macht aus „Zwei Tage Hoffnung“ einen Film, der weit über die Ausstrahlung hinaus wirken wird. (Text-Stand: 14.5.2003)