Er möge doch gern ins Erwerbsleben zurückkehren, rät die Übergangsmanagerin, aber bitte nicht als Urkundenfälscher oder Einbrecher. Dummerweise sind dies exakt die beiden Tätigkeiten, die Konrad Kühn am besten beherrscht, weshalb sich die Hoffnung umgehend als frommer Wunsch erweist: Die Katze lässt das Mausen nicht. Konrad bastelt sich einen täuschend echten Personalausweis auf den Namen Andreas Austermann und fährt an die Ostsee, wo ein Haus in prachtvoller Lage dank des geklauten echten Erbscheins nur auf ihn zu warten scheint. Zu seiner Überraschung trifft der vorzeitig entlassene Häftling – hinter der pompösen Berufsbezeichnung „Übergangsmanagerin“ verbirgt sich seine Bewährungshelferin – jedoch auf eine Mieterin, die sich als offizielle Erbin ausgibt, aber kein Testament vorweisen kann. Dass IT-Expertin Clara Mensen (Katrin Röver) überhaupt nicht einsieht, dem vermeintlichen Neffen des jüngst verblichenen Hausbesitzers Edgar das Feld zu überlassen, hat allerdings noch einen weiteren Grund, der den Wert des Anwesens bei Weitem übertrifft; und nun entwickelt sich ein Scharmützel, das durchaus kurzweilig, aber auch recht harmlos ist.
Sehenswert ist „Zwei Erben sind einer zuviel“ vor allem wegen Peter Heinrich Brix, der Konrad mit der gleichen Verkniffenheit verkörpert, die auch Kommissar Sievers in den „Nord Nord Mord“-Krimis (ZDF) auszeichnet. Sein wohldosiertes Agieren lässt das mitunter allzu große Engagement der beiden Spielpartnerinnen umso übertriebener erscheinen. Katrin Röver muss Claras Unmut einige Male unangemessen laut herausschreien, aber die ungleich grellere Figur ist Valeska (Marion Kracht), Claras mütterliche Freundin, eine selbstständige Krankenschwester, die offenbar als Comedy-Part auserkoren war. Angesichts von Konrads Maulfaulheit wirkt die distanzlose Valeska ohnehin überzeichnet. Dass sie den Erbschleicher wie angedroht beim Schwimmen ohne Bikini heimsucht, wäre bei einem Mann zudem ein klarer Fall von sexueller Belästigung.
Foto: Degeto / Boris Laewen
Eine weitere heitere, aber weniger überdrehte Figur ist der Bürgermeister (Tom Beck), der auf dem Austermann-Gelände ein Luxushotel errichten will. Das ist zwar ein typisches Versatzstück vieler Freitagsfilme, die in schöner Landschaft spielen (hier die Flensburger Förde), aber originell ist immerhin das wie ein Pokerduell inszenierte Verhandlungsgespräch. Regisseurin Friederike Heß, bislang als Kamerafrau für viele ZDF-Produktionen tätig (darunter auch „Nord Nord Mord“), sagt im NDR-Interview zu ihrem ersten Langfilm, sie habe vorher „wahnsinnig viele Komödien“ geschaut; möglicherweise waren es die falschen. Ihr Regiedebüt, die gemeinsam mit André Erkau inszenierte ZDF-Dramaserie „Die zweite Welle“ (2023), war jedenfalls um Längen besser.
Das Drehbuch von Katharina Münk und Valentin Holch, der als Produzent wie zum Teil auch als Autor für die ZDF-Reihe „Ein Tisch in der Provence“ verantwortlich war und dort schon mit Kamerafrau Heß zusammengearbeitet hat, ist immerhin abwechslungsreich. Dass zunächst Einiges im Unklaren bleibt, hat natürlich Methode. Kaum hat sich Konrad auf dem Anwesen eingenistet, steht auch schon eine lange Kundschaftsschlange vor der Tür: Edgar Austermann hat Radios und Fernseher repariert; die Einheimischen gehen davon aus, dass der Erbe das Geschäft weiterführt. Tatsächlich ist der Andrang Teil von Claras Plan, den ungebetenen Gast wieder loszuwerden; dazu gehören auch Kindereien wie lautstarkes Rasenmähergeknatter morgens um 6 oder ein platter Reifen an Konrads Auto.
Wie in fast allen Geschichten dieser Art wandelt sich die Spinnefeindschaft schließlich zu einer widerwilligen Kooperation. Clara muss unbedingt Edgars Testament finden, und das keineswegs nur, um sich als Erbin zu legitimieren: Sie ist überzeugt, dass der letzte Wille den Zugangscode zu einem Online-Vermögen enthält; der Begriff „Krypto-Währung“ bekommt auf diese Weise eine ganz neue Bedeutung. Konrad ahnt, dass die Werkstatt bloß Tarnung ist, aber als ihm Clara auf die Schliche kommt, scheint er aus dem Spiel zu sein. Der Prolog hat allerdings bereits vorweggenommen, dass er der Lösung einen großen Schritt näher gekommen ist, als er in Edgars Urne einen USB-Stick entdeckt; dummerweise landet der Datenträger aufgrund eines Missgeschicks im Magen von Claras Bulldogge Marlene. Außerdem hat Edgar noch ein Rätsel hinterlassen, das zumindest der clevere Teil des Publikums jedoch auf Anhieb lösen wird. Mehr als hörenswert ist die Musik von Paul Eisenach, ein ruhiger Jazz, der perfekt zu Brix’ tiefenentspanntem Spiel passt.
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