Lucie ist der absolute Kontrollfreak, Angstneurosen inklusive – und jetzt das! Mit einem fremden, aber verdammt gut aussehenden Abenteurer hängt sie in der Wüste fest, irgendwo im nordafrikanischen Nirgendwo. Gerade hat ihr noch Anwaltsfreund David einen Heiratsantrag gemacht. Den heiligen Berg der Berber, den allerdings will ihr der coole Ben zeigen. Lucie lässt sich auf diesen Trip ein, sie tauscht den goldenen Käfig des orientalischen Traumhotels gegen einen Offroad-Trip mit ihrer Zufallsbekanntschaft – Survival-Training und Todesgefahr all inclusive. Sie kommt in Sandstürme, kämpft mit Hitze und Durst, läuft sich im Treibsand todmüde und kraxelt in gigantischen Felswänden um ihr Leben. Dann erhebt sie wie ein Adler ihre Schwingen – und will endlich diesen Alptraum hinter sich lassen.
„Wüstenherz – Der Trip meines Lebens“ ist auf den ersten Blick ein Abenteuerfilm. Zwei junge, attraktive Menschen suchen eine Abwechslung vom Alltag, eine Herausforderung. Auch wenn sie sich das alles ein bisschen anders vorgestellt haben, sind sie bald mittendrin im Kampf mit der Natur und ihren Unwägbarkeiten. Sie stoßen dabei nicht nur an ihre physischen Grenzen. Der Film von Richard Krause konzentriert sich ganz auf den Urkonflikt, verzichtet – mit Ausnahme auf die Suchaktion von Lucies Freund David, die etwas Action bringen wird – auf weitere Handlungsstränge. Die Geschichte bleibt reduziert auf jene im Spiegel der Naturgewalten magisch anmutende Begegnung der amourös-abenteuerlichen Art. Die Signifikanz der sinnlich vermittelten Situationen dominiert über die üblichen Handlungs-Schablonen des Genres. In diesem Sat-1-Movie gibt es keine politischen Verschwörungen, keine glaubensbedingten Machenschaften, kein arabisches Kanonenfutter und nur am Rande zwei finstere Fremdlinge. So erweist sich „Wüstenherz“ auf den zweiten Blick als Liebesfilm.
Die Gefahr verbindet das Paar. Die beiden kommen sich näher, helfen einander, stützen sich, tragen sich, berühren sich. Das Faszinierende: Robert Krause und sein Kameramann Frank van Vught setzen voll und ganz auf die Kraft ihrer Bilder, der Paar-Bilder, auf die Physis von Jennifer Ulrich und August Wittgenstein, und erzeugen so einen sinnlichen Spannungsfluss, der einerseits „realistisch“ zeigt, wie die beiden im Angesicht des Todes zusammenwachsen, und der andererseits die Aura des Ästhetischen besitzt. In diesem Spannungsfeld bewegen sich auch die Hauptfiguren: sie reden und agieren insgesamt ziemlich cool – eine Mixtur aus film-cool und real-cool. Und die Bilder der Wüsten-Landschaft sind mitunter einfach gigantisch für Fernsehfilm-Verhältnisse: bizarr die Dünenformationen, betörend das Licht, geschmackvoll die Cadrage, mal effektvoll, mal atmosphärisch und stets erzählökonomisch die Montage. „Wüstenherz – Der Trip meines Lebens“ ist ein Seherlebnis, ein Outdoor-Kammerspiel auf Leben und Tod, eine abenteuerliche Romanze im Wüstensand. Und obwohl dieses Bedrohungsszenario, dieser Canyon, doch völlig unrealistisch ist, mag man in einigen Situationen auf Leben und Tod gar nicht hinschauen. Sat 1 nannte so was früher FilmFilm.