Ein toter Pfarrer im Beichtstuhl. War es ein Unfall, oder war es gar Mord? Das brave Münster hat seinen Skandal, die Polizei steht kopf – und wer stolperte mal wieder förmlich über die gottesdien(st)liche Leiche? Natürlich Wilsberg, der Anwalt ohne Lizenz, der sich mit Büchern und Beschattungen seinen spärlichen Lebensunterhalt verdient. Auch in “Wilsberg und der Tote im Beichtstuhl” beweist der etwas andere ZDF-Reihen-Held einmal mehr seinen siebten Sinn für die kriminellen und doppelmoralischen Energien des westfälischen Kleinbürgertums.
“Was hast du denn gegen die Kirche – so wie du lebst, hättest du gleich Pfarrer werden können”, macht sich die kesse Alex, die mitunter bei ihrem väterlichen Freund im Antiquariat aushilft, über Wilsbergs Sexualleben lustig. Doch dann sieht er sie: Johanna Eckelt, ein Bild von einer Frau, ein ätherisches Wesen, eine Erscheinung im sonst so tristen Münsteraner Alltag. Vor Jahren verließ sie Hals über Kopf die Stadt und ist jetzt heimgekehrt mit ihrer Tochter und dem Wunsch, sich mit dem Vater wieder zu versöhnen. Kommissarin Anna Springer, eine alte Freundin von Johanna, nimmt sie bei sich auf. Als sich zeigt, dass der Mord am Pfarrer etwas mit dem plötzlichen Auftauchen jener faszinierenden jungen Frau zu tun hat, fühlt sich der Schnüffler und Mensch in Georg Wilsberg herausgefordert. Er will nicht glauben, dass Johanna oder ihr behinderter Bruder etwas mit dem Mord zu tun haben.
Wilsberg-Krimis machen Laune. Auch der Film von Ulli Stephan und Manuel Siebenmann (“Tatort: Ein mörderisches Märchen”) macht da keine Ausnahme. Und mehr noch: “Wilsberg und der Tote im Beichtstuhl” bietet dem Zuschauer mehr als das gewohnte, ins Komische gezogene “Wer-ist-der-Mörder”-Spiel um Wilsberg und seinen Freund Manni. “Unsere Filme sind keine oberflächlich banal erzählten witzigen Krimigeschichten. Für mich sind sie so reizvoll, weil sie etwas Melancholisches haben.” Das, was Heinrich Schafmeister an der Reihe schätzt, kommt beim heutigen Familiendrama mit kirchlichem und kriminalistischem Beistand, einer Art Gleichnis von der verlorenen Tochter, deutlich zum Vorschein. Zu der leichten Tonlage gesellt sich eine eher ungewohnte Tiefe und Sinnlichkeit im Spiel der modernen Magdalena Jeanette Hain. Sie bringt eine wunderbare Melancholie ein, die Leonard Lansink in seiner typischen stoisch-störrischen Art aufnimmt. Wilsberg, der Mann ohne Arbeit und ohne Frauen, ist verliebt. (Text-Stand: 23.11.2002)