Wilsberg – Tod im Supermarkt

Lansink, Korittke, Ziedrich, Enlen. Jubiläumskrimi – solide & liebevoll im Detail

Foto: ZDF / Bernd Spauke
Foto Tilmann P. Gangloff

Für ein Jubiläum fällt der 50. „Wilsberg“-Fall vergleichweise normal aus; andererseits ist es für Titeldarsteller Leonard Lansink ja auch erst Film Nummer 49. „Tod im Supermarkt“ erfüllt alle Erwartungen, die die Freunde der Reihe an die Geschichten mit dem Privatdetektiv aus Münster haben: Das Ensemble funktioniert gut wie immer, die Handlung hält einige Überraschungen bereit. Martin Enlen inszeniert seinen sechsten „Wilsberg“ unauffällig, alles nicht spektakulär – aber das wollen die „Wilsberg“-Fans vermutlich auch gar nicht.

50 Folgen will er mindestens drehen, hat „Wilsberg“-Darsteller Leonard Lansink vor einigen Jahren gesagt. Dieses Ziel ist noch nicht erreicht, selbst wenn „Tod im Supermarkt“ Episode Nummer 50 ist: Beim ersten Auftritt 1995 („Und die Toten lässt man ruhen“) wurde der ehemalige Jurist, der sein Dasein als Anwalt irgendwann nicht ganz freiwillig beendete und ein Antiquariat eröffnete, noch von Joachim Król verkörpert; der erste Krimi mit Leonard Lansink („In alter Freundschaft“) wurde erst 1998 ausgestrahlt. Aber Nummer 51 ist längst in Produktion und Nummer 52 in Vorbereitung. Ein Ende der Erfolgsreihe ist nicht abzusehen: Lansink & Konsorten bilden nach wie vor ein interessantes Krimi-Ensemble, die Geschichten sind außerdem immer wieder originell. Die Kontinuität hinter der Kamera sorgt zudem dafür, dass die Bildsprache zwar moderat dem Zeitgeist angepasst wird, „Wilsberg“ sich aber stets treu geblieben ist: Martin R. Neumann war von Anfang an Redakteur der Reihe, Anton Moho ist seit dem zweiten Film als Producer dabei; er war es, der Neumann auf Lansink aufmerksam gemacht hat. Diese Einschätzung ließe sich genauso gut gegen die Reihe verwenden, schließlich ist der Titelheld eine Figur von gestern, aber selbst wenn man Georg Wilsberg und seine Ermittlungsmethoden altmodisch findet: Altbacken sind die Filme selten.

Gründe zum Feiern gäbe es also genug. Trotzdem ist „Tod im Supermarkt“ eine Folge wie viele andere auch: grundsolides, professionell gemachtes Fernsehen, aber kein Jubiläums-„Event“. Es gibt weder berühmte Gaststars noch spektakuläre Einlagen, doch dafür eine interessante Geschichte, die scheinbar harmlos beginnt: Wilsbergs Freund Ekki (Oliver Korittke) hat einen Supermarkt verklagt, weil er auf einem zerbrochenen Joghurtbecher ausgerutscht ist und sich einen schmerzhaften Bänderriss zugezogen hat. Die Anwältin der Gegenpartei kann jedoch belegen, dass Ekki offenbar Alkoholiker ist, am Tag des Unfalls vermutlich betrunken war und somit selbst schuld ist. Ekki will daraufhin den Filialleiter (Sönke Möhring) zur Rede stellen, findet den Mann jedoch erschlagen in einem Müll-Container; und weil zufällig ein Wachmann auftaucht, gilt er nun als Mörder. Wilsberg lässt sich im Supermarkt als Aushilfe engagieren, ermittelt „undercover“ und gerät mitten hinein in ein komplexes Geflecht aus Liebe, Eifersucht, Ehrgeiz und Betrug in großem Stil.

Eckehard Ziedrich gehört zu dem Stammautoren der Reihe. „Tod im Supermarkt“ ist sein elftes „Wilsberg“-Drehbuch, und seine Geschichte hat eine Botschaft: „Pass’ auf deine Daten auf!“ lautet der letzte Satz des Films. Der Autor stellt sein Anliegen nie über den Film, aber es läuft stets nebenher. Das beginnt schon mit der Verhandlung zu Beginn: Dass Ekki angeblich Alki ist, entnimmt die Verteidigerin (Sandra Borgmann) des Supermarktleiters der Übersicht eines Bonusprogramms, demzufolge Ekki in einem Monat 78 Flaschen Wodka gekauft hat. Prompt fühlt sich der brave Finanzbeamte als Opfer eines Komplotts. Später wird ausgerechnet die Datensammelwut des Unternehmens entscheidend dazu beitragen, gleich mehrere Betrugsfälle zu lösen; aber der Todesfall hat ganz andere Ursachen.

Wilsberg – Tod im SupermarktFoto: ZDF / Guido Engels
Der Filialleiter des Supermarkts, den Ekki verklagt hat, kommt mit brisanten Informationen über den Kläger. Wilsbergs Kumpel, ein Alkoholiker? Sönke Möhring und Sandra Borgmann in „Wilsberg – Tod im Supermarkt“, die 50. Episode der erfolgreichen Reihe.

Martin Enlen inszeniert seinen sechsten „Wilsberg“ unauffällig, führt die Darsteller aber ausgezeichnet. Das gilt vor allem für die Besetzung der Supermarktmitarbeiter, allen voran Michael A. Grimm als autistisches Faktotum Dieter, dessen scharfem Blick nicht die kleinste Kleinigkeit entgeht. Außerdem sorgt Enlen dafür, dass der Film gerade auch dank der Vielschichtigkeit des Drehbuchs stets hintergründig spannend bleibt, denn Ziedrich konfrontiert einige Hauptfiguren mit ungewohnten Herausforderungen: Kommissarin Springer (Rita Russek) wird nahe gelegt, den Vorruhestand anzutreten, weshalb nun Overbeck (Roland Jankowsky) die Ermittlungen übernimmt. Er hat gerade mit Auszeichnung ein Seminar als Profiler absolviert, schwafelt ständig hochtrabend daher und fühlt sich nun erst recht wie der Superbulle von Münster. Für Ekki steht ohnehin die Existenz auf dem Spiel. Trotzdem sorgt Ziedrich immer wieder für Schmunzelmomente, zumal die Dialoge liebevoll ausgefeilt sind.

Gerade Jankowsky hat ungewohnt eloquente Auftritte, ist aber trotzdem wie stets die Witzfigur des Films, und ausgerechnet Dieter sorgt dafür, dass zumindest im Revier am Ende alles wieder seine alte Ordnung hat. Sehr hübsch sind auch die eingeblendeten Twitter-Kommentare von Jugendlichen, als Overbeck wieder mal Geheimagent markiert und Tarnnamen wie „Kuranter Tokus“ (hübscher Hintern) aus der Masematte verwendet, eines nur in Münster gebräuchlichen Soziolekts. Für die Handlung ist das völlig unerheblich, aber es belegt die Hingabe zum Detail, mit der Ziedrich sein Drehbuch verfasst hat.

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Reihe

ZDF

Mit Leonard Lansink, Oliver Korittke, Ina Paule Klink, Rita Russek, Roland Jankowsky, Sandra Borgmann, Sönke Möhring, Theresa Scholze, Michael A. Grimm, Peter Schneider, Sonsee Neu, Vittorio Alfieri

Kamera: Philipp Timme

Szenenbild: Frank Prümmer

Schnitt: Monika Abspacher

Musik: Martin Skalsky, Christian Schlumpf, Michael Duss

Soundtrack: Stretch („Why Did You Do It?”, Jools Holland & Kylie Minogue (“Shoud I Stay Or Should I Go”)

Produktionsfirma: Warner Bros. ITVP Deutschland

Drehbuch: Eckehard Ziedrich

Regie: Martin Enlen

Quote: 7,58 Mio. Zuschauer (21,9% MA)

EA: 02.01.2016 20:15 Uhr | ZDF

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach