Eine der großen Qualitäten der „Wilsberg“-Krimis ist in der Regel die Breite ihres Spektrums: Weil es den Autoren und Regisseuren meist gelingt, die jeweiligen Ebenen fast unmerklich miteinander zu verschmelzen, sind die Filme nie bloß spannend oder bloß komisch. Gemessen am gewohnten Qualitätsstandard ist „Hengstparade“ allerdings die Ausnahme von der Regel: Die Episode, die vierzigste, ist über weite Strecken weder das eine noch das andere.
Dennoch, ein durchschnittlicher „Wilsberg“ ist immer noch sehenswert; das garantieren schon allein die Hauptdarsteller, selbst wenn sie sich diesmal mitunter vergeblich mühen, gegen die Vorhersehbarkeit der einzelnen Handlungsstränge anzuspielen. Wenn beispielsweise der wackere Ekki Talkötter widerwillig an einem Seminar zum Thema „Sexismus im Büro“ teilnimmt, kann man sich denken, dass es über kurz oder lang zum kleinen Eklat kommen wird. Andererseits wecken solche Konstellationen ja auch die Vorfreude. Viel schlimmer für einen Krimi ist die Durchschaubarkeit des Falls, zumal „Hengstparade“ in die typische Falle von Reihen und Serien dieser Art tappt: Prominente Gastdarsteller sind grundsätzlich verdächtig, ganz gleich, welche Rolle sie spielen. Spätestens beim zweiten Mord dürfte auch weniger versierten Hobby-Ermittlern die Antwort auf die Frage „cui bono?“ klar sein.
Selbst das aber könnte der Film verschmerzen, wenn Autor Jürgen Kehrer nicht ein anderes Qualitätsmerkmal der Reihe schuldig bliebe: In der Regel gelingt es den Autoren, dem „Wilsberg“-Ensemble immer wieder neue Seiten abzugewinnen. Aber sogar Overbeck (Jankowsky), der als Mitarbeiter von Anna Springer (Russek) zuletzt wunderbare Auftritte als Chuck Norris von Münster hatte, fällt diesmal wieder in die Rolle des begriffsstutzigen Assistenten zurück. Dabei hätte der Kommissar allen Grund zur Sorge, denn Anna ist entführt worden, und selbstredend steht diese parallel erzählte Ebene im Zusammenhang mit dem Auftrag Wilsbergs (Lansink), auf einem Gestüt im Kreis Warendorf nach dem Rechten zu sehen: Ausgerechnet Alex (Klink) ist eine Kühlbox mit Sperma vom einstigen Wunderpferd Stolz von Bielefeld gestohlen worden. Die Besitzerin des Rosses, Nikola Füsting (Susanna Simon), ist eine Freundin von Alex, weshalb die Anwältin sie auch als Nebenklägerin im Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder ihrer Schwester vertritt. Der Bruder (Peter Davor) des Angeklagten hat Anna entführt, er will erreichen, dass weiter ermittelt wird. Dass er die Kommissarin in ein Kellerloch sperrt, wo sie der Wahrheitsfindung am allerwenigsten dienen kann, hat naturgemäß nur den Grund, Wilsberg auch mit dieser Aufgabe zu betrauen.
Am schönsten sind die Szenen mit Oliver Korittke, der seinen Ekki stets mit beinahe übermenschlicher Geduld ausstattet; angesichts der bornierten Seminarleiterin platzt jedoch selbst dem braven Finanzbeamten der Kragen. Sein Mienenspiel, als die Dame ihn auch noch anbaggert, ist unnachahmlich. Einige Nebendarsteller schießen dagegen weit übers Ziel hinaus. Zudem wirkt der Film nicht nur inhaltlich überschaubar, auch der Produktionswert scheint sparsamer als sonst, zumal Michael Schneiders Inszenierung beinahe betont unauffällig ist. Umso sorgfältiger und anspruchsvoller wirkt die Lichtsetzung (Bildgestaltung: Andreas Zickgraf) gerade in den Kellerszenen. Ansonsten aber muss sich „Hengstparade“ an vielen weitaus gelungeneren Krimis mit dem Privatdetektiv aus Münster messen lassen.