Wilsberg – Halbstark

Lansink, Korittke, Eigler, Bücking, deutsche Wesensart und unsoziale Netzwerke

Foto: ZDF / Thomas Kost
Foto Rainer Tittelbach

„Halbstark“ ist eine „Wilsberg“-Episode, die es in sich hat: Krimi, Komödie, etwas Drama, ein bisschen soziale Wirklichkeit. Das Swingen zwischen den unterschiedlichen Tonlagen funktioniert vorzüglich. Gut gebaut, thematisch vielschichtig. Es geht um Wertewandel, Empathie-Mangel, Cyber-Mobbing. Mit dabei: Gastdorf, Lau, Schir & Vinzenz Kiefer.

Das trifft sich mal wieder gut: Wilsberg recherchiert dem Sohn einer alten Schulfreundin hinterher, und Ekki wurde dazu verdonnert, in derselben Schule, auf die auch der vermisste Teenager gegangen ist, Schüler fürs Finanzamt anzuwerben. Bei einem illegalen Autorennen stößt Wilsberg auf die Leiche des Jungen. Ein K.o.-Schlag beendet die Schnüffelaktion – bis Springer und Overbeck auftauchen. Die Sache mit dem Toten wollen sie nicht glauben. Doch in einem ausgebrannten Pkw stoßen auch sie auf eine Leiche. Ist das der verschwundene Junge? Zwei Klassenkameraden und ein Marihuana-Bauer, die beim Autorennen dabei waren, stehen unter Verdacht, etwas mit dem Mord zu tun zu haben. Auch wenn Feindschaften und Eifersüchteleien im Spiel waren – ein Mordmotiv fehlt. Dann ist auf einmal die Rede von einem menschenverachtenden Video, das im Netz kursierte. Während Springer & Co im Dunkeln tappen, kommt Wilsberg dem Mörder fast im Alleingang auf die Spur. Denn Ekki und Alex haben genug mit sich selbst zu tun. Beiden droht eine Klage vor Gericht.

Wilsberg – HalbstarkFoto: ZDF / Thomas Kost
Filmen, feixen und ins Netz stellen. Ein Fall von Cyber-Mobbing? Als Frederik Lau noch „Wilsberg“ machte…

„Halbstark“ ist eine „Wilsberg“-Episode, die es in sich hat, weil sie auf alle Ingredienzien setzt, welche die Reihe in ihren besten Momenten auszeichnet: Krimi, Komödie, etwas Drama, ein bisschen soziale Wirklichkeit. Das Swingen zwischen den höchst unterschiedlichen Tonlagen funktioniert vorzüglich. Der vor allem vom Stammteam und den Jungdarstellern gut gespielte Film besticht durch sein dicht konstruiertes, engmaschiges Erzählgefüge, in dem sich schlussendlich (fast) alles auf einander bezieht und in dem kaum jene komödienkrimiüblichen Zufälle bemüht werden müssen. Dazu gehört auch der gelungene Running Gag um Wilsberg, der gleich zu Beginn seinen Führerschein abgeben muss, aber das Autofahren nicht aufgeben kann, und der deshalb von Wut-Kommissar Overbeck zum Hassobjekt Nr. 1 erklärt und mit gehässiger Verbissenheit verfolgt wird. Hinzu kommt die krankhafte Lust am Prozessieren und Klagen, die immer wieder ins Absurde gezogen und als ein hohles Machtspiel entlarvt ist. Man könnte diese Phänomene durchaus als zwei Beispiele typisch deutscher Wesensart lesen…

Angenehm ist auch, dass Kommissarin Springer aus Erfahrung klug wird – und vom Immer-drauf-auf-Wilsberg-Muster ablässt. Sie weiß, dass ihr Georg meist besser ist und beschwört Overbeck: „Ich möchte es ein Mal, nur ein mal erleben, dass wir einen Fall lösen vor Wilsberg.“ Drehbuchautor Martin Eigler beherrscht nicht nur das dramaturgische Handwerk, seine Geschichte beeindruckt auch durch die Art und Weise, wie in sie gesellschaftliche Bezüge und „unsoziale“ Trends einbaut werden. Beiläufig, aber durchaus ernsthaft, wird erwähnt, wie sich Werte verschieben: wie Opfer, einst bemitleidet, heute nur noch verachtet werden oder dass „sozial“ in Soziale Netzwerke nicht „sozial“ bedeutet! Und auch Cyber-Mobbing wird zu einem zentralen Thema des Films. (Text-Stand: 23.2.2012)

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Reihe

ZDF

Mit Leonard Lansink, Oliver Korittke, Rita Russek, Roland Jankowsky, Ina Paule Klink, Anja Kruse, Johanna Gastdorf, Frederick Lau, Vinzenz Kiefer, Horst-Günter Marx, Bernhard Schir, Aljoscha Stadelmann

Kamera: Hans-Günther Bücking

Soundtrack: Rolling Stones („Biggest Mistake“)

Produktionsfirma: Eyeworks Fiction Cologne

Drehbuch: Martin Eigler

Regie: Hans-Günther Bücking

Quote: 5,96 Mio. Zuschauer (19,8% MA)

EA: 31.03.2012 20:15 Uhr | ZDF

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
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