Otto Kullberg ist ein Star. Die Zuschauer lieben ihn. Und er liebt Hochprozentiges. Da er während der Dreharbeiten zu dem 20er-Jahre-Kostümmelo „Tango für drei“ sturzbetrunken am Set erscheint, wollen die Produzenten den egomanischen Schauspieler auf ungewöhnliche Weise motivieren: Sie engagieren den Theatermann Arno Runge als Ersatzschauspieler. Fortan werden alle Otto-Szenen doppelt gedreht. Die Situation hat für beide Schauspieler etwas Demütigendes. Doch siehe da, der alternde Mime reißt sich zusammen – und testet noch einmal seinen Charme aus: bei Bettina Moll, einer Ex, die heute mit dem Regisseur verbandelt ist, und bei der jungen Heike, die er dann aber doch nur im Film verführt. Er ist nicht der Einzige, auf den das Thema von „Tango für drei“ inspirierend wirkt. Jeder im Team hat mindestens einen, mit dem er diese Filmleidenschaft in der Realität gerne ausleben würde. Selbst Filmfrischling Arno Runge vergisst zwischenzeitlich angesichts der aparten Hauptdarstellerinnen, dass er den verehrten Kullberg eigentlich ausbooten will. Als es ihm wieder einfällt und er den über den Tod des Vaters betrübten alten Mann vor dem letzten Drehtag zum Trinken verführt, geht das aber für den Newcomer nach hinten los.
„Whisky mit Wodka“ beginnt als Komödie der verpassten Einsätze und aufgesetzten Höflichkeitsfloskeln, wie sie den Umgang am Set jenes Films-im-Film bestimmen. Doch dieser komödiantische Ton nimmt sich bald der Eitelkeiten der Protagonisten und ihrem mal mehr, mal weniger gespielten Hang zur Melancholie an, bevor Andreas Dresens Film über das Altern, das Filmemachen und die Gefahr, Realität mit Film zu verwechseln, auf der Zielgeraden dann doch etwas nachdenklicher wird, ohne wohlfeile Moral ins Spiel zu bringen. Der Film bleibt durchweg leicht. Das ist das große Verdienst von Autor Wolfgang Kohlhaase, der ein dichtes Beziehungsgeflecht webt und in dessen Betrachtungen vom Filmemachen in Zeiten totaler Kommerzialisierung auch noch die kleinste Fußnote stimmt.
„Whisky mit Wodka“ ist zwar in erster Linie eine Hommage an das Kino, die sich durchaus mit artverwandten Werken von Truffaut („Die amerikanische Nacht“) oder Woody Allen messen kann, der Film spielt aber ebenso mit der Wirklichkeit – dem Verlust der Jugend, dem Gefühl der Ersetzbarkeit, dem Narzissmus, den die Popularität mit sich bringt. Dass man diesen Film tendenziell auf zwei Arten „lesen“ kann, als (tragi)komisches Spiel im Spiel um menschliche Eitelkeit oder als leichte, lebenskluge Reflexion über die großen Themen („die Liebe, der Tod & das Wetter“, wie es der Regisseur im Film ausdrückt), hebt diese scheinbar so kleine, harmlos daherkommende deutsche Produktion in den Rang eines großen Kinofilms.
Köstliche Dialoge von Wolfgang Kohlhaase:
Regisseur: „Otto, geht ein bisschen mehr Tango. Ich meine, mit den Füßen.“ Kullberg: „Tango? Hab ich im Gesicht.“
Produktionsleiter: „Du kannst für 2,50 nicht die Bibel verfilmen.“
Regisseur: „Ich bin nicht der Eimer, in den jeder scheißt.“
Kullberg: „Ich hab mich durch Lesen auf der Toilette gebildet. Leider konnte ich nicht so viel scheißen, wie ich hätte lesen sollen.“
Runge: „Ich geb’ mir Mühe und nehm’ die Kohle.“ Kullberg: „Dann bist du natürlich eine Nutte.“