Deutsch-deutscher Alltag der 1970er Jahre in Ostberlin. Westdeutsche treiben Handel mit der DDR, man trifft sich in Ostberlin und nachts verhandelt man in der Bar weiter. Michael ist ein solcher Geschäftsmann aus dem Westen. Eines Abends lernt er die Kellnerin Anja kennen. Sie verlieben sich ineinander. Barkeeper und Ex-Knastgänger Jürgen, Anjas bester Freund, ist nicht erfreut über die männliche Konkurrenz aus dem Westen. Er erhofft sich seit längerem mehr als nur eine platonische Liebe. Doch er hat keine Chance. Dann sitzt ihm auch noch die Stasi im Nacken. Jürgen soll Anjas „Westkontakt“ für die Stasi gewinnen. Gelingt es ihm nicht, wandert er nach Bautzen. Da kommt ihm der Fluchtplan, den die beiden Verliebten hegen, gerade recht. Also planen sie, sich gemeinsam mit Anjas Tochter über Polen mit falschen Pässen nach Dänemark abzusetzen. Doch das wachsame Auge der Stasi ist überall.
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Der Titel ist Programm: „Westflug – Entführung aus Liebe“ will kein politischer Film über die DDR am Ende der 1970er Jahre sein. Basierend auf einer wahren Begebenheit, rekonstruiert der Film von „Tatort“-Experte Thomas Jauch den realen Fall einigermaßen authentisch, tastet zu Beginn die Oberfläche des gelebten DDR-Alltags ab, etabliert die Stasi dramaturgisch wirkungsvoll bis komisch entlarvend als Gegenkraft, um schließlich in ein spannendes Fluchtdrama zu münden, das als emotional bewegende Politposse endet. Für die Betroffenen war die Flucht durch den Eisernen Vorhang alles andere als witzig. Den Ost-Flüchtenden hätte es sogar passieren können, dass die Bundesrepublik sie an die DDR ausgeliefert hätte. Die Besatzungsmacht USA sah das anders. Ein Glück – doch nicht für alle. Spätestens da kommt wieder das Genre ins Spiel und die Regel „Drei ist einer zu viel“. Und am Ende grüßt einmal mehr „Casablanca“. Doch statt in Rick’s Café geht man auf ein Frank-Zappa-Konzert.
„Westflug“ funktioniert über das Gefühl der Ohnmacht. Da sind die Protagonisten, die am Gängelband der DDR und der innerdeutschen Beziehungen geführt werden. Und da ist das Spannungsgenre des Flucht- und Politthrillers, das dem Zuschauer kaum eine Wahl lässt, als mitzufiebern und den ausgelegten Suspense- und Last-Minute-Rescue-Momenten zu folgen. Das alles geht aber nur auf, weil sich Buch und Regie zu Beginn Zeit lassen, um die Hauptfiguren sympathischen Alltagsappeal anreichern zu lassen, was sich im spannenden Mittelteil und besonders in der emotionalen Schluss-halben-Stunde auszahlt. Sophie von Kessel hat ein paar große Augen-Blicke, Hendrik Duryn („Der Lehrer“) ist als Hans Dampf des Schwarzmarkts und als bester Freund eine richtig gute Besetzung und Oliver Mommsens Figur hat zwar wenig Substanz – der Schauspieler begegnet dem aber mit einem Lächeln, das mehr sagt als 1000 Worte und das ausreicht, um Franks Liebe zu Anja zu bezeugen. Auch die Nebenrollen sind, was bei TV-Movies von Privatsendern nicht immer der Fall ist, bestens gecastet. Fazit: Ein viel versprechendes Lebenszeichen aus der Fiktion-Abteilung von RTL.