“Des wird nix mehr”. Nicht nur der Krieg hat den Menschen tragisch mitgespielt, auch die neue Zeit ist dabei, die Landbevölkerung zu überollen. In “Verlorenes Land”, dem anderen Heimatfilm von Jo Baier, sieht man dem bäurischen Dasein beim Sterben zu. Die ländliche Kultur steht vor dem Exitus. “Was ist das für ein Leben?”, fragt sich am Ende die von Monica Bleibtreu gespielte Bäurin. Sie konnte ihre Lieben in den Wirren der Nachkriegszeit nicht mehr zusammen halten. “Du arbeitest und arbeitest und am Ende ist alles umsonst.”
“Des wird nix mehr.” Dieser Satz zieht sich geradezu als Leitmotiv durch den Film. Nichts ist mehr, wie es einmal war. Und doch wiederholt sich das Leben: man tut seine Arbeit, man liebt sich, man betrügt sich, man stirbt, ja man mordet sogar für sein Glück. Da ist zum Beispiel Maria, die Schwiegertochter der Bäurin. Sie hat in einem ehemaligen französischen Kriegsgefangenen die Liebe ihres Lebens gefunden. Als der Ehemann aus der russischen Gefangenschaft heimkehrt, steht da der Frau ein lebloses Stück Mensch gegenüber. Auch der jüngere Brüder des Kriegskrüppels ist kein Sonntagskind. Als Erfinder hat er Pech, und als Mann trifft er selten die richtige Wahl. “Alles läuft auseinander. Nichts geht mehr zusammen.” Da könne ein Leben im Zuchthaus fast zur Erlösung werden, sinniert am Ende die Bäurin.
Nach Filmen wie “Hölleisengretl” oder “Der Laden” hat es Jo Baier wieder einmal geschafft, eine Familienchronik aus dem ländlichen Milieu zu erzählen, ohne dabei in die Nähe von Heimatfilm-Klischees und Folklore-Kitsch zu kommen. Es wird kein künstliches Konfliktpotenzial aufgebaut, emotionale Spannungen entstehen direkt aus den Situationen. In den Augen-Blicken steckt die sinnliche Kraft der Geschichte. Und Baier findet seine Meister in den Schauspielern. Es ist kein Zufall, dass auch Monica Bleibtreu für “Die Manns” und Martina Gedeck für “Romeo” sich dieses Jahr in Marl einen Grimme-Preis abgeholt haben. Vor allem wie Bleibtreu die verbitterte, vom Schicksal gebeutelte Bäurin spielt, das ist großartig in ihrer grummelnd-spitzen Beiläufigkeit. Mit “Verlorenes Land” ist Jo Baier einmal mehr ein kleines realistisches Meisterwerk gelungen. (Text-Stand: 21.8.2002)