Katharina Lobreyer (Marie Burchard) und Sven Jung (Sebastian Ströbel) sind schon eine Weile liiert. Sie leben ohne Trauschein zusammen, und ihre Beziehung ist keine Wolke-7-Romanze in rosa Pastell, sondern robusten Belastungen ausgesetzt. Die größte Reibung verursachen die unterschiedlichen Lebensentwürfe: Katharina ist eine ehrgeizige Klinikärztin mit Aussicht auf den beruflichen Aufstieg, Sven bummelt, so jedenfalls glaubt Katharina, durch sein Jurastudium, das zu beenden immer wieder an widrigen Umständen scheitert. In Wahrheit wurde er längst strafweise exmatrikuliert. Er hat gar keine Lust, die akademische Ausbildung wieder aufzunehmen und in die Kanzlei seines Vaters (Simon Licht) einzutreten.
Ein von Svens Ex-Freundin Ramina (Anna Julia Kapfelsberger) provozierter Seitensprung bringt ihn indes zu der Erkenntnis, dass seine Zukunft Katharina gehört. Er macht ihr einen Antrag, sie nimmt an. Doch bei der von Disharmonie dominierten Auswahl des Traurings begibt sich Märchenhaftes: die beiden Verlobten tauschen die Körper. Er schlingert plötzlich unsicher auf Stöckelschuhen über die Straße, sie wird zum männlichen Trampel. Die Autoren Jens Frederick Otto und Michael Kenda und Regisseur Josh Broecker kosten den Geschlechterwechsel weidlich aus, kontrastieren die neuen Rollen mit dem beruflichen Umfeld und dem Freundeskreis. Katharina wie Sven ziehen jeweils ihre besten Freunde ins Vertrauen, nicht jedoch die Eltern, die über den unerwarteten Verhaltenswandel nur staunen können. Derweil laufen die Hochzeitsvorbereitungen weiter. Das Happyend steht in Frage, da beide Partner Geheimnisse voreinander hatten, die nun natürlich peu á peu ans Licht kommen.
Foto: Sat 1
Sehr gekonnt spielen Otto und Kenda in „Verliebt, verlobt, vertauscht“ mit humoristischen Fallhöhen. Schon die Eingangssequenz ist ein Kabinettstückchen: Die Kamera nimmt ein Hochzeitskleid in den Blick, fährt dann über ein mit Rosenblüten bestreutes Bett. Dazu Katharina aus dem Off: „Meine Mutter sagt immer, der Hochzeitstag ist der glücklichste Tag im Leben einer Frau.“ Dann fliegt eine Sektflasche, die junge Frau duckt sich weg, das Glas zerbricht scheppernd an der Wand. Wiederum Katharina: „Ich kann das nicht unbedingt bestätigen.“ Von da wird im Schnelldurchgang zurückgespult auf den Anfang der Geschichte.
Soundtrack: Tj & Cait („A Broken Heart Still Beats“ / „Run Baby Run“ / „To Be Where You Are“), Union Avenue („White Wedding“), Rowland S. Howard („White Wedding“), Honorebel ft Pitbull & Jump Smokers („Now You See It“), Martin Solveig feat. Dragonette („Boys & Girls“), Elvis Presley („All Shook Up“), You + Me („Second Guess“ / „You And Me“), H-Blockx („Ring Of Fire“), Chris Isaak („Ring Of Fire“), Mrs. Greenbird („Good Ole Ricky“)
Die hat, keine Frage, von der Anlage her zahlreiche Vorbilder. Otto & Kenda machen kein Hehl daraus, sondern arbeiten diesen Umstand souverän ins Geschehen ein. Sven nämlich kennt all diese fantasievollen Romantikkomödien Marke Hollywood. Er hat aus ihnen gelernt und weiß, dass man ein besserer Mensch werden muss, um den Fluch aufzuheben. Nicht die einzige intermediale Anspielung. Da gibt es auch Woody-Allen-Zitate, die gleich als solche kenntlich gemacht werden… Ein gewitztes Skript also, mit dem Schauplatz Stuttgart als unverbrauchter, für Einheimische auch wiedererkennbarer Kulisse temporeich umgesetzt, zudem ambitioniert fotografiert, mit erstaunlicher Hinwendung zum Detail – indem etwa beim Juwelier die Kamera in einer Einstellung durch eine Phalanx aufgestellter Trauringe fährt.
Foto: Sat 1
Einige Kritikpunkte freilich gibt es. Geschludert wird bei den zeitlichen Abläufen. Da ist Katharinas Kollege David einmal beinahe zeitgleich im Krankenhaus und bei der Junggesellen-Party, die offenbar am hellichten Tag zur besten Arbeitszeit stattfindet. Generell haben alle Protagonisten eine eher legere Auffassung von Arbeitszeit und werden nur beruflich tätig, wenn die Handlung es verlangt. Ansonsten verfügen sie über sehr viel Freizeit. Die beiden Hauptdarsteller vollziehen den Geschlechtertausch mit erkennbarem komödiantischem Talent, übertreiben aber gelegentlich bei den Slapstickszenen. Marie Burchard agiert als Mann im übertragenen wie im Wortsinne vereinzelt zu breitbeinig, Sebastian Ströbel bisweilen zu kleinmädchenhaft geziert für eine durchsetzungsfähige und beruflich erfolgreiche Frau.
Ein heiterer Spaß also, dabei – wie so manche Sat-1-Produktion – ein Unterhaltungsfilm mit einer zweiten Bedeutungsebene, um nicht zu sagen: mit einem Anliegen. Denn hier werden träumerische Ideale und von der Hochzeitsindustrie geschürte romantisierende Vorstellungen vom partnerschaftlichen Zusammenleben in dramaturgisch und komödiantisch zugespitzter Form mit dem lebensweltlichen Alltag konfrontiert. Kein großes gesellschaftspolitisches Thema. Für viele Menschen aber eine Angelegenheit von beträchtlicher Bedeutung.