Der Architekt Philipp Schneider hat sich hoch verschuldet. Er hat zwar einen großen Auftrag an Land gezogen, doch die Stadt hält ihn hin. Sein Büro ist nicht mehr liquide. Er muss verkaufen. Auch seine Familie bekommt den Stress hautnah zu spüren. „Warum schlafen wir nicht mehr zusammen“, fragt Ehefrau Kerstin und die beiden Söhne kennen ihren Vater kaum noch – doch Philipp will nur noch seine Ruhe. Der Ärger mit dem Büro frisst ihn auf. Als ihm dann noch die Hand ausrutscht, nimmt auch das private Unheil unaufhaltsam seinen Lauf.
Der Fernsehfilm „Verhältnisse“ zeichnet die Auflösung einer Familie nach. Im Mittelpunkt steht ein Mann, der von allen Seiten Druck bekommt, ein Mann am Rande des Nervenzusammenbruchs. Philipp ist ein Möchtegern-Macher, eigentlich ein Leisetreter, der die Realitäten durch Illusionen ersetzt und der seinen Druck gern an Andere weitergibt. Devid Striesow spielt ihn in seiner unnachahmlichen Art. Die Anspannung ist ihm in jeder Situation anzumerken, auch wenn anfangs noch gelegentlich ein beschwichtigendes Lächeln auf seinen breiten Wangen liegt. Als dann die Firma, die Frau, die Kinder und das Haus weg sind, bricht der Ex-Chef in sich zusammen. Vom Schöner-wohnen-Ambiente geht es direkt zur Flasche und wenig später betrunken vor ein Auto. Seine Frau, ihr Neuer und ein alter Kollege nehmen sich seiner an. Es geht wieder aufwärts mit Philipp. Doch wird er es ihnen danken?
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Einmal ein Fernsehfilm, bei dem man nicht schon nach zehn Minuten weiß, wohin die Reise geht, und bei dem sich nicht nach 30 Minuten bereits das Ende sicher vorhersagen lässt! Die inhaltliche Zusammenfassung kann diesem Film von Stefan Kornatz nicht annähernd gerecht werden. Denn das Besondere an ihm ist die unaufdringliche, undramatische Art des Erzählens. Wie im realen Leben nimmt der Film immer wieder Umschwünge. Es kommt, wie es kommt. Die Titel gebenden „Verhältnisse“ werden nicht dramaturgisch geregelt – sie sind einzig und allein Sache der Protagonisten. Neben der männlichen Hauptfigur kann auch Ehefrau Kerstin bestehen: Es ist keine dankbare Rolle und doch spielt Nicolette Krebitz sie überragend in Kinofilmmanier – realistisch klar und zugleich mit einer Spur Geheimnis. Ideal besetzt ist auch Lars Eidinger („Alle Anderen“): authentisch gibt er Kerstins neuen Partner, Marke moderner Mann, mit geringem Aggressionspotenzial und viel Empathie – sogar noch für den Ex seiner Lebensgefährtin. Wer diese Art des ausschnitthaften Erzählens mag, wer diesen filmischen Realismus schätzt, für den wird „Verhältnisse“ ein Lichtstreif am grauen TV-Horizont sein!