Vier Jahre hat sich Gitti (Adele Neuhauser) emotional so dahingeschleppt. Damals wurde sie von ihrem Göttergatten Robert (Walter Sittler) verlassen – für eine rassige Italienerin, die so alt ist wie Jonas (Johannes Zirner), ihr gemeinsamer Sohn. Sie hat es ausgehalten, obwohl sie weiterhin in dem Verlag ihres Mannes als Fachbuchlektorin angestellt war. Offenbar hat sie immer noch gehofft, Robert würde zu ihr zurückkommen. Jetzt jedenfalls rastet sie aus, als sie erfährt, dass ihr Sohn und ihr Ex eine Doppelhochzeit planen. Weil aber Jonas seine Mutter unbedingt bei dem Fest dabeihaben möchte, nimmt er nicht nur das neue Buch des Paartherapeuten Dr. Bechtelle (Jean-Yves Berteloot) ins Verlagsprogramm auf, sondern engagiert den Autor gleichzeitig als Mediator in eigener Sache. Das aber geht gründlich daneben. Beziehungen zwischen Männern und Frauen hält Gitti ohnehin für überschätzt. Diese Wienerin in München wollte sich künftig ganz auf ihr Dreimäderlhaus konzentrieren mit ihren Freundinnen Ulrike (Johanna Bittenbinder) und Pia (Karin Thaler). Als sich dann aber die eine in die Ehe und die andere in Richtung Ballermann verabschiedet, ist Gitti am Boden zerstört. Allerdings prophezeit ihr eine Astro-Fee im Internet eine kosmische Erfahrung. Denn ihre Venus steht im vierten Haus. Mit einem Wildnis-Survival-Extreme-Camp will die psychosomatisch schwer Gebeutelte ihren Kopf wieder frei kriegen. Also ab in den Wald!
Foto: ZDF / Marco Nagel
Eine Frau, Mitte 50, verlässt die Komfortzone und nimmt eine Auszeit vom Alltag, um einen Weg zu finden aus der Sackgasse, in die ihr Leben gesteuert ist. Die Geschichte von „Venus im vierten Haus“ klingt nach einer jener Selbstfindungsdramoletts, die seit zwei Jahrzehnten die Frauen-Genres im Fernsehen dominieren, verspricht also keinerlei Überraschungen, auch deshalb nicht, weil der Film auf dem sonntäglichen „Herzkino“-Sendeplatz im ZDF ausgestrahlt wird. Doch Dominique Lorenz gibt nur sehr bedingt konkrete Lebenshilfe in fiktionaler Form und ergeht sich auch nicht in gefälliger Romantik, vielmehr erzählt die Autorin von jenem Aufbruch, der nach dem Abgesang auf das eigene Leben („Ruhe sanft, keine Sau wird dich vermissen“) zu einer Art Auferstehung wird, in Form einer erwachsenen Komödie. Die Heldin steht vor dem existentiellen Nichts. Diese Frau, gerade noch zynisch und selbstzerstörerisch unterwegs, öffnet sich dem Leben. Denn sie weiß: Es muss etwas geschehen. Und sie ist davon überzeugt: Es wird etwas geschehen. Dass sie sich für ein Survival-Camp entscheidet, ist in der Geschichte mehr oder weniger dem Zufall geschuldet. Für eine Frau mit Asthma, Beklemmungen in der Brust und Hang zu Panikattacken scheint dies allerdings bald tatsächlich die richtige „Heilungsmethode“ zu sein. Wollte man die Frau ohne Wildnis-Erfahrung zu Beginn noch aus der Gruppe schmeißen, mausert sie sich bald zur guten Seele des Outdoor-Quartetts; nicht zuletzt auch deshalb, weil ihr sachdienliches Lektorinnen-Wissen nach einem Bergunfall Gold wert ist. Und natürlich hat sie bald auch einen Verehrer in der Gruppe. Der sieht in ihr, wie sie da halbnackt in einem Alpsee steht, glückselig einen Fisch an der Angel und von Blüten umweht, die Venus von Botticelli.
„Venus im vierten Haus“ wirkt wie ein typischer ARD-Freitagsfilm. Ist also weitaus ansprechender als das, was das ZDF den – dem Leichten zugeneigten – Zuschauerinnen für gewöhnlich sonntags präsentiert. Dominique Lorenz, die sich mit lebensklugen Drehbüchern (von „Einmal Leben bitte“ über „Wer hat Angst vorm weißen Mann“ bis zu „Sturköpfe“) einen Namen gemacht hat, jongliert weder mit Romantic-Comedy-Versatzstücken, noch lullt sie mit wohlfeiler Herz-Schmerz-Dramaturgie ein. Sie weiß, wann so eine Geschichte Spaß- und Spiel-Momente braucht und wann ihr ein bisschen Ernsthaftigkeit und Beziehungsdiskurs gut tun. Der Wechsel zwischen den Stimmungen gelingt nicht immer bruchlos; was dem Film von Sebastian Grobler („Der ganz große Traum“) aber kaum schadet. Schließlich haben wir es mit einer Komödie zu tun, einem Genre also, das gern einmal herzeigt, wenn etwas (bewusst) nicht zusammenpasst – oder jemand aus der Rolle fällt. So wie gleich in der ersten Szene, in der sich der standardisierte Komödien-Eröffnungssong („My Girl“) als im On gesungen erweist und in der sich der Sänger, ein Phil-Collins-Verschnitt („Wenig Hoar hat der“), als der Bräutigam von Gittis untreuer Freundin entpuppt. Launig und musikalisch endet auch der Film. Die Heldin ist therapiert. Es darf getanzt werden, zu Dean Martins „Sway“. Verführerisch, spielerisch, mit mindestens zwei Augenzwinkern.