Die Lehmanns scheinen eine Musterfamilie zu sein. Die Kinder sind wohl geraten, das ländliche Anwesen wurde gerade frisch bezogen und trotz viel Arbeit knistert es noch gehörig zwischen den Partnern – und das nach zehn Jahren Ehe. Doch diese Idylle geht zu Bruch. Während einer Kindergeburtstagsfeier fahren Polizeiwagen vor. Der Vater wird verhaftet, ihm wird vorgeworfen, eine Prostituierte umgebracht zu haben. Die Ehefrau ist geschockt, findet die Vorwürfe gegen ihren Mann und liebevollen Vater absurd. Die Beweislage aber wird immer erdrückender. Der Ehefrau bleibt also nichts anderes übrig als zu kämpfen: „Ich werde nicht zusehen, wie meine Familie zugrunde geht“, sagt sie und macht sich auf Spurensuche.
Das Sat-1-Movie „Unter Mordverdacht – Ich kämpfe um uns“ arbeitet mit einem Mythos des amerikanischen Thrillers: mit der Bedrohung der Familie. Zwar bekommt die in den ersten Szenen angedeutete unmäßige Leidenschaft von Ehemann Michael im Nachhinein einen anrüchigen Hauch (musste er seinen Trieb also auch bei einer Prostituierten ausleben?), doch welcher Zuschauer glaubt schon daran, dass ein von Kai Wiesinger verkörperter „Papa“ das Zeug zum Mörder besitzt?! Also plätschert der routiniert von Jorgo Papavassiliou inszenierte TV-Thriller vorhersehbar dahin. Die schöne Ehefrau, gespielt von Bettina Zimmermann, ist sich sicher, dass eine Intrige gegen ihren Mann gesponnen wurde und dass der Schlüssel in dessen Vergangenheit zu finden ist. Der Weg zur Wahrheit bringt auch sie in Gefahr.
Drehbuchautor Timo Berndt hat seinen Thriller nach Schema F zusammengeschraubt. Ein so genanntes „dunkles Geheimnis“ und „Momente, in denen die Fassade rissig wird“, von denen Kai Wiesinger in Interviews immer wieder berichtet, mag es in der Biografie des vermeintlichen Mörders geben, in der Handlung indes kommen sie kaum zum Tragen. Nur am Ende werden sie der konventionellen Geschichte wie ein prätentiöser Fingerzeig aufgesetzt. Bettina Zimmermann trägt zwar den Film, ihr hübsches Gesicht, gerade weil es normalerweise so makellos ist, erzählt aber vor allem die Geschichte zweier Pickel, die in einigen Bildern glänzen und in anderen offenbar schon wieder verheilt sind.
Der durch seinen Kinohit „14 Tage lebenslänglich“ im Knastmilieu erfahrene Kai Wiesinger hat die schwierigere Rolle und die stärkeren Momente. Er muss sich nicht mit Makeup- und Beauty-Problemen herumschlagen, sondern eher mit der Frage, spielt man einen fälschlich Beschuldigten anders als einen Schuldigen, der seine Schuld zu verbergen sucht? „Natürlich laufe ich mit einer Last auf meinen Schultern herum, wenn ich jemanden umgebracht habe“, so der 40-jährige Schauspieler. „Das muss man aber nicht unbedingt sehen, ich muss die Schuld nicht die ganze Zeit mitspielen.“ (Text-Stand: 6.2.2007)