Trau niemals deinem Chef

Ulrich Noethen und Max von Thun: Hysterisches Gezappel vor dem Wohlfühlende

Foto: ZDF / Oliver Feist
Foto Rainer Tittelbach

Ein degradierter Abteilungsleiter um die 50 und ein jundynamischer Manager im direkten Konkurrenzkampf. Thematisch wildert „Trau niemals deinem Chef“ im Pool der Gegenwart, komödientechnisch feiern die 1960er Jahre fröhliche Urständ. Eine überzogene Rhetorik der Missverständnisse und Figuren, die dümmer sind, als die Autorinnen erlauben sollten, macht diese 08/15-Komödie bei Zuschauern unter 50 zu einem Spiel mit der Fernbedienung.

Oskar Moedebeck steht im Regen. Dabei begab er sich an seinem Geburtstag noch voller Vorfreude in „seine“ Schokoladenfirma, für die er seit Jahren den Vertrieb leitet. Doch statt der fälligen Gehaltserhöhung und der erwarteten Beförderung wird ihm ein jungdynamischer Manager vor die Nase gesetzt. Der wohnt ausgerechnet auch noch im Nachbarhaus und hat ein Auge auf Moedebecks Tochter Marie geworfen. Jener Raphael Bluhm ist eigentlich auch nicht zu beneiden. Der Vorstand sitzt ihm im Nacken. Ein Fehler – und er steht mit Mitte 30 vor dem Karriere-Aus. Erst als beiden das Wasser bis zum Hals steht, gibt Moedebeck seine Blockadehaltung auf. Alt und jung verbünden sich nun gegen den Druck von oben.

Soundtrack: Elvis vs. JXL („A little less conversation“), Sonny & Cher („I got you, Babe“), Robbie Williams („Beyond the sea“), Amy Winehouse („He can only hold her“), Etta James („At last“)
„Trau niemals deinem Chef“ bringt Vieles mit, was eine gute Komödie haben sollte: einen klaren Konflikt, an dem die Hauptfiguren wachsen können, familiäre Nebenschauplätze, so etwas wie „Moral“, hinter der sich eine Lebenshaltung verbirgt & zwei ideale Hauptdarsteller, die gleichermaßen die Sympathien des Zuschauers auf sich ziehen. Dass außer Ulrich Noethenund Max von Thun keine dieser Ingredienzien verfängt und die ZDF-Komödie so nicht zu dem erhofften guten Unterhaltungsfilm wird, liegt an einem grobschlächtigen Drehbuch, bei dem die Übergänge zwischen den Genres nicht stimmen, und einer Regie, die dem fehlenden Feinschliff bei der Handlungsführung nichts mitgeben konnte außer einem guten Rhythmus in der Schlussviertelstunde – auf das ersehnte Wohlfühlende hin. Thematisch wird im Pool der Gegenwart gewildert, komödientechnisch feiern die 60er Jahre fröhliche Urständ.

Eine überzogene Rhetorik der Missverständnisse mit einer Ehefrau, kleinkarierter als ihr Bettbezug und dümmer, als die Autorinnen erlauben sollten, dürften „Trau niemals deinem Chef“ im Mittelteil bei Zuschauern unter 50 zu einem Spiel mit der Fernbedienung machen. Bei Dialogen, die nicht (realistisch) sprechbar sind, blieb einem Ausnahmeschauspieler wie Noethen nichts anderes übrig, als seine Rolle mitunter lustvoll ins Überdrehte kippen zu lassen. Doch mit hysterischem Gezappel und Nebenfiguren, die schwer von Begriff sind, lässt sich eine 90-minütige Komödie nicht retten. So wird man bei diesem Film von Marcus Ulbricht, dessen Talent bei „Forsthaus Falkenau“ besser aufgehoben ist, den Gedanken nicht los, dass es sich hier um eine der schwächeren Sat-1-Komödie handelt, die sich aus Spargründen des Bällchensenders ins ZDF verlaufen hat.

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Fernsehfilm

ZDF

Mit Ulrich Noethen, Max von Thun, Jasmin Schwiers, Michaela May, Elias Kassner, Claudia Burckhardt

Kamera: Christian Klopp

Schnitt: Thomas Zachmeier

Musik: Maurus Ronner

Soundtrack: Junkie XL vs. Elvis („A little less Conversation“), Sonny & Cher („I got you, Babe“), Etta James („At last“)

Produktionsfirma: Cinecentrum Berlin

Drehbuch: Verena Mahlow, Wiebke Jaspersen

Regie: Marcus Ulbricht

Quote: 5,02 Mio. Zuschauer (16,5% MA)

EA: 06.09.2000 20:15 Uhr | ZDF

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Kontoinhaber: Rainer Tittelbach