Totenfrau 2

Anna Maria Mühe, Hammelstein, Friesz, Kurth, Palfrader, Daniel Prochaska. Jägerin und Gejagte

19.03.2025 10:00 Netflix alle 6 Folgen Streamer-Premiere
Foto: Mona Film, Barry Films / Netflix
Foto Tilmann P. Gangloff

Die Fortsetzung der sehenswerten Serie mit Anna Maria Mühe als Bestatterin, die in der ersten Staffel nach dem Tod ihres Mannes einem abscheulichen Verbrechen auf die Spur gekommen ist und blutige Rache genommen hat, ist erneut herausragend gut fotografiert und ungemein dicht erzählt. Diesmal geht es nicht um Vergeltung, sondern ums nackte Überleben. Der besondere Reiz von „Totenfrau 2“ (MonaFilm , Barry Films / Netflix) liegt in der Konfrontation zweier starker Frauen und der Spannung auf zwei Ebenen: Eine BKA-Majorin (Britta Hammelstein) will Blum um jeden Preis überführen, und Blum will um jeden Preis ihre entführte Tochter retten.

In Edgar Allan Poes Geschichte „Der entwendete Brief“ kommt der Detektiv Auguste Dupin einem Geheimnis auf die Spur, als ihm klar wird, was das raffinierteste Versteck für das kompromittierende Dokument wäre: nicht unterm Teppich oder hinter der Tapete, sondern ganz offen in einem Kartenhalter. Auf ähnliche Weise hat die Titelheldin der Netflix-Serie „Totenfrau“ (2023) ihren Feind entsorgt: Sie ist Bestatterin, und wo wären sterbliche Überreste besser aufgehoben als auf dem Friedhof? Eigentlich könnte sich die bloß „Blum“ genannte Witwe (Anna Maria Mühe) nun, da der Tod ihres Mannes gerächt ist, voll und ganz ihrer Arbeit sowie der Erziehung ihrer Kinder widmen und vielleicht auch eine Beziehung mit dem ebenso verliebten wie grenzenlos loyalen Mitarbeiter Reza (Yousef Sweid) beginnen. Dummerweise soll zwei Jahre nach der Bestattung just jene Leiche exhumiert werden, die nicht allein in ihrem Sarg liegt. Weil Blum und Reza bei ihrer nächtlichen Bergungsaktion gestört werden, bleibt von den damals zerteilten sterblichen Überresten ausgerechnet der Kopf zurück, und jetzt beginnt eine Achterbahnfahrt, die noch rasanter und vor allem gefährlicher ist als die erste Staffel: Diesmal steht auch das Leben von Blums 17-jähriger Tochter Nela (Emilia Pieske) auf dem Spiel.

Totenfrau 2Foto: Mona Film, Barry Films / Netflix
Besessen von der fixen Idee, die Bestatterin Blum sei eine mehrfache Mörderin: Birgit Wallner (Britta Hammelstein) vom BKA

Der Hintergrund der Geschichte ist der gleiche wie damals und gehört zu den grausigsten Verbrechen, die Menschen begehen können. Die Taten werden bloß angedeutet, aber ein kurzer Blick auf die Folterwerkzeuge genügt, um sich vorzustellen, welche furchtbaren Qualen sich hinter dem Begriff „Hurtcore“ verbergen. Trotzdem spekulieren die Drehbücher nicht auf einen entsprechend fragwürdigen Nervenkitzel, selbst wenn er dem Wettlauf mit der Zeit gegen Ende doppelte Brisanz verschafft, als auch Nela ein Opfer dieser abscheulichen Praktiken zu werden droht. Ihren eigentlichen Reiz bezieht die Staffel jedoch aus einem Zweikampf: Nach dem Kopffund kommt BKA-Majorin Birgit Wallner (Britta Hammelstein) ins winterliche Tirol, um Blum endlich zu überführen. Zum Befremden des örtlichen Polizeichefs (Robert Palfrader) ist die Kollegin aus Wien regelrecht besessen von der fixen Idee, die Bestatterin sei eine mehrfache Mörderin, weshalb sie keine Sekunde zögert, auch zu unlauteren Mitteln zu greifen. Blum hat derweil ganz andere Sorgen: Bei Poe war’s ein Brief, hier ist es ein Video, das den kommenden Landeshauptmann von Tirol (Roland Silbernagl) belasten könnte, und die Gegenseite ist überzeugt, dass es sich im Besitz der Bestatterin befindet.

Totenfrau 2Foto: Mona Film, Barry Films / Netflix
Rasante Serien-Achterbahnfahrt: Das Leben von Blums Tochter (Emilia Pieske) steht in Staffel 2 von „Totenfrau“ auf dem Spiel.

Neben der ständigen Konfrontation der beiden starken Frauen zieht sich ein weiteres Element durch alle sechs Folgen: Gemäß der Devise „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“ werden Menschen unversehens zu Verbündeten; auf diese Weise kommt es schließlich sogar zur Allianz zwischen Blum und Wallner. Bis dahin lassen allerdings noch einige Beteiligte ihr Leben. Erneut muss sich Blum mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln ihrer Haut erwehren, was wieder zu einigen heftigen Zweikämpfen führt. Im Unterschied zur ersten Staffel sind ihre Gegner diesmal jedoch Profis. Zwischendurch braust die Bestatterin regelmäßig mit ihrem Motorrad durchs verschneite Tirol. Diese Szenen sorgten bereits in den ersten sechs Folgen für eindrucksvolle Landschaftsbilder und viel Dynamik, ufern aber auch diesmal wieder etwas aus; ansonsten sind die mit kleinen Knüllern oder Cliffhangern endenden Folgen sehr dicht umgesetzt. Die Bildgestaltung (diesmal Anna Hawliczek) ist gerade auch wegen der Lichtarbeit ohnehin exzellent; Regie führte diesmal Daniel Prochaska.

Als gleichermaßen clever wie wirkungsvoll erweist sich zudem die Idee, einige Nebenfiguren aus der ersten Staffel ins Zentrum zu rücken. Das gilt neben der Majorin vor allem für einen zwielichtigen Unternehmer, zu dessen Importgeschäft auch der Menschenhandel gehört. Badal Sarkissian will das Unternehmen von Hotelbesitzerin Johanna Schönborn (Michou Fritz), der ungekrönten Herrscherin des Tals, an sich reißen; der Zwist ist fast so fesselnd wie das Duell von Blum und Wallner, zumal Peter Kurth ein formidabler Schurkendarsteller ist. Bei vielen anderen Figuren bleibt lange offen, auf welcher Seite sie stehen. Bestens besetzt sind auch einige wichtige Gastrollen, unter anderem mit Lucas Gregorowicz als Anwalt mit Dreck am Stecken, Sabine Timoteo als Sarkissians Schwester und Frau fürs Grobe sowie Hayal Kaya als Nachtclubsängerin, die unter anderem „Blue Velvet“ singt und damit prompt Assoziationen zum gleichnamigen Film von David Lynch weckt. Das Finale ist hochdramatisch, der Böse steht selbstredend noch mal auf, und zum Schluss ist es wie bei Shakespeare: Am Ende sind (fast) alle tot.

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1 Antwort

  1. Wenn dort rechts in der grauen Sidebar ganz oben steht: «Serie & Mehrteiler Netflix, ORF»
    ganz unten dann aber „nur“ steht: «EA: 19.03.2025 10:00 Uhr | Netflix»
    sollte hier ergänzend auch von mir erwähnt werden, dass die eigentliche deutschsprachige Erstausstrahlung (EA) der 6 Episoden der 2. Staffel vom 17.02.2025 bis 17.03.2025 auf ORF1 stattfindet, auch wenn diese Episoden bis zum 19.03.2025 für deutschsprachige Zuschauer – die außerhalb der Alpenrepublik Österreich bei ORF1 streamen wollen – mit einem Geoblocker «höflich» daran gehindert werden. Aber trotzdem die Klarstellung: Die (deutschsprachige) Erstausstrahlung = EA findet bereits vom 17.02.2025 bis 17.03.2025 im ORF statt.

    Aber einverstanden, z.B.: Die Episoden der TV-Filmserie «Spuren des Bösen» wurden auch bereits im Vorfeld im ORF ausgestrahlt, bevor sie ihre bundesdeutsche «EA» ein paar Wochen später auf arte oder im ZDF hatten, ohne dass die Datumsgenaue deutschsprachige ORF-Erstausstrahlung hier auf tittelbach.tv erwähnt wurde.

    Was ich damit sagen will:
    Die korrekte Behauptung für die Datumswerte bei (100%-deutschsprachigen) «Erstausstrahlungen» (=EA) ist – was Sendungen betrifft, bei denen das ORF als Produzent mit dabei ist – hier auf tittelbach.tv etwas ambivalent und ist in Wirklichkeit nur auf den Sendebereich der Bundesrepublik Deutschland bezogen. Ähnliches ist bei 100%-deutschsprachigen Sendungen aus der Schweiz und dem SRF zu beachten.

    Allerdings: Wenn oben in der Sidebar zu der 2. Staffel dieser Serie «Totenfrau» auch «ORF» erwähnt wird, sollte m.E. auch unten bei «EA» erwähnt werden, wann die «EA» im ORF stattgefunden hat.

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Serie & Mehrteiler

Netflix, ORF

Mit Anna Maria Mühe, Britta Hammelstein, Yousef Sweid, Emilia Pieske, Michou Friesz, Peter Kurth, Robert Palfrader, Tristán López, Lukas Walcher, Sabine Timoteo, Gerhard Liebmann, Lucas Gregorowicz, Roland Silbernagl, Hayal Kaya, Lilian Rosskopf

Kamera: Anna Hawliczek Conrad Moritz Reinhardt

Kostüm: Elisabeth Fritsche

Schnitt: Alarich Lenz, Pia Huemer, Sarah Kučera

Musik: Patrick Kirst

Redaktion: Andrea Bogad-Radatz, Nina Fehrmann-Trautz

Produktionsfirma: Mona Film, Barry Films

Produktion: Thomas Hroch, Gerald Podgornig, Benito Mueller, Wolfgang Mueller

Drehbuch: Benito Mueller, Wolfgang Mueller, Mike Majzen, Barbara Stepansky, Timo Lombeck, Marcel Kawentel – nach einem Roman von Bernhard Aichner

Regie: Daniel Prochaska

EA: 19.03.2025 10:00 Uhr | Netflix

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