Todfeinde – Die falsche Entscheidung

Heino Ferch, Tobias Moretti, Oliver Hirschbiegel. Jenseits der "Tatort"-Ästhetik

Foto: Pro Sieben
Foto Rainer Tittelbach

Die Streifenpolizisten Nico und Max sind mehr als nur Partner. Sie sind echte Freunde. Doch die Freundschaft wird zunehmend vom immer unzuverlässigeren Max auf die Probe gestellt. Er säuft, hurt, macht seinen Job nur halb. Als er bei einer Routine-Kontrolle einen Mann im Affekt erschießt, treffen die beiden die falsche Entscheidung. Sie vertuschen die Sache und haben bald das LKA & die Drogenmafia im Nacken. „Todfeinde – Die falsche Entscheidung“ ist ein herausragender Cop-Thriller, der 1998 seiner Zeit weit voraus war und dessen archaischer Freund-Feind-Mythos & universaler Suspense auch 20 Jahre später noch immer bestens funktioniert. Dramaturgisch & vom Filmhandwerk her großes Genre-TV!

Bei „Das Urteil“, dem unlängst gesendeten Krimi-Kammerspiel mit Holocaust-Replik, verhalf Oliver Hirschbiegels bescheidene, höchst zweckmäige Regie Klaus Löwitsch und Matthias Habich zum Grimme-Preis. Diese begehrte deutsche Fernseh-Trophäe hat er selbst einmal für einen „Tatort“ bekommen. Bemerkenswert war auch sein „Trickser“, ein Hinterhof-Thriller mit Film-Noir-Anleihen. Respektabel geschlagen hat sich der ehemalige Experimentalfilmer und langjährige Globetrotter sogar im Serien-Fach: Er konzipierte „Kommissar Rex“ und inszenierte fast komplett die erste Staffel. Für seinen neuen Film „Todfeinde – Die falsche Entscheidung“ konnte er mal wieder Tobias Moretti gewinnen. Sein Partner ist Heino Ferch.

Erzählt wird die Geschichte von Nico und Max, zwei Streifenpolizisten. Echte Freunde. Doch die Freundschaft wird zunehmend auf die Probe gestellt. Nico, frisch geschieden, hängt durch: Alkohol, Frauengeschichten, die Krankmeldungen häufen sich. Der Kollege könnte durchaus die anstehende Beförderung von Max, seinerseits glücklich verheiratet und ein liebender Familienvater, vermasseln. Die Lage spitzt sich zu: Nico erschießt bei einer Routine-Kontrolle einen Mann im Affekt. Beide vertuschen den Vorfall und versenken Leiche mit Auto in einem See. Dummerweise war der Tote ein Kronzeuge, der gegen einen Mafia-Ring aussagen wollte. Max, eingespannt vom BKA, muss nun in „eigener Sache“ ermitteln; Nico indes liebäugelt mit der Gegenseite, denn die zahlt gut. Ein sehr gefährliches Spiel.

Aus den beiden Florida-Cops der Vorlage von Don Bohlinger machte Hirschbiegel zwei Bullen im deutschen Irgendwo. „Deutsche Polizisten im Film wirken immer ganz schnell lächerlich“, findet der 40jährige Hamburger. Junge  Polizisten sähen in natura heutzutage „oft viel cooler“ aus. Buddy-Muster also statt Beamten-Gesichter, so wollte er seine Helden zeigen – „jenseits der ‚Tatort‘- und ‚Wache‘-Ästhetik“. Zwei Cops, zu wenig auf dem Konto, zu viele Verlockungen im teuren München. „Zwei Charaktere unter extremer psychischer Belastung“, so Heino Ferch – das „Zwangssystem“ Polizei erhöhe geschickt den Druck auf die Helden. Umgekehrt sind moderne Verbrecher auch Menschen. „Keine bösen Muskelmänner oder finster dreinblickende Gesellen, sondern ganz flinke Geschäftsleute.“ Und warum ist der Mafia-Boss ein alter Mann? „Ich wollte einen nehmen, der alles weiß, der, wenn er die Knarre zieht, genau weiß, warum. Je jünger ein Killer ist, umso weniger Angst macht er mir.“

Todfeinde – Die falsche EntscheidungFoto: Pro Sieben
Freund & „Gegen-Stück“ zu Nico: Max (Heino Ferch), glücklich verheiratet mit Anna (Julia Jäger). Foto: Ferch mit Jäger, allerdings in „Der Anwalt und sein Gast“. Ein Ehepaar spielten die beiden 2004 noch einmal in dem ARD-Thriller „Das Konto“.

Die kühlen, lakonischen Krimis von Jean-Pierre Melville („Der eiskalte Engel“) sind Hirschbiegels Vorbilder für einen klassischen Krimi wie „Todfeinde“. Eine Geschichte wie ein Räderwerk, ein dialogarmes, Blick-intensives Wechselspiel von Psychologie und Suspense, Thema Freundschaft ohne Kitsch, dafür mit trendigen Triphop-Sounds und coolen Locations – das ist der Atem dieses großartigen Films. Hirschbiegel selbst glaubt: „Das Geheimnis sind die Figuren. Wenn ich eine Figur verstehe und ihre Entwicklung nachvollziehen kann, dann kann schon ein Nagel, der herunterfällt, spannend sein.“  (Text-Stand: 13.11.1998)

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Fernsehfilm

Pro Sieben

Mit Heino Ferch, Tobias Moretti, Julia Jäger, Michael Mendl, Rudolf Wessely, Eva Haßmann, Dieter Kirchlechner, Justus von Dohnányi

Kamera: Justus von Dohnányi

Szenenbild: Ingrid Buron

Musik: Ina Siefert

Produktionsfirma: Film-Line Productions

Drehbuch: Don Bohlinger, Hermann Kirchmann, Oliver Hirschbiegel

Regie: Oliver Hirschbiegel

EA: 13.11.1998 20:15 Uhr | Pro Sieben

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