Lara fährt seit längerem wieder einmal in ihr Heimatdorf in die bayerischen Alpen, um ihre Mutter zu besuchen. Die seit 30 Jahren allein lebende Frau hat Geburtstag. Laras Schwester Sylvia, bodenständig, verheiratet, im Dorf geblieben, wartet bereits im Haus der Mutter. Doch diese kommt nicht. Noch am nächsten Tag fehlt jede Spur. Die Bergrettung macht sich auf die Suche. Auf dem Engelstein wird sie fündig: zwei Leichen werden geborgen – die der Mutter und eine, die rund 30 Jahre dort oben unentdeckt gelegen hat. Der Vater der beiden Schwestern hat die Familie vor 30 Jahren verlassen. Lara zählt eins und eins zusammen. Sie ist davon überzeugt, dass auf dem Engelstein sowohl ihr Vater als auch ihre Mutter den Tod fanden. Außerdem glaubt sie, dass ihre Mutter umgebracht wurde. Ein Motiv hätten viele im Dorf. Ausgerechnet Schwester Sylvia reagiert besonders aggressiv auf Laras Verdacht.
Zwei Kinder verschwinden – wie magisch angezogen – nachts in einem Schuppen. Was passiert da? Was treibt die Kinder an? Es dauert über eine Stunde, bis diese Fragen des Intros beantwortet sind. Die beiden Todesfälle sind deshalb aber noch längst nicht geklärt. Daniel Douglas Wissmann zieht die Spannungsschraube die letzten Minuten noch einmal an. „Tod am Engelstein“ kommt dabei weitgehend ohne Thriller-Momente aus. Dafür erfindet der Autor einiges Andere, das wie beispielsweise das Motiv der Höhenangst nur unzureichend effektvoll ausgespielt wird. Insgesamt ist es ein ziemlich konstruiertes, aber filmhandlungslogisch einigermaßen stimmiges Familiendrama mit doppelter Todesfolge. Die Erzählperspektive ist das A&O bei diesem Fernsehfilm mit der ZDF-typischen Finalisierungsstrategie. Stefanie Stappenbeck nimmt einen mit durch diesen Film und sie weckt das Interesse am dramaturgisch-narrativen Versatzstück „Geheimnis“, das in dem Film von Christiane Balthasar weniger stereotyp behandelt wird als in einigen der ZDF-Thrillerdramen aus letzter Zeit.
Foto: ZDF / Chris Hirschhäuser
Soundtrack: Talk Talk („Give it up“), Wax Tailor („Ungodly Fruit“), Bob Marley („Is this love“, „No woman, no cry“), Dandy Warhols („Bohemian like you“), Bunny Wailor („Dreamland“), Desmond Dekker („You can get it if you really want“, „The Israelites“), Johnny Nash („I can see clearly now“)
„Tod am Engelstein“ ist bis in die kleinsten Rollen ausgezeichnet besetzt. Das Gegensatzpaar Stappenbeck vs. Kronjäger „funktioniert“ wunderbar. Mit Charakterköpfen wie Roeland Wiesnekker, Michael Fitz, Johanna Bittenbinder oder Dietmar Mues in einer seiner letzten Rollen wird noch die scheinbar unbedeutendste Szene veredelt. Und Balthasar weiß, was so eine „Geschichte“, die man sich schlussendlich nicht noch einmal durch den Kopf gehen lassen sollte (weil sie das Wesensmerkmal eines Dorfs missachtet: die soziale Kontrolle!), Flow-technisch braucht: Tempo in & zwischen den Szenen. (Text-Stand: 2.4.2011)