“Warum können diese Leut’ nicht einfach antworten?!” Franz Leitmayr ist sichtlich genervt im neuen Fall des Münchner “Tatort”-Trios. In einem Gutshof am Stadtrand wurde der Schäfermeister und Gutsaufseher ermordet. Doch Batic, Leitmayr und Kollege Carlo bekommen so gut wie nichts heraus aus den anderen Angestellten des Stadlerhofes. Das liegt weniger an den Sprachschwierigkeiten der Türken und Italiener, die auf dem heruntergewirtschafteten Gehöft arbeiten, als vielmehr daran, dass keiner recht imstande ist, Trauer zu zeigen über den Tod des verhassten Deutschen.
“Wolf im Schafspelz” ist ein ganz besonderes Heimatkrimi-Schmankerl. “Die Kommissare tauchen in ein Milieu ein, dem man in Großstadtnähe nicht häufig begegnet”, betont die Redakteurin Claudia Simionescu. Ein Bauernhof in Großstadtnähe, dazu zwei urbane Ermittler – das hat schon was. Hinzu kommt die bunt zusammengewürfelte Arbeiterschaft. Fast wird auf dem Hof des wortkargen Karl Stadler ein Stück multikulturelle Utopie gelebt. “Bis Geldgier die autarke, scheinbar unberührbare kleine Welt von innen aushöhlt”, so die BR-Frau. Auch zu den Kommissaren hat sich die deutsch-brasilianische Schriftstellerin bei ihrem Drehbuchdebüt etwas Originelles ausgedacht: Franz Leitmayr fastet (auf urbayerische Art mit einer Bierkur) und rastet deshalb regelmäßig aus und würde am liebsten alle verhaften.
Ein großer Coup bei der Besetzung gelang auch dem griechischen Regisseur Filippos Tsitos, Absolvent der Berliner Filmhochschule und wie die Autorin ein Debütant. Nach längerer Spielpause konnte er den Schriftsteller, Schauspieler und grandiosen Selbstdarsteller Franz Xaver Kroetz (“Kir Royal”) erstmals wieder für eine Hauptrolle gewinnen. Das etwas andere bayerische Original spielt den wortkargen Gutshofbesitzer, der als einziger betroffen ist vom Tod seines Angestellten. Mit versteinertem Blick starrt er in die Leere, bevor er lospoltert. Den Hof-Patriarch, der langsam spürt, dass seine Zeit endgültig vorbei ist, spielt er überzeugend mit dem ihm typischen Hang zum modernen Volksdrama. Dabei ist ihm die Naturverbundenheit förmlich ins rotwangige Gesicht geschminkt. (Text-Stand: 24.2.2002)