Tatort – Todesschütze

Wuttke, Thomalla, Möhring, Stefan Kurt. Totschläger-Teens, Zivilcourage, Mord!

07.04.2025 20:15 MDR
Foto: MDR / Junghans
Foto Tilmann P. Gangloff

Ein Verbrechen von bedrückender Aktualität: Jugendliche pöbeln rum, ein Erwachsener mischt sich ein und muss seine Zivilcourage mit schwersten Verletzungen oder gar mit dem Leben bezahlen. Ein ausgesprochen glaubwürdig gespielter, fesselnd umgesetzter und auch psychologisch interessanter „Tatort“ aus Leipzig über eine Handvoll Menschen, die lernen müssen, mit einem furchtbaren Ereignis und einer schaurigen Erkenntnis zu leben.

Letztes Jahr hat der MDR eine ähnliche Geschichte erzählt, im Rahmen der Kika-Reihe „krimi.de“. Zumindest der Auftakt dieses „Tatort“ aus Leipzig, „Todesschütze“, scheint dem Kinderkrimi nachempfunden: Drei junge Männer belästigen in einer Straßenbahn die Fahrgäste. Als sie einem Obdachlosen Bier über den Kopf schütten, greift eine Frau beherzt ein. An der nächsten Haltestelle steigt sie mit ihrem Mann aus; und die Jugendlichen auch. Wie Raubtiere fällt das Trio über das Lehrer-Ehepaar her. Hemmungslos schlagen und treten sie auf die beiden ein; auch, als die Opfer längst auf dem Boden liegen. Die Frau, im fünften Monat schwanger, wird ihr Baby verlieren und später ihren Verletzungen erliegen.

Tatort – TodesschützeFoto: MDR / Junghans
Die drei Jugendlichen schlagen besinnungslos zu. Jonas Nay, Vincent Krüger & Antonio Wannek

Die Drehbuchautoren Mario Giordano und Andreas Schlüter geben ihrer Geschichte auf diese Weise ein klares Vorzeichen: Identifikationsfigur ist neben den beiden Ermittlern Saalfeld und Keppler der Ehemann, René Winkler, den Stefan Kurt mit der angemessenen Mischung aus Trauer, Verzweiflung und schließlich purem Zorn spielt. Und weil er das gut macht, überträgt sich diese Gefühlsmelange selbstredend auf den Zuschauer. Zur zentralen Figur aber wird ein anderer Mann, und auch sein Dilemma ist nachvollziehbar: Noch während des Überfalls werden zwei Streifenpolizisten auf den Vorfall aufmerksam. Schockiert stellt einer der beiden fest, dass er die Schläger gut kennt: Es sind die Freunde seines Sohnes – und der ist auch dabei. Wie soll sich der Mann nun verhalten: als Vater, der seinen Sohn schützt – oder als Polizist, der genau weiß, dass er die Zukunft des Jungen ruiniert, wenn er aussagt?

Ebenso wie Kurt ist auch Wotan Wilke Möhring eine ausgezeichnete Besetzung, denn im Gegensatz zum Witwer Winkler ist Philipp Rahn generell ein Mann voller Wut. Buch und Regie lassen offen, woher dieser Zorn rührt; kurze Szenen genügen aber, um zu verdeutlichen, dass Rahn ständig kurz vor dem Ausbruch steht. Als sein Partner (Rainer Piwek) und Mitwisser die Belastung nicht mehr aushält und die Identität der Jugendlichen preisgeben will, wird er aus größerer Distanz erschossen; und der Film doch noch zum Whodunit-Krimi.

Auch wenn die Täter zumindest des ersten Mordes von Beginn an feststehen, ist „Todesschütze“ alles andere als langweilig. Regisseur Johannes Grieser inszeniert den Film überaus dicht und führt vor allem die Schauspieler ganz ausgezeichnet. Gerade die Darsteller der drei Jugendlichen, die zusammenhalten wie Pech und Schwefel, sind bedrückend gut. Über die Ursachen ihrer Gewalttat lässt sich das Drehbuch nicht weiter aus, was aber nicht besonders stört, zumal die Biografien des Trios beredt genug sind: Tobias (Jonas Nay) hat einen zu Gewalt neigenden Vater, Marcel (Antonio Wannek) ein langes Vorstrafenregister und Robin (Vincent Krüger) führt ein Dasein in reichlich finsterer Umgebung. Dass am Ende auch der Lehrer zur Waffe greift, treibt die Spirale der Gewalt zwar auf die Spitze, fügt sich aber dennoch schlüssig in die Geschichte ein. (Text-Stand: 29.10.2012)

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Reihe

MDR

Mit Simone Thomalla, Martin Wuttke, Wotan Wilke Möhring, Stefan Kurt, Karina Wiese, Jonas Nay, Antonio Wannek, Vincent Krüger, Rainer Piwek

Kamera: Wolf Siegelmann

Schnitt: Esther Weinert

Musik: Jens Langbein, Robert Schulte-Hemming

Produktionsfirma: Saxonia Media

Produktion: Jan Kruse

Drehbuch: Mario Giordano, Andreas Schlüter

Regie: Johannes Grieser

Quote: 9,57 Mio. Zuschauer (25,7% MA)

EA: 02.12.2012 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

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