Tatort – Starkbier!

Miroslav Nemec, Udo Wachtveitl, Wogh, Fratzscher. Amigo-Nummer im Sudhaus

Foto: BR
Foto Rainer Tittelbach

Den Werbechef einer traditionsreichen Münchner Brauerei hat’s erwischt. Ein Fall für den ewigen Kollegen Carlo Menzinger. Am Abend war er noch beim jährlichen Starkbieranstich dabei, am Morgen danach bekommt er es mit einer volltrunkenen Leiche zu tun. Der „Tatort – Starkbier!“ von Peter Fratzscher, ein klassischer Whodunit, lebt stark vom Lokalkolorit und der Beiläufigkeit der Ermittlungen. Das Action-Finale ist da fast zu viel des Guten.

Weil Leitmayr und Batic sich noch an einem anderen Fall Hintern und Hände abfrieren, darf ausnahmsweise einmal Kollege Carlo alias Michael Fitz in einer Mordsache ermitteln. Im BR-„Tatort – Starkbier!“ geht es nicht nur um jenen bajuwarischen Gerstensaft mit der enormen Stammwürze, sondern natürlich genregemäß auch um einen Mord.

Der Mann mit dem Pferdeschwanz, beliebtes Objekt der ironischen Begierde seiner Kollegen, scheint der richtige zu sein. Am Abend noch beim alljährlichen Starkbier-Anstich dabei hat er es am Morgen mit einer volltrunkenen Leiche zu tun. Der Tote ist der Mann für die PR im Stammhaus der Benedictus-Brauerei. Die PR ist erst einmal nicht so gut. Doch bald ist klar: es war Mord. Und in dem Traditionsbetrieb, der verkauft werden soll, stimmte offensichtlich rein gar nichts mehr. Der Tote schien einer „Manipulation“ auf der Spur. Verdächtig sind alle, auch Carlos Saufkumpane. Für Leitmayr und Batic riecht das nach Amigo-Nummer.

Kurzkritik zum „Tatort – Starkbier!“:
„Starkbier ist brutal!“ musste der Kollege Carlo feststellen. Brutal waren vor allem aber auch seine Spezerln, allen voran ein umtriebiger Getränkevertreiber, der zu hoch hinauswollte, und ein anderer Saufkumpan, der sich nicht nur mit der Gärung des Gerstensaftes die Hände schmutzig machte. Weil die „Großkopferten“ die Brauerei an eine Dortmunder Brauerei zu verhökern im Begriff waren, wollten auch die kleineren Angestellten schnell noch absahnen. „Starkbier!“ war ein „Tatort“, der lange nach dem Mörder fragte und dennoch wenig hatte von den üblichen „na-wer-isses-denn-nun“-Ritualen deutscher Krimis. Die „Wo-waren-Sie“-Fragen wurden gewohnt beiläufig gestellt. Auch dass der ewige Kollege Carlo diesmal emotional den Fall beherrschte und ihn erfolgreich – wenngleich mit viel Kraftaufwand – abschloss, machte „Starkbier!“ zu einer besonders runden Sache. Das Lokalkolorit war einmal mehr ein probates Schmiermittel in Sachen Glaubwürdigkeit. Die ausgefallen Brauerei-Schauplätze taten ihr ܁briges. Da hätte es garnicht des Action-Showdowns mit LKW-Crash & Helikopter-Jagd bedurft.

Tatort – Starkbier!Foto: BR
Ganz schön derangiert, die Herren Kommissare. Das Starkbier macht’s. Michael Fitz, Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl

Der „Tatort – Starkbier!“ von Peter Fratzscher („Tatort – Liebe, Sex, Tod“) lebt neben der actiongeladenen Schluss-Viertelstunde vom Lokalkolorit – sprich: der Münchner Spezerln-Wirtschaft und dem Reiz, den die in Bayern sogenannte „Fünfte Jahreszeit“, die Starkbierzeit zwischen Fastnacht und Ostern, noch immer auf die Bevölkerung ausbt. „Fälle aus dem Alltag, wie Zufälle und kleine Gaunereien Eigendynamik entwickeln“ – das fasziniert Autor Michael Wogh. Bei seinem Bier-„Tatort“ wusste er genau, über was er schreibt. Sein Vater war Expedient beim Tegernseer Brauhaus, was ihm regelmäßige Ferienjobs einbrachte. Seine Erfahrungen wollte er schon immer zu einem Film zusammenfassen, vor allem, „weil ich den Gärkeller und die Gärbecken als Drehorte immer unheimlich spannend fand“.

Bevor er sich ans Buch machte, suchte sich Wogh die geeignete Brauerei mit altehrwürdiger Gäranlage. „Dann schrieb ich den Krimi auf die existierenden Gegebenheiten hin.“ Dumm nur, dass kurz vor Drehbeginn jene Brauerei umbaute und ausgerechnet jene alten, offenen Gärbecken herausriss. Doch bald fand sich Ersatz. Auffallend, dass die bayerischen Bierunternehmer keinerlei Berührungsängste mit den Machern des durchaus kritischen Fernsehkrimis hatten. Einige fanden die Story um organisierte Schwarzbrauerei etwas weit hergeholt. Ein erfahrener Braumeister aber meinte: „Naa, des find i need. Wenn ma wollt’n, kannten mir des aa. Aber zum Glück woll’n mia ja need!“ (Text-Stand: 7.3.1999)

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Reihe

BR

Mit Miroslav Nemec, Udo Wachtveitl, Michael Fitz, Christoph Gareisen, Marie Munz, Aleksandar Jovanovic, August Schmölzer

Kamera: Jörg Schneider

Schnitt: Silvia Lainova-Binder

Musik: Joachim von Gerndt

Produktionsfirma: Bavaria Fernsehproduktion, Telepool

Drehbuch: Michael Wogh

Regie: Peter Fratzscher

EA: 07.03.1999 20:15 Uhr | ARD

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