Weil Leitmayr und Batic sich noch an einem anderen Fall Hintern und Hände abfrieren, darf ausnahmsweise einmal Kollege Carlo alias Michael Fitz in einer Mordsache ermitteln. Im BR-„Tatort – Starkbier!“ geht es nicht nur um jenen bajuwarischen Gerstensaft mit der enormen Stammwürze, sondern natürlich genregemäß auch um einen Mord.
Der Mann mit dem Pferdeschwanz, beliebtes Objekt der ironischen Begierde seiner Kollegen, scheint der richtige zu sein. Am Abend noch beim alljährlichen Starkbier-Anstich dabei hat er es am Morgen mit einer volltrunkenen Leiche zu tun. Der Tote ist der Mann für die PR im Stammhaus der Benedictus-Brauerei. Die PR ist erst einmal nicht so gut. Doch bald ist klar: es war Mord. Und in dem Traditionsbetrieb, der verkauft werden soll, stimmte offensichtlich rein gar nichts mehr. Der Tote schien einer „Manipulation“ auf der Spur. Verdächtig sind alle, auch Carlos Saufkumpane. Für Leitmayr und Batic riecht das nach Amigo-Nummer.
Kurzkritik zum „Tatort – Starkbier!“:
„Starkbier ist brutal!“ musste der Kollege Carlo feststellen. Brutal waren vor allem aber auch seine Spezerln, allen voran ein umtriebiger Getränkevertreiber, der zu hoch hinauswollte, und ein anderer Saufkumpan, der sich nicht nur mit der Gärung des Gerstensaftes die Hände schmutzig machte. Weil die „Großkopferten“ die Brauerei an eine Dortmunder Brauerei zu verhökern im Begriff waren, wollten auch die kleineren Angestellten schnell noch absahnen. „Starkbier!“ war ein „Tatort“, der lange nach dem Mörder fragte und dennoch wenig hatte von den üblichen „na-wer-isses-denn-nun“-Ritualen deutscher Krimis. Die „Wo-waren-Sie“-Fragen wurden gewohnt beiläufig gestellt. Auch dass der ewige Kollege Carlo diesmal emotional den Fall beherrschte und ihn erfolgreich – wenngleich mit viel Kraftaufwand – abschloss, machte „Starkbier!“ zu einer besonders runden Sache. Das Lokalkolorit war einmal mehr ein probates Schmiermittel in Sachen Glaubwürdigkeit. Die ausgefallen Brauerei-Schauplätze taten ihr Übriges. Da hätte es garnicht des Action-Showdowns mit LKW-Crash & Helikopter-Jagd bedurft.
Foto: BR
Der „Tatort – Starkbier!“ von Peter Fratzscher („Tatort – Liebe, Sex, Tod“) lebt neben der actiongeladenen Schluss-Viertelstunde vom Lokalkolorit – sprich: der Münchner Spezerln-Wirtschaft und dem Reiz, den die in Bayern sogenannte „Fünfte Jahreszeit“, die Starkbierzeit zwischen Fastnacht und Ostern, noch immer auf die Bevölkerung ausbt. „Fälle aus dem Alltag, wie Zufälle und kleine Gaunereien Eigendynamik entwickeln“ – das fasziniert Autor Michael Wogh. Bei seinem Bier-„Tatort“ wusste er genau, über was er schreibt. Sein Vater war Expedient beim Tegernseer Brauhaus, was ihm regelmäßige Ferienjobs einbrachte. Seine Erfahrungen wollte er schon immer zu einem Film zusammenfassen, vor allem, „weil ich den Gärkeller und die Gärbecken als Drehorte immer unheimlich spannend fand“.
Bevor er sich ans Buch machte, suchte sich Wogh die geeignete Brauerei mit altehrwürdiger Gäranlage. „Dann schrieb ich den Krimi auf die existierenden Gegebenheiten hin.“ Dumm nur, dass kurz vor Drehbeginn jene Brauerei umbaute und ausgerechnet jene alten, offenen Gärbecken herausriss. Doch bald fand sich Ersatz. Auffallend, dass die bayerischen Bierunternehmer keinerlei Berührungsängste mit den Machern des durchaus kritischen Fernsehkrimis hatten. Einige fanden die Story um organisierte Schwarzbrauerei etwas weit hergeholt. Ein erfahrener Braumeister aber meinte: „Naa, des find i need. Wenn ma wollt’n, kannten mir des aa. Aber zum Glück woll’n mia ja need!“ (Text-Stand: 7.3.1999)