Das Ende der DDR war für viele kein Happy End. Die Stasi-Akten enttarnten Tausende von Inoffiziellen Mitarbeitern, sorgten für Gerechtigkeit und ein Stück Wahrheit, aber sie zerstörten auch das Leben vieler Menschen. Für das seelische Wohlbefinden ist es oft besser, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Der neue Berliner “Tatort” greift eine solche Geschichte auf. Eine traumatisierte junge Frau, die als Kind miterleben musste, wie ihre Eltern, zwei aktive Regime-Gegner, vor ihren Augen Selbstmord begingen, weil sie an die Stasi verraten wurden, will endlich wissen, wer die Eltern auf dem Gewissen hat.
“Rosenholz”, nach dem Namen der Akte, in deren Besitz der CIA in den Wirren der politischen Wende 1989/90 kam, erzählt nicht von der Angst ehemaliger Stasi-Spitzel im Osten, sondern von Wessis, die auf der Gehaltsliste der DDR-Auslandsspionage standen. “Mit den Rosenholz-Papieren kehrt nun das, was bisher im Westen lauthals verdammt und häufig als Ostsyndrom generalisiert und verhöhnt wurde, in den Westen zurück: der schäbige Verrat, die Lügen, das Versteckspiel, die Heuchelei”, betont der “Tatort”-erfahrene Drehbuchautor Pim Richter. “Und nicht anders als im Osten entpuppen sich nun die West-Spione als ganz normale Menschen mit enormer Verdrängungsleistung und Angst vor Entdeckung.”
Die Handlung: Ein Verwalter einer Wohnungsgesellschaft wird ermordet. Sein Tod dürfte etwas mit seiner früheren Tätigkeit als Major bei der Auslandsspionage der DDR zu tun haben. Mit seinem Wissen konnte er Karrieren von heute auf morgen beenden. Den Kommissaren Stark und Ritter ist trotz relativer politischer Unbedarftheit rasch klar, dass er sich sein Grundstück auf Rügen nur durch Erpressung erworben haben kann. Der edle Spender, ein aufstrebender Politiker, gerät deshalb genauso in den Kreis der Verdächtigen wie die Journalistin, die ihr privates DDR-Trauma endlich mit einem Buch überwinden will.
Es ist beachtlich: Die schwierige Verquickung von Krimi und deutsch-deutscher Geschichte funktioniert im “Tatort – Rosenholz” weitaus besser als das Zusammenspiel der beiden Kommissare, die ihr Image der großen Jungs allzu infantil vor sich hertragen und denen so etwas wie (Mit-)Gefühl offenbar abgeht. So muss Aglaia Szyszkowitz den Film mit ihrem Spiel retten: bleibt bei den “Typen” Raacke und Aljinovic jede Geste, jeder Satz rein äußerlich, dringt die schöne Österreicherin in ihre Rolle als emotional engagierte Journalistin, die das Unrecht auf ihre schmalen Schultern nimmt, vollkommen ein. Für 90 spannende Minüten sind ihre Schultern dann doch etwas zu schmal. (Text-Stand: 6.7.2003)
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